Glaubenskongregation führte über ihren künftigen Leiter Fernández eine Akte

7. Juli 2023 in Weltkirche


Zwei hochrangige kirchliche Quellen (darunter Kardinal Müller) haben gegenüber dem „National Catholic Register“ bestätigt, dass es um 2009 theologische Bedenken gegen den ernannten Präfekten der Glaubenskongregation gab.


Vatikan (kath.net) Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat gegenüber dem in den USA erscheinenden „National Catholic Register“ (NCR) bestätigt, dass die vatikanische Glaubenskongregation eine Akte über theologische Bedenken gegen Erzbischof Victor Manuel Fernández (siehe Link) führt, den Papst Franziskus letzte Woche zum Leiter dieses Büros ernannt hat. Edward Pentin berichtet im NCR weiter, dass „diese Akte auch von einer zweiten hochrangigen Quelle der Kirche bestätigt wurde“. Die Akte stammt aus der Zeit, als Kardinal Jorge Bergoglio aus Buenos Aires den damaligen Priester Fernández zum Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität von Argentinien im Jahr 2009 ernannte hatte.

Gegenüber dem „National Catholic Register“ am 5. Juli habe Erzbischof Fernández den Inhalt dieser Akte heruntergespielt, schreibt das NCR weiter, und habe vertreten, dass die Bedenken des Vatikans im Zusammenhang mit „Anschuldigungen“, die auf seinen Schriften beruhten, „kein großes Gewicht“ hätten, und dass er nach einem Briefwechsel mit Vatikanbeamten, in dem er seine eigene Position verdeutlicht habe, alles gelassen gelöst werden konnte.

Nach Darstellung des NCR hat Kardinal Müller, der von 2012 bis 2017 Präfekt des Dikasteriums (früher Kongregation) für die Glaubenslehre war, dem NCR am 4. Juli mitgeteilt, dass die Akte irgendwann in den späten 2000er Jahren von Erzbischof Jean-Louis Bruguès erstellt worden sei, Sekretär der damaligen Kongregation für das Katholische Bildungswesen, nachdem Kardinal Bergoglio den damaligen Pater Fernández als Rektor der Universität vorgeschlagen hatte. Der Zweck der Akte bestand darin, der Glaubenskongregation genügend Informationen zu liefern, damit sie entweder eine Nihil-Obstat-Erklärung zuerkennen oder zurückhalten konnte – eine Voraussetzung für jeden neuen Rektor einer katholischen Universität.

„Die Glaubenskongregation hat immer das letzte Wort“, zitiert Edward Pentin Kardinal Müller. „Die Kongregation für das Katholische Bildungswesen muss daher bei der Glaubenskongregation um das Nihil Obstat bitten und ihr offizielles Ja geben, damit die Kirche absolut sicher sein kann, dass es bei einer solchen Ernennung keine Probleme gibt.“ Aufgrund des Inhalts der Akte verzögerte die Glaubenskongregation unter der damaligen Leitung von Kardinal William Levada das Nihil Obstat, bis die Bedenken ausgeräumt waren. Víctor Manuel Fernández konnte daher seinen Amtseid erst im Mai 2011 ablegen, zweieinhalb Jahre nach seiner inoffiziellen Ernennung, da in der Akte weiterhin Bedenken hinsichtlich einiger seiner theologischen Ansichten geäußert wurden, erläuterte Pentin.

Kardinal Müller betonte gegenüber dem Register, dass Pater Fernández der Glaubenskongregation einen Brief geschickt habe, „in dem er versprach, sich zu verbessern“. Müller fügte hinzu, dass dies „bei solchen Dingen die normale Taktik sei, um jegliche Zweifel auszuräumen“.

Erzbischof Fernández scheint diesen Ansatz gewählt zu haben, berichtet Pentin weiter. Fernández vertrat dem NCR, dass nach seiner Ernennung zum Rektor im Jahr 2009 einige von ihm verfasste Artikel „in Rom ankamen“ und „von diesem Moment an ein Briefwechsel begann, in dem ich meine wahren Gedanken klarstellte und alles friedlich gelöst wurde.“ „Im römischen Tempo hat die Arbeit mehr als ein Jahr gedauert, aber ich möchte klarstellen, dass die Anschuldigungen nicht von großer Tragweite waren“, sagte Fernández. „Zum Beispiel hinterfragten sie eine halbe Seite, die ich in einer kleinen Zeitung in meiner Stadt im Landesinneren Argentiniens geschrieben hatte. Dort hatte ich erklärt, dass wir Priester Homo-Partnerschaften nicht segnen könnten, weil wir eine bestimmte Vorstellung von der Ehe hätten. Dennoch haben wir die Menschen weder berurteilt noch verurteilt.“ Fernández erläuterte weiter: „Meine Ankläger sagten, ich hätte das kirchliche Verständnis der Ehe nicht ausreichend dargelegt. Ob Sie es glauben oder nicht, das hat mehrere Monate meiner Zeit in Anspruch genommen.“ Erzbischof Fernández sagte, die Bedenken des Vatikans seien nicht auf Druck von Kardinal Bergoglio ausgeräumt worden. Bergoglio sei aber „zuversichtlich“ gewesen, „dass alles früher oder später gelöst werden würde, wenn ich die mir zugesandten Fragen beantworten würde.“

Schon zwei Monate nach seiner Wahl zum Papst erhob Papst Franziskus Fernández zum Erzbischof, ohne jedoch die Glaubenskongregation zu informieren, die damals von Kardinal Müller geleitet wurde. Obwohl Päpste nicht verpflichtet sind, vor der Ernennung eines Bischofs bei der Glaubenskongregation ein Nihil obstat zu beantragen, sagte Kardinal Müller, dass sie dies in der Regel tun, um sicherzustellen, dass der Kandidat doktrinär fundiert ist, berichtete das „National Catholic Register“. Pentin führte weiter aus, dass Papst Franziskus in seinem Brief an Erzbischof Fernández anlässlich seiner Ernennung darauf hinzuweisen scheint, dass das Dikasterium für die Glaubenslehre unter Erzbischof Fernández die Orthodoxie der Theologen nicht mehr in demselben Maße prüfen werde, wie es Erzbischof Fernández selbst durchlaufen hatte.

Link zum Originalbeitrag im „National Catholic Register“: Cardinal Müller Confirms Vatican Doctrinal Office Had File Warning About Archbishop Fernández


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