Kardinal Zens Beitrag zur Konzils-Debatte: Wirken Gottes in der Kirche

3. August 2020 in Weltkirche


„Am Ende führt der Heilige Geist alles zu einem glücklichen Ende“ – Hongkongs ehem. Erzbischof schaltet sich in die von den Bischöfen Schneider und Viganò angestoßene Diskussion um das II. Vaticanum ein


Hongkong (kath.net/LifeSiteNews) Kardinal Joseph Zen hat sich mit einem Beitrag in die Debatte über das II. Vatikanum eingeschaltet, die kürzlich von Erzbischof Carlo Maria Viganò und Bischof Athanasius Schneider begonnen worden ist. Der 88-jährige emeritierte Bischof von Hongkong betrachtet das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) letztendlich als ein Wirken Gottes in der Kirche. „Das Zweite Vatikanum ist vor 50 Jahren passiert, aber es gehört sicherlich nicht der Vergangenheit an. Sein Licht führt die Kirche noch heute durch die Dunkelheit ihrer Reise“, schrieb er am 19. Juli in seinem Blog, und nimmt damit eine etwas andere Position als Schneider und Viganò ein.

 

„Es gibt ein Sprichwort, das nicht weit von der Wahrheit entfernt ist: Ein Ökumenisches Konzil beginnt mi menschlichen Bemühungen, dann kommt der Teufel, um Ärger zu machen, aber am Ende führt der Heilige Geist alles zu einem ‚Happy End‘ “, schreibt Zen. Tatsächlich sehe er deutlich, dass der Teufel in den fünf Jahrzehnten seit dem Ende des Konzils viel „Ärger“ gemacht habe.

 

Zen schrieb seinen Beitrag vor dem Hintergrund einer neu begonnenen Debatte über das 2. Vatikanum, angestoßen v. a. von Erzbischof Carlo Maria Viganò und Bischof Athanasius Schneider, die 50 Jahre danach eine offene und ehrliche Diskussion über das Konzil und seine Folgen – den Baum und seine Früchte – gefordert haben.
Weihbischof Athanasius Schneider listete kürzlich in einem Interview mit LifeSiteNews verschiedene lehrmäßige Probleme in einzelnen Dokumenten des Zweiten Vatikanums auf, von denen er zeigte, wie sie zu „Relativismus“ führten. Diese Irrtümer seien von der Kirche zu korrigieren.

 

Der Erzbischof und ehemalige Nuntius Carlo Maria Viganò bezeichnete in seinem Beitrag die nachkonziliaren Irrwege als konsequente und logische Wirkungen einzelner lehrmäßiger Irrtümer des Konzils selbst, das sich gerne äquivok, zweideutig, also halb in Wahrheit und halb im Irrtum, ausdrückte, weshalb es auch das einzige Konzil sei, das so große Interpretationsprobleme aufwerfe. Dies habe passieren können, weil es gut organisierten Beteiligten, die eine „Revolution“ in der Kirche wollten, gelungen sei, die guten vorbereiteten Konzils-Schemata durch gezielt äquivok formulierte Texte zu ersetzen. Die Lösung sei die demütige Anerkennung, dass der Feind hier in die Kirche eingedrungen sei sowie die Wiederaufnahme des Traditionsfadens dort, wo er abgerissen worden sei, durch einen Papst. Schließlich habe gerade das 2. Vatikanum keinen lehrmäßig-dogmatischen Anspruch erhoben.

 

Der Kirchenhistoriker Kardinal Walter Brandmüller betonte in einem Beitrag auf kath.net, dass die Interpretation des II. Vatikanums das Lehramt der Nachkonzilspäpste (z. B. Dominus Iesus) beachten müsse, also das Konzil in diesem Licht zu interpretieren sei.

 

Kardinal Zen erzählt in seinem Blog von der Zeit von 1961 bis 1964, als er in Rom an seiner Doktorarbeit schrieb. Er war sich damals der „heftigen Kämpfe entlang des Stereotyps der Kluft zwischen Konservativen und Progressiven“ bewusst. „In meiner Freizeit habe ich, wie andere junge Priester und Seminaristen in Rom, all die täglichen heißen Nachrichten und Gerüchte über das Konzil genossen“, erinnert sich Zen. „Konzilsväter beschuldigten sich gegenseitig mit Flugblättern, die über den Petersplatz fliegen ... Die Witze!“

 

„Die Polarisierung zwischen Konservativen und Progressiven ist nach dem Konzil nicht verschwunden“ fährt Zen fort. „Diejenigen, die Schwierigkeiten hatten, die ‚Neuheiten‘ in den Konzilsentscheidungen zu verstehen oder sich sogar weigerten, sie zu akzeptieren: Sie sind die extremen Konservativen; es gibt aber auch extreme Progressive, die behaupten, dass sich jetzt in der Kirche alles ändern kann.“

 

„Die Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils sind diese 16 Dokumente, insbesondere die vier Konstitutionen“, sagt Zen. „Durch diese Dokumente hört man die wahre Stimme des Heiligen Geistes“, erklärte er.

 

Der Konflikt zwischen Konservativen und Progressiven verdunkle heute die Absichten Christi und das Wirken des Heiligen Geistes: „Die extremen Konservativen sagen: Die Kirche nach dem Zweiten Vatikanum ist nicht mehr die katholische Kirche, in der ich getauft wurde. Aber Sie wurden in einer Kirche getauft, die an eine apostolische Kirche glaubt, die vom Papst und den Bischöfen als authentische Glaubenslehrer geführt wird.“

 

„Die extremen Progressiven sagen: Vor dem Konzil durfte sich nichts ändern, jetzt, mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, wurden viele Änderungen vorgenommen, daher sollten sich auch in Zukunft viele Dinge ändern dürfen“, sagte er. „Ja, aber nur durch eine Entscheidung der legitimen Behörde, nicht durch eine willkürliche Wahl von irgendjemandem und sicherlich nicht durch Rückgängigmachen der Vergangenheit.“ Der Zweck des Zweiten Vatikanischen Konzils bestand nicht darin, „unsere Vergangenheit zu leugnen oder weltlichen Moden zu folgen“.

 

Manche gehen in ihren Modernisierungswünschen zu weit und verkünden, dass „Latein vom Teufel erfunden wurde“. Kardinal Zen antwortet: „Die Kirche rettete die griechisch-römische Kultur (philosophische Literatur, Kunst, Musik) und bildete damit die einfallenden ‚Barbaren‘ nach dem Fall des Römischen Reiches aus und legte den Grundstein für die moderne europäische Zivilisation. “

 

"Die tridentinische Theologie, hauptsächlich in lateinischer Sprache, rettete den Glauben der Laienkirche, und die tridentinische Liturgie in lateinischer Sprache mit dem Gregorianischen Gesang (einschließlich dem 'Dies irae') nährte die Frömmigkeit der Generationen und stützte den Mut unzähliger Märtyrer“, fuhr er fort. „Warum sollten wir uns wundern, wenn die jungen Menschen von heute, obwohl sie die liturgische Reform der Kirche aufrichtig akzeptieren, die tridentinische Messe immer noch schätzen?“

 

Er zitierte aus der Rede von Papst Johannes XXIII. zur Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 und sagte: „Aus der erneuerten, heiteren und ruhigen Annahme aller Lehren der Kirche, in ihrer Ganzheit und Genauigkeit, wie sie hauptsächlich aus den Akten des Tridentinums und des I. Vatikanums hervorgehen, wartet der christliche und katholische Geist der ganzen Welt darauf, einen Schritt weiter zu gehen hin zu einer lehrmäßigen Durchdringung und Formung der Gewissen, die in einer vollkommeneren treuen Übereinstimmung mit der authentischen Lehre besteht; er will sie studieren und mit den Formen der Forschung und Literatur des modernen Denkens präsentieren.“

 

Kardinal Zen sieht im Zweiten Vatikanum einen wichtigen Meilenstein im Leben der Kirche. „Bewundern wir den göttlichen Plan, die eine Heilsgeschichte. Die menschliche Freiheit mag scheitern, aber Gott führt die Kirche sicher zum Ziel. Es ist eine Reise in Kontinuität, nicht durch Brüche“, erklärte er, und führte als Beispiel die Geschichte Israels als ein ständiger Wechsel von Treue und Untreue an, durch die uns aber dennoch „der wahre Glaube Abrahams durch Maria, Jesus und die Apostel übermittelt wurde“.

 


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