„Die DBK-Stellungnahme zum Weltkriegsende macht mich nachdenklich“

13. Mai 2020 in Aktuelles


„Das sagen Bischöfe, die in der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche jahrelang auf Verzögerung gesetzt haben, die keine Stellungnahmen zum Gender Mainstreaming oder zur ‚Ehe für alle‘ abgegeben haben.“ Gastbeitrag von Werner Münch


Bonn (kath.net) Man hat insgesamt den Eindruck, dass ein Großteil unserer Bischöfe die Zeichen der Zeit, d. h. die tatsächliche Situation der katholischen Kirche in Deutschland, immer noch nicht erkannt hat oder nicht erkennen will. Die zentralen Themen sind nicht Machtfragen, Zölibat, Frauenordination oder Mega-Pfarreien, sondern Glaubensverlust, Neuevangelisierung, Priesterausbildung und Katechese. Aber stattdessen gibt es Uneinigkeit in Gender-Fragen, zur „Ehe für alle“ wird geschwiegen, die Bildung von Diversity – Referaten in den Diözesen nimmt zu, und die Gläubigen warten weiterhin vergeblich auf eine deutliche Unterstützung für Fragen des Lebensschutzes sowie der Ehe und Familie. Natürlich gibt es auch hierbei rühmliche Ausnahmen.

Besonders nachdenklich hat mich die Stellungnahme der DBK zum 75. Jahrestag des Endes des II. Weltkrieges am 8. Mai 1945 („Deutsche Bischöfe im Weltkrieg“) gemacht. Darin erheben sie den Vorwurf an ihre Vorgänger, „den Verbrechen des NS – Regimes im II. Weltkrieg nicht energisch genug widersprochen zu haben“. Erst am 19. August 1943 hätten die damaligen Bischöfe öffentlich

eingeklagt.

Das sagt die heutige DBK, deren langjähriger Vorsitzender das Zeichen unseres Glaubens, sein Kreuz, auf dem Tempelberg in Jerusalem abgenommen hat. Das sagen Bischöfe, die in der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche jahrelang auf Verzögerung gesetzt haben, und das sagen dieselben, die keine Stellungnahmen zum „Gender Mainstreaming“ oder zur „Ehe für alle“ abgegeben haben, weil sie dem Staat nicht widersprechen wollten? Und in der Anfangszeit der Corona-Pandemie haben einige Bischöfe schon in vorauseilendem Gehorsam ihre Kirchen für öffentliche Gottesdienste vor dem gesetzten Termin der staatlichen Anordnung geschlossen, und nachdem diese Gottesdienste generell wieder ab 4. Mai erlaubt waren, haben die Bischöfe variabel reagiert (schon vorher vom 20. 04. über den 04. 05., in Würzburg ohne Kommunion  und 10. 05. (Hamburg, Hildesheim und Bamberg) bis zu solchen, die „bis auf weiteres keine öffentlichen Gottesdienste“ erlauben (Magdeburg und Osnabrück ). Vorher haben sie die Gläubigen von der Sonntagspflicht entbunden, sogar von der Teilnahme an „gestreamten Messfeiern“ und haben sich nicht einmal für eine Ausnahme an Ostern eingesetzt, um das „Triduum sanctum“ feiern zu können, natürlich unter Akzeptanz der Auflagen zur gesundheitlichen Sicherheit aller Teilnehmer. Ihr Sicherheitskonzept zur Beratung mit der Bundesregierung hätten sie schon vor und nicht erst nach Ostern vorlegen müssen.

Wer eine solche passive Haltung gegenüber dem Staat in Friedenszeiten in einer Demokratie einnimmt, der wäre gut beraten, wenn er sich in seiner Kritik über das Verhalten von Menschen in einer Diktatur unter Missachtung aller rechtsstaatlichen Prinzipien mit brutaler Folter und Massenmorden zurückhalten würde. Und gab es nicht auch mutige Bischöfe, z. B. Kardinal Graf von Galen, und viele Priester, die sich zum Kreuz und zu ihrer Kirche bekannt haben und für ihr Bekenntnis zum Glauben in den Tod gegangen sind? Waren diese Opfer nicht Märtyrer?

Prof. Dr. Werner Münch (Foto) war von 1973 bis 1978 Rektor der Katholischen Fachhochschule Norddeutschland. Als CDU-Politiker gehörte er von 1984 bis 1990 dem Europäischen Parlament an. 1990 bis 1991 war er Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, von 1991 bis 1993 ebenda Ministerpräsident. 2009 trat er aus der CDU aus. Der Politikwissenschaftler ist Kuratoriumsmitglied und Schirmherr des Forums Deutscher Katholiken.

 


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