Umstrittene Barmherzigkeit für pädophile Priester

4. März 2017 in Weltkirche


Papst Franziskus hat in einigen Fällen Strafen für Priester, die wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden sind, gemildert. Für Kinder sei dadurch keine Gefahr entstanden, betont Vatikansprecher Greg Burke.


Vatikan (kath.net/jg)
Papst Franziskus hat in einigen Fällen die Strafen für pädophile Priester herabgesetzt, die Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Das berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press (AP).

Mauro Inzoli, ein Priester, der die Nachsicht des Papstes erfahren hatte, wurde danach von einem italienischen Strafgericht wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Er muss sich außerdem ein zweites Mal vor einem Gericht der Kirche verantworten, weil neue, den Fall betreffende Aspekte ans Licht gekommen sind.

Inzoli ist einer der Fälle, bei denen Franziskus nicht der Empfehlung der für Missbrauchsfälle durch Kleriker zuständigen Glaubenskongregation gefolgt ist. Diese wollte die verurteilten Priester aus dem Klerikerstand entlassen. Franziskus hat die Strafen reduziert und ihnen unter anderem ein Leben der Buße und des Gebetes verordnet sowie öffentliche Auftritte untersagt.

In einigen Fällen hätten die Priester oder deren hochrangige Freunde beim Papst um Milde gebeten und ihr Ansuchen mit Aussagen von Franziskus über die Barmherzigkeit unterstützt, sagt ein an den Verfahren Beteiligter gegenüber der AP. Der Papst schaffe geradezu ein Klima für Interventionen dieser Art, wenn er pausenlos von Barmherzigkeit spreche, zitiert die AP die anonyme Quelle.

Barmherzigkeit gelte auch gegenüber Personen, die sich „abscheulicher Verbrechen“ schuldig gemacht hätten, sagt Greg Burke, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls. Alle Priester, die des Missbrauch überführt worden seien, würden auf Lebenszeit aus der Seelsorge entfernt. Papst Franziskus sei sich bewusst, dass Opfer und Überlebende von Missbrauch jedes Zeichen der Barmherzigkeit als problematisch empfinden würden. Barmherzigkeit sei aber letztlich eine Quelle der Heilung und der Gnade, fügt er hinzu.

Franziskus werde die Abteilung der Glaubenskongregation, die mit der Verfolgung von Missbrauchsfällen beauftragt sei, personell verstärken, damit Urteile schneller gefällt werden könnten, sagt Burke. Der Papst hat sich wiederholt zur „Null-Toleranz Politik“ gegenüber Missbrauch bekannt.

Vor kurzem war von ihm die Ansicht zu hören, dass Personen, die andere sexuell missbrauchen, an einer Krankheit leiden würden. Diese Argumentation wird gerne von Strafverteidigern verwendet, die nach Milderungsgründen für ihre Mandanten suchen.

Die Täter seien niemals so krank, dass sie nicht wissen würden, was sie tun, widerspricht Marie Collins, die vor wenigen Tagen aus der päpstlichen Kinderschutzkommission ausgetreten ist. Kath.net hat berichtet: Missbrauchsopfer verlässt päpstliche Kinderschutzkommission. Wer andere missbrauche, treffe eine bewusste Entscheidung und sei für seine Taten verantwortlich, sagt sie gegenüber AP.

Die von Franziskus ausgesprochenen milderen Strafen hätten niemals Kinder in Gefahr gebracht, betont die von AP interviewte anonyme Quelle, die an den Verfahren beteiligt gewesen ist. Wenn verurteilte Priester aus dem Klerikerstand entlassen würden, seien sie für die Gesellschaft potentiell eine größere Gefahr, weil die Kirche keiner Kontrolle oder Aufsicht über diese Personen habe. Blieben die Priester hingegen in einer eng begrenzten seelsorglichen Funktion, ohne Zugang zu Kindern, hätten sie ihre Vorgesetzten weiterhin im Blick.

Strafmilderung für Priester, die wegen Missbrauchs verurteilt worden sind, sei für die Opfer ein schreckliches Signal, sagt Marie Collins. Barmherzigkeit sei wichtig, doch Gerechtigkeit für alle betroffenen Parteien sei ebenso wichtig, schreibt sie in einer E-Mail. Wenn Missbrauch nicht streng bestraft würde, wäre das die falsche Nachricht für potentielle Täter, fügt sie hinzu.



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