Ibiza liegt in Europa - Ein Fall und eine Falle

24. Mai 2019 in Kommentar


Ja, bei „Ibiza-Gate“ ging es um Europa, aber nicht nur in der kurzfristigen Perspektive der bevorstehenden Europawahl, sondern möglicherweise in einem viel weitreichenderen Sinne - BeneDicta am Freitag von Gudrun Trausmuth


Wien (kath.net)
1. Zum gefilmten Gespräch auf Ibiza: Staatsaufträge für Schwarzgeldflüsse– dass derlei Überlegungen genau geprüft werden müssen und drastische Konsequenzen verlangen, ist klar. Natürlich auch höchst bedenklich, wenn ein Parteichef plant, die Redaktion der einflussreichsten österreichischen Zeitung systematisch mit FPÖ-affinen Journalisten zu bestücken. Aber: ist das ein Einzelfall?? Die Empörung pflanzt sich diesbezüglich wohl eher auf der Tatsache auf, dass man ungeschminkt sieht und ungefiltert hört, was sonst subtiler geschieht: das journalistische Erzeugen von Wirklichkeit, das stark von der politischen Provenienz und Weltanschauung der Schreibenden und Sprechenden abhängt. Abgesehen von alledem liegt das wahrhaft Tragische und Folgenreiche auf einer anderen Ebene: dass im Suff (mglw. verstärkt durch weitere Substanzen?) tief Verletzendes gesagt und getan wurde, das Beziehungen und Vertrauen enttäuscht und zerstört. Eine Bombe an Abgründigkeit und Elend. Strache, der durch den gefilmten Ibiza-Abend völlig vernichtet wurde, tut mir nun eigentlich zutiefst leid.

2. Die Falle: das Video und seine Verbreitung: Der Rahmen, innerhalb dessen die schwerwiegenden und verstörenden Aussagen und Akte getätigt wurden, ist in der währenden Aufregung über das Geschehen kaum eine Kategorie. In Kurz‘ Ansprache, in der er das Ende der Koalition verkündete, war mit dem Bezug auf Tal Silberstein und Dirty Campaigning noch eine Spur davon, seitdem herrscht weitgehend Schweigen darüber. Straches Begriff des „politischen Attentats“ war ziemlich treffend, kam leider nur von dem, der sich gerade ins Out katapultiert hatte – erst recht, was seine Analyse des Geschehens gilt.

Immerhin gibt es mittlerweile langsam Informationen über einzelne Akteure der gleichermaßen grausigen wie grausamen - und das müsste immer im Doppelpack kommen! - Reality-Show aus Ibiza. Was ich vermisse, ist das konsequente Rekurrieren auf der doppelten Dimension, auch von politischer Seite: denn das WIE, das geheime Filmen eines zum Zweck politischer Vernichtung inszenierten Trinkgelages, das dann kurz vor der Europa-Wahl ausgespielt wird, hat nicht weniger Bedenkliches, Destabilisierendes und Empörendes als die von Strache und Gundenus kolportierten Inhalte. Oder sind Stasi-Methoden ab jetzt akzeptierter Teil des politischen Systems? Man hat gesehen, wie perfekt sie funktionieren - wird das Schule machen? Der Fall war eine Falle. Wer die Falle gestellt hat, wer der letzte Auftraggeber zum Auslegen der Falle war, warum und wie ein deutscher Kabarettist bereits vor Wochen Kenntnis davon hatte – all das muss ans Licht kommen.

Der journalistische Aufdeckungswille hält sich diesbezüglich aber in Grenzen; erstaunlich, dass eine bisher kaum bekannte Plattform wie
www.eu-infothek.com/ hier offenbar weiter ist als die großen Medien. Irritierend übrigens auch, wie sehr und wie einschlägig deutsche Politiker und deutsche Zeitungen sich plötzlich zum Beurteilen der österreichischen innenpolitischen Situation berufen fühlen - ist das die Rache dafür, dass uns viele konservative deutsche Bürger in den letzten Jahren um Sebastian Kurz als Bundeskanzler beneidet haben?

3. Die Konsequenzen für Österreich und Europa: Um an den letzten Satz anzuschließen: Vielleicht schoss man Strache vor allem gezielt aus dem Weg, um Kurz zu treffen? Der frühere Vizekanzler war ja in letzter Zeit (vgl. sein Einschwenken auf die von Kurz geforderte Linie in Bezug auf die Identitären, vgl. den Umgang mit dem „Rattengedicht“) geradezu schmiegsam geworden… Das klare Ziel der Ibiza-Aktion war jedenfalls nicht Strache, sondern das Sprengen von Türkis-Blau, wozu die Textur des Vizekanzlers offenbar den geeigneten Ansatzpunkt lieferte.

Kurz als die wahre Zielscheibe. Uum das zu argumentieren, muss man sich die zwei Hauptthemen vor Augen halten, für die Kurz von den einen geschätzt und von den anderen gehasst wird : sein Umgang mit dem politischen Islam und seine klare Linie in Sachen Flüchtlings- und Asylpolitik.

Genau jene Themen, die von den einen als „Tabuthemen“ betrachtet werden, zu denen man sich in der Öffentlichkeit besser nicht äußert (vgl. in diesem Zusammenhang www.kath.net/news/68029), und die von den anderen umso lauter, leidenschaftlicher und unreflektierter besetzt werden. - Und dann war Kurz plötzlich Bundeskanzler, als Vertreter des eingeschüchterten, aber definitiv „nicht-linken“ Mehrheitslagers; die Einsamkeit der Wahlzelle und der Mut zu einer von Anfang an wild bekämpften Koalition hatten diese Sensation möglich gemacht.

Und Kurz ist jung, besonnen, vernünftig. Das heißt, mit einem Mal hatte man einen Sympathieträger an einer Stelle, an der ihn manche sicher nicht und sicher nicht lange wollten. Ihn selbst mit unlauteren Mitteln zu attackieren, wagte man nicht, via Vizekanzler aber hat es funktioniert, auch Kurz ist nun angeschlagen, zumal viele Unmut über sein Beenden der Regierungskoalition zeigen.

Übrigens, gerade erst vor einer Woche hat die damalige österreichische Bundesregierung, in Folge des Islamgesetzes vom 14. Juni 2017, die Schließung von 7 Moscheen und die Ausweisung von 60 Imamen verfügt: „Parallelgesellschaften, Radikalisierungstendenzen und der politische Islam haben in unserem Land keinen Platz“ , so Bundeskanzler Kurz.

Ja, bei „Ibiza-Gate“ ging es um Europa, aber nicht nur in der kurzfristigen Perspektive der bevorstehenden Europawahl, sondern möglicherweise in einem viel weitreichenderen Sinne: Nämlich, ob es noch politische Stimmen geben wird, die Europas Religions- und Freiheitsgeschichte, seine Kultur und Tradition vertreten und verteidigen. Oder ob wir das christliche Abendland widerstandslos – Widerstand kann ja nur etwas bieten, das eigene Substanz hat - einer „De Facto-Allianz“ von linken Ideologien und politischem Islam ausliefern? - In diesem Sinne könnte die vorerst einzige positive Konsequenz aus der österreichischen Katastrophe tatsächlich die Europawahl werden, mit einem klaren Votum gegen das, was christlich-jüdisch geprägtes Europa zerstören möchte: „Ich wollte ja nicht wählen gehen, aber jetzt gehe ich wählen!!“

Meine Hoffnung ist, dass das, was viele nun sagen, noch mehr Menschen tun. Ibiza liegt in Europa. Europa ist die große Front, um die es geht - kämpfen wir um sie.



Foto: (c) Pixabay, Sonnenuntergang auf Ibiza


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