Warum der Missbrauchsgipfel zum Scheitern verurteilt ist – 5 Gründe

22. Jänner 2019 in Weltkirche


Er hoffe dennoch auf einen Erfolg, fürchte aber, dass das Treffen nur ein kleiner Schritt im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch sein wird, schreibt der Jesuitenpater Thomas Reese.


Vatikan (kath.net/jg)
Das Gipfeltreffen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen und Vertreter katholischer Orden über sexuellen Missbrauch von 21. bis 24. Februar im Vatikan könnte nach Ansicht von P. Thomas Reese SJ nicht die Erwartungen von Opfern, Medien und Gläubigen erfüllen.

In einem Artikel für Religion News Service führt er fünf Gründe an, die ihn in Bezug auf das Treffen skeptisch machen.

Zum ersten seien vier Tage eine viel zu kurze Zeitspanne, um ein so wichtiges und kompliziertes Thema zu behandeln. Das Programm sei zu ambitioniert und werde kaum an der Oberfläche kratzen. Wenn jeder Teilnehmer nur fünf Minuten zu Wort käme, wären bereits zwölf Stunden vergangen und damit die Hälfte der für die Konferenz angesetzten Zeit verbraucht.

Zweitens seien die Erwartungen für das Gipfeltreffen so hoch, dass sie unmöglich erreicht werden könnten, fürchtet Reese. Der Vatikan hat im November die US-Bischofskonferenz aufgefordert, ihre Maßnahmen gegen Missbrauch mit Hinblick auf die vatikanische Konferenz im Februar nicht zu beschließen. Wenn diese nun auf Maßnahmen verzichte, wie schuldige Bischöfe zur Verantwortung zu ziehen seien, werde dieses Ergebnis die Anordnung vom November als ungerechtfertigt und hohl erscheinen lassen. Dennoch sei dies das wahrscheinlichste Ergebnis, schreibt Reese.

Die Bischöfe seien hinsichtlich ihres kulturellen Hintergrundes und der gewohnten Rechtsordnungen äußerst heterogen. Dieser Umstand mache eine Einigung auf konkrete Maßnahmen schwierig, gibt Reese als dritten Grund an.

Viertens sei das Treffen nicht gut vorbereitet. Eine Bischofssynode werde bis zu zwei Jahre lang geplant. Es gebe eine eigene Stelle im Vatikan, welche für die Organisation zuständig ist. Papst Franziskus habe das Missbrauchstreffen hingegen erst im September 2018 angekündigt, das Organisationskomitee sei erst Ende November festgelegt worden.

Der effektivste Weg im Kampf gegen den Missbrauch wäre, wenn Papst Franziskus klare Vorschriften erlassen würde. Das werde er wahrscheinlich nicht tun, erwartet Reese, der darin den fünften Grund für das wahrscheinliche Scheitern des Gipfels sieht.

Die Opfer und die Öffentlichkeit seien zu recht ungeduldig, fährt Reese fort. Sie würden nicht auf weitere Diskussionen und „frommes Gerede“ warten, sondern auf klare Maßnahmen und Richtlinien, durch welche die Kinder beschützt und die schuldigen Bischöfe zur Verantwortung gezogen würden, schreibt Reese.

Der Jesuitenpater wünscht dem Missbrauchstreffen Erfolgt. „Ich hoffe, ich liege falsch“, schreibt er. Franziskus könnte es schaffen, er befürchte aber, dass die vatikanische Konferenz nur ein kleiner Schritt vorwärts in einem jahrelangen Ringen sein werde, schreibt Reese abschließend.


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