Klaus Berger: 'Sünde ist eine tickende Zeitbombe'

20. November 2004 in Deutschland


Der Heidelberger Theologieprofessor erinnerte bei einer Tagung der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge daran, dass Sünde die Beziehung des Menschen zu Gott als auch der Menschen untereinander zerstöre


Oberursel (kath.net/idea)
Warum braucht der Mensch Vergebung? DieseFrage stand im Mittelpunkt einer Tagung der Akademie für Psychotherapie undSeelsorge (APS) in der Fachklinik Hohe Mark (Oberursel). Das Treffen mitrund 150 Teilnehmern stand unter dem Motto "Vergebung: nicht leicht, aberlebensnotwendig". Der APS-Vorsitzende und Chefarzt der PsychotherapeutischenAbteilung der gastgebenden Klinik, Martin Grabe, wies darauf hin, daßVergebung eine Möglichkeit sei, Kränkungen der Vergangenheit und damit auchdie Bindung an den Täter loslassen zu können. Die anfängliche Verletzungmache nur einen Bruchteil der gesamten emotionalen Belastung aus.Schwerwiegender sei der innere Prozeß, der sich an die Verletzunganschließe: "Die Situation wird immer wieder nacherlebt, meist unter demVorzeichen, wie ein Mensch denn besser, schlagfertiger, aggressiver hättereagieren können. Hinzu kommen Haß- und Rachephantasien." Um Vergebung zuerfahren, gebe es drei Wege: Verstehen, Relativieren und Ausgleichen. Injedem liegt eine Chance, zu einer inneren Befreiung zu kommen. Grabe: "Jemehr ich verstehe, desto weniger halte ich das, was mir da passiert ist, fürein Unrecht, das mir bösartig zugefügt wurde, und desto näher bin ich an derVergebung." Bei sehr schweren Verletzungen sei eine wirklich vollständigeVersöhnung oft lebenslang nicht möglich. Man könne Rachegedanken jedoch anGott abgeben; viele Christen hätten dies als äußerst heilsam erlebt.

Hoheitlicher Akt zur Vergebung Gottes nötig

Der Heidelberger Theologieprofessor Klaus Berger ging auf die VergebungGottes gegenüber dem sündigen Menschen ein. Sünde zerstöre die Beziehung desMenschen zu Gott als auch der Menschen untereinander. Berger sprach in demZusammenhang von einer "tickenden Zeitbombe", die entschärft werden müsse.Ein hoheitlicher Akt sei nötig, ähnlich wie im staatsrechtlichen Bereich, umeinen Menschen wieder in verlorene Bürgerrechte einzusetzen. Dies sei vorallem die stellvertretende Sühne, wie sie Menschen im Kreuz Jesu begegne. Inder im Jahr 2000 gegründeten APS sind 167 Einzelmitglieder - Therapeuten,Seelsorger und Mitarbeiter in Fachkliniken - zusammengeschlossen.

Foto: (c) Pattloch


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