Am Übergang der Zeit

31. Dezember 2025 in Aktuelles


Leo XIV.: Zwischen Vergangenheit und Ewigkeit. Die letzte Generalaudienz des Jahres 2025 erinnerte an Gnade, Weg, Ziel und die Berufung zur Liebe. Über eine Million Pilger bei den Generalaudienzen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Dem aber, der gemäß der Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder erdenken, 21 ihm sei die Herrlichkeit in der Kirche und in Christus Jesus bis in alle Generationen für ewige Zeiten. Amen“ (Eph 3,20-21).

Seit Beginn seines Pontifikats am 8. Mai 2025 strömen Hunderttausende Gläubige zum Papst: Nach offiziellen Zahlen der Präfektur des Päpstlichen Hauses hat Papst Leo XIV. in insgesamt 36 Generalaudienzen und Jubiläumsaudienzen bereits 1.069.000 Menschen willkommen geheißen. Auch die übrigen Begegnungen mit den Gläubigen zeigen eine starke Resonanz: In Sonderaudienzen empfing der Papst 148.300 Besucher. An den päpstlichen liturgischen Feiern nahmen bislang 796.500 Gläubige teil. Zu den sonntäglichen Gebeten des Angelus auf dem Petersplatz kamen insgesamt rund 900.000 Menschen. Die Zahlen unterstreichen die große Anziehungskraft des neuen Pontifikats und bezeugen das lebendige Interesse der Gläubigen aus der ganzen Welt an der geistlichen Führung von Papst Leo XIV.

Die letzte Generalaudienz des Jahres 2025 stand im Zeichen des ausklingenden Heiligen Jahres und des liturgischen Weihnachtsfestes. Leo XIV. stellte seine Katechese in den Zusammenhang des Jahresendes und betonte, dass diese Begegnung „am letzten Tag des zivilen Jahres, nahe am Abschluss des Jubiläums und im Herzen der Weihnachtszeit“ gelebt worden sei. Das vergehende Jahr sei durch verschiedene Ereignisse geprägt worden, durch Pilgerströme während des Heiligen Jahres wie auch durch Leid, „wie durch den Heimgang des verehrten Papstes Franziskus und durch Kriegsszenarien, die weiterhin den Planeten erschütterten“. Vor Gott sollte am Ende alles hingelegt werden, in der Zuversicht auf seine Vorsehung, mit der Bitte, „dass sich in uns und um uns herum in den kommenden Tagen die Wunder seiner Gnade und seiner Barmherzigkeit erneuerten“.

In diesem Rahmen verortete der Papst auch die Tradition des feierlichen „Te Deum“, mit dem heute Abend Dank gesungen werden sollte: „Wir werden singen: ‚Wir loben dich, Gott‘, ‚Du bist unsere Hoffnung‘, ‚Deine Barmherzigkeit sei immer mit uns‘“. Daran anknüpfend erinnerte er an Papst Franziskus, der hervorgehoben hatte, dass weltliche Dankbarkeit und Hoffnung „scheinbar“ blieben und „verflacht auf das Ich und seine Interessen“, während in der Liturgie „eine ganz andere Atmosphäre“ spürbar sei, „jene des Lobes, des Staunens, der Anerkennung“. In dieser Haltung sah Leo XIV. den Auftrag, auf das zurückzublicken, was der Herr im vergangenen Jahr getan habe, eine ehrliche Gewissenserforschung zu vollziehen, die eigene Antwort auf die empfangenen Gaben zu prüfen und Vergebung zu erbitten für die Augenblicke, „in denen wir es nicht verstanden haben, seine Eingebungen fruchtbar zu machen und die Talente, die er uns anvertraut hat, bestmöglich einzusetzen“.

Von hier aus führte der Papst zum Bild des Weges und des Zieles. Unzählige Pilger seien in den vergangenen Monaten nach Rom gekommen, um am Grab des Apostels Petrus zu beten und ihren Glauben an Christus zu bekräftigen. Dieser Pilgerweg habe daran erinnert, dass das gesamte Leben ein Weg sei, dessen letztes Ziel Raum und Zeit übersteige und sich „in der Begegnung mit Gott und in der vollen und ewigen Gemeinschaft mit Ihm“ erfülle. Im „Te Deum“ sollte daher auch die Bitte erklingen: „Nimm uns auf in deine Herrlichkeit in der Versammlung der Heiligen“. In dieser Perspektive stand auch die Erinnerung an Paul VI., der das Jubiläum als einen großen Akt des Glaubens bezeichnet hatte, „in Erwartung künftiger Bestimmungen, die wir schon jetzt kosten und vorbereiten“.

In diesem eschatologischen Licht stand schließlich das Zeichen des Durchschreitens der Heiligen Pforte, das viele vollzogen hatten. Dieses Durchgehen stellte das „Ja“ des Menschen zu Gott dar, der mit seinem Vergeben einlädt, die Schwelle eines neuen Lebens zu überschreiten, „belebt durch die Gnade, geformt nach dem Evangelium, entzündet von der Liebe zu jenem Nächsten, in dessen Definition jeder Mensch eingeschlossen ist, der Verständnis, Hilfe, Trost, Opfer bedarf, auch wenn er uns unbekannt, lästig oder feindlich ist, aber ausgezeichnet durch die unvergleichliche Würde eines Bruders“. Es handelte sich um das Bekenntnis zu einem Leben, das im Heute verantwortet und auf die Ewigkeit hingeordnet ist.

All dies wurde in die weihnachtliche Botschaft gestellt. In diesem Zusammenhang erinnerte Leo XIV. an Leo den Großen, der in der Geburt Christi eine Botschaft universaler Freude sah: „Es freue sich der Heilige, weil er sich der Krone nähert. Es freue sich der Sünder, weil ihm die Vergebung angeboten wird. Fasse neuen Mut der Heide, weil er zum Leben berufen ist“. Dieses Wort wandte er auf die Gegenwart an: auf jene, die durch die Taufe geheiligt wurden, weil Gott sich zum Begleiter auf dem Weg zur wahren Lebensfülle gemacht habe. Auf die Sünder, weil sie, vergeben, neu beginnen könnten. Und auf die Schwachen und Armen, weil der Herr ihre Schwachheit angenommen, erlöst und in ihr die Würde und die Kraft der vom Menschgewordenen angenommenen Menschlichkeit gezeigt habe.

Zum Abschluss erinnerte Leo XIV. an Paul VI., der am Ende des Heiligen Jahres 1975 den Kern des Jubiläums in einem Wort zusammengefasst hatte: „Liebe“. Paul VI. hatte gesagt: „Gott ist Liebe! Dies ist die unaussprechliche Offenbarung, von der uns das Jubiläum mit seiner Pädagogik, mit seiner Indulgenz, mit seiner Vergebung und schließlich mit seinem Frieden, voll von Tränen und von Freude, heute den Geist erfüllen wollte und das Leben morgen und immer: Gott ist Liebe! Gott liebt mich! Gott erwartete mich und ich habe ihn wiedergefunden! Gott ist Barmherzigkeit! Gott ist Vergebung! Gott ist Heil! Gott, ja, Gott ist das Leben!“ Mit diesen Gedanken verband Papst Leo XIV. die Bitte, dass sie die Gläubigen beim Übergang vom alten in das neue Jahr begleiteten und darüber hinaus das Leben prägten.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern deutscher Sprache, ich wünsche euch, dass ihr im Rückblick auf das vergangene Jahr in eurem Leben die Nähe und das Wirken Gottes erkennen dürft und dass euch diese Erfahrung Kraft und Zuversicht gibt für die Zukunft!

Foto (c) Vatican Media

 


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