
10. Dezember 2025 in Aktuelles
Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft: Erklärung basiert „auf der anthropologischen Sichtweise der Kirche, die auf dem Naturrecht beruht und Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau versteht“ - Warnt vor Leihmutterschaft
Brüssel (kath.net) kath.net dokumentiert die „Erklärung des Präsidiums der COMECE zum jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen zwischen Mitgliedstaaten“ wegen ihrer Wichtigkeit in voller Länge. Die Erklärung liegt in derzeit sieben Sprachen vor, darunter auch deutsch.
Das Präsidium der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) hat am 3. Dezember 2025 gemeinsam das jüngste Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Wojewoda Mazowiecki, C-713/23, analysiert underörtert.
Die Überlegungen, die wir in der vorliegenden Erklärung zum Ausdruck bringen, basieren auf der anthropologischen Sichtweise der Kirche, die auf dem Naturrecht beruht und die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau versteht.
Bei allem Respekt für die Rolle der EU-Justiz sehen wir uns gezwungen, zu einigen Aspekten des Urteils Stellung zu nehmen, da wir mit Sorge dessen Auswirkungen auf Fragen sehen, die zum Kernbereich der nationalen Zuständigkeiten gehören. Seit einigen Jahren befasst sich die Rechtskommission der COMECE mit Fragen des Familienrechts mit grenzüberschreitenden Auswirkungen und betont dabei stets die Bedeutung eines umsichtigen und vorsichtigen Vorgehens sowie der Vermeidung unzulässiger Einflüsse auf die nationalen Rechtssysteme.
Das Urteil erklärt, dass ein Mitgliedstaat verpflichtet ist, eine Ehe zwischen zwei Unionsbürgern gleichen Geschlechts anzuerkennen, die rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat geschlossen wurde, in dem sie ihre Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit ausgeübt haben. Der EU-Gerichtshof hatte in diesem Bereich bereits Fortschritte erzielt, insbesondere mit dem Urteil Coman, C-673/16. Das am 25. November 2025 erlassene Urteil scheint jedoch die Rechtsprechung über die Grenzen der EU-Zuständigkeiten hinaus zu erweitern.
Artikel 9 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen “) besagt: „ Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzel-staatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.“ Die Ehe ist in den Rechtssystemen verschiedener EU-Mitgliedstaaten als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau definiert, in einigen Fällen sogar durch Verfassungsbestimmungen.
Der EU-Gerichtshof erkennt zwar an, dass die in seinem Urteil bekräftigte Verpflichtung “beeinträchtigt jedoch nicht das Institut der Ehe im Herkunftsmitgliedstaat, das durch das nationale Recht definiert wird”, und stellt fest, dass “die Regelungen über die Ehe beim derzeitigen Stand des Unionsrechts in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (fallen) und [..] das Unionsrecht diese Zuständigkeit nicht in Frage stellen (kann). Den Mitgliedstaaten steht es daher frei, in ihrem nationalen Recht die Ehe für Personen gleichen Geschlechts vorzusehen oder nicht vorzusehen”. Der EU-Gerichtshof schränkt die Bedeutung dieser Feststellung jedoch deutlich ein, indem er betont, dass jeder Mitgliedstaat bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das EU-Recht einhalten muss, insbesondere die Bestimmungen der Verträge über die Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit der EU-Bürger innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten.
Wir beobachten mit Sorge die Tendenz, Bestimmungen, die sensible Bestandteile der nationalen Rechtssysteme schützen sollen, in einer Weise anzuwenden, die ihren Sinn verwässert. Dies ist bei diesem Urteil in Bezug auf Artikel 9 der EU-Charta der Fall. In der jüngeren Vergangenheit zeigte sich dieselbe besorgniserregende Tendenz bei anderen wichtigen EU-Bestimmungen, wie beispielsweise Artikel 17 Absatz 1 AEUV über den Schutz des Status von Kirchen und religiösen Vereinigungen oder Gemeinschaften nach dem Recht der Mitgliedstaaten.
In Anbetracht der Bedeutung der Anerkennung der Vielfalt und des Reichtums des Rechtspanoramas und der Rechtstraditionen der EU stellen wir auch fest, dass der Gerichtshof der Achtung der „nationalen Identitäten” der Mitgliedstaaten (Artikel 4 Absatz 2 EUV) und ihrer öffentlichen Ordnung/ordre publique eine enttäuschend begrenzte Rolle beimisst. Für einige Mitgliedstaaten ist die Definition der Ehe Teil ihrer nationalen Identität.
Das Urteil des EU-Gerichtshofs wird sich auf die nationalen Familienrechtssysteme auswirken und könnte den Druck erhöhen, diese zu ändern. Es erfordert auch die Einführung von Anerkennungsverfahren und fordert sogar, dass die betreffenden nationalen Bestimmungen gegebenenfalls außer Kraft gesetzt werden. Das Urteil führt zu einer Angleichung der eherechtlichen Wirkungen, obwohl die Union kein Mandat zur Harmonisierung des Familienrechts hat. Es hat auch Auswirkungen auf die Rechtssicherheit, da die Mitgliedstaaten zunehmend nicht mehr klar vorhersehen können, welche Teile ihres Familienrechts in ihrer Autonomie verbleiben werden.
Darüber hinaus befürchtet die COMECE, dass das Urteil zu negativen Entwicklungen in anderen sensiblen Bereichen des grenzüberschreitenden Familienrechts führen könnte, etwa indem es den Weg für künftig ähnliche rechtliche Ansätze in Bezug auf die Leihmutterschaft ebnet.
Angesichts der schwierigen Lage, in der sich die Europäische Union derzeit befindet – auch in Bezug auf ihre Wahrnehmung in verschiedenen Ländern –, ist es schließlich nicht verwunderlich, dass solche Urteile in den Mitgliedstaaten antieuropäische Stimmungen hervorrufen und in diesem Sinne leicht instrumentalisiert werden können.
Archivfoto (c) COMECE/X
⚖ On the @EUCourtPress judgment in the case #WojewodaMazowiecki (C-713/23), we stress that the decision appears to push jurisprudence beyond EU competences, "it may impact on questions lying at the core of national competences, fuel anti-EU sentiments". https://t.co/R9U18cXel3 pic.twitter.com/kkieXmGUAM
— The Catholic Church in the EU (@ComeceEu) December 9, 2025
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