
8. Dezember 2025 in Spirituelles
„Eine Stimme, die nicht schmeichelt, die keine Kompromisse mit dem Zeitgeist eingeht, sondern uns mit Kraft und Liebe an das Evangelium, das Kreuz und die ewigen Werte erinnert.“ Predigt/Gründungsjubiläum von Radio Maryja. Von Gerhard Kard. Müller
Toruń (kath.net) kath.net dokumentiert die Predigt von Kardinal Gerhard Ludwig Müller zum Gründungsjubiläum von Radio Maryja, 6. Dezember 2025, in Toruń in voller Länge in eigener Arbeitsübersetzung:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn Christus, Schwestern und Brüder, verehrter Gründungsdirektor, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Hörerinnen und Hörer dieses außergewöhnlichen Radiosenders!
Wir versammeln uns heute hier, um gemeinsam mit der gesamten Radio-Maryja-Familie ein Dankeslied an Gott zu singen. Vor 34 Jahren wuchs ein Same, der in Toruń gesät wurde – ein Same des Gebets, des Glaubens und der unerschütterlichen Hoffnung – zu einem mächtigen Baum heran, dessen Zweige heute nicht nur unsere Heimat, sondern auch die polnische Diaspora in aller Welt umfassen. Heute feiern wir dieses Jubiläum und gedenken seiner mit Dankbarkeit im Herzen.
1. Die Stimme des Rufers in der Wüste.
Im Evangelium hören wir oft von Johannes dem Täufer, der „die Stimme des Rufers in der Wüste“ war. Er rief, um den Weg für den Herrn zu bereiten. Die moderne Welt mit ihrem Lärm, Relativismus und ihrer Verwirrung ist oft eine spirituelle Wüste. Sie braucht eine Stimme, die zur Umkehr aufruft, den Weg zu Christus weist und die Wahrheit unerschrocken verkündet.
Von Anfang an ist Radio Maryja zu einer solchen Stimme in dieser modernen Wüste geworden. Eine Stimme, die nicht schmeichelt, die keine Kompromisse mit dem Zeitgeist eingeht, sondern uns mit Kraft und Liebe an das Evangelium, das Kreuz und die ewigen Werte erinnert. Es ist eine Stimme, die das Gewissen aufrüttelt, den Glauben stärkt und Hoffnung schenkt, dass wir auch heute noch nach Gottes Willen leben können.
Das heutige Evangelium nach Matthäus passt ebenfalls in dieses Bild des Hörens auf Gottes Stimme. Es spricht von der Berufung der Apostel zum Dienst auf dem Acker des Herrn: Gott ruft; er könnte alles selbst tun, aber er wünscht sich menschliche Mitwirkung und Hingabe.
Radio Maryja entstand in einer Zeit der großen spirituellen Krise – am Ende des kommunistischen Systems, das nicht nur politisch repressiv war, sondern vor allem ein gnostisches und pseudomessianisches System war, das gegen Gott kämpfte. In diesem Sinne kann seine Gründung als Erfüllung der Prophezeiung vom Sieg der Frau über den Drachen (Offenbarung 12,1–17) gelesen werden.
Während die Welt in der Chronos – einer linearen, materialistischen Zeit – lebte, wurde Radio Maryja zu einem Ort der Kairos – einer Zeit der Gnade, einer Zeit der Offenheit für Transzendenz. Es wurde zu einem Instrument, um das Heilige in einer entweihten Welt wiederherzustellen.
Im heutigen Evangelium offenbart Jesus seine Liebe und Fürsorge für die Kinder Gottes. Er sendet die Apostel aus, um ihren Dienst zu erfüllen und die verlorenen Schafe des Hauses Israel zu finden. Jesu Jünger sind bereit, Ziel und Methode seines Dienstes anzunehmen, als sie seine Stimme hören: Geht hin und predigt!
Radio Maryja ist diesem Ruf von Anfang an treu geblieben.
Der Gründer und seine ersten Mitstreiter nahmen diesen göttlichen Ruf und diese Herausforderung an. Er ergriff das Mikrofon als Werkzeug, um für das Reich Gottes zu wirken. So wurde dieser Radiosender im Laufe der Jahre zu einem wirkungsvollen Instrument für Evangelisierung, Katechese, Gewissensbildung und den Aufbau einer nationalen Gemeinschaft. Dies ist kein gewöhnlicher Radiosender – er ist eine wahre „Schule des Glaubens und des Patriotismus“, wie er oft genannt wird.
Tag für Tag strebt Radio Maryja danach, dass das Wort, das aus seinen Ätherwellen strömt, dem Wort Gottes gleicht. Ein Wort der Wahrheit, das befreit; ein Wort der Hoffnung, das aufrichtet; ein Wort der Liebe, das vereint; ein Wort des Glaubens, das stärkt. Dieses Wort ist kein leerer Klang, sondern eines, das „Fleisch“ werden soll – das heißt, eine konkrete Realität im Leben jedes Hörers: in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde. Dieses Wort schafft Gemeinschaft – die große Radio Maryja-Familie.
Der Name „Radio Maryja“ ist kein Zufall. Er ist ein Aufruf, der Jungfrau Maria in ihrer Haltung zum Wort Gottes nachzueifern. So wie sie „alles treu in ihrem Herzen bewahrte“, lädt uns Radio Maryja ein, über das Wort Gottes nachzudenken und es tief zu schätzen. In einer Zeit der „Zivilisation des Todes“, des Relativismus und der neuen totalitären Genderideologie hat Radio Maryja eine prophetische Mission übernommen. Wie die Propheten des Alten Testaments scheut der Sender nicht davor zurück, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, die Sünde aufzudecken und zur Umkehr aufzurufen.
Angesichts der Reduzierung des Menschen auf biologische, psychologische oder ökonomische Dimensionen verkündet Radio Maryja eine ganzheitliche Sicht des Menschen als Ebenbild Gottes (imago Dei), berufen zur Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen. Angesichts der kulturellen Revolution, die die Familie angreift, verteidigt der Sender die Theologie der Ehe und der Familie als „communio personarum“, als lebendiges Abbild des dreieinigen Gottes. In einer Zeit des ethischen Relativismus strebt Radio Maryja danach, ein reifes Gewissen zu formen, das in einer komplexen Wirklichkeit zu moralischer Urteilsfähigkeit fähig ist. Im Lichte der dogmatischen Konstitution Lumen Gentium verkörpert Radio Maryja in besonderer Weise den kollegialen Charakter der Kirche und wird zu einem Ort, an dem das Volk Gottes – in seiner Vielfalt an Ständen, Berufungen und Charismen – seinen Glauben zum Ausdruck bringt, Gemeinschaft bildet und die Pilgerreise zum himmlischen Vaterland unternimmt. Durch seinen Bildungsauftrag zeigt Radio Maryja, dass Heiligkeit nicht wenigen Auserwählten vorbehalten ist, sondern Gabe und Aufgabe für jeden Christen. Sie ist ein Werkzeug zur Verwirklichung der universalen Heiligkeit.
Möge die selige Jungfrau Maria, Mutter der Kirche und Königin von Polen, die dieses Werk von Anbeginn an begleitet hat, es mit ihrem Schutz umgeben, um die notwendigen Gnaden bitten und es leiten – zur Ehre Gottes, zum Heil der Seelen und zum Wohl Ihres geliebten Vaterlandes.
Maria, Unsere Liebe Frau vom Radio Maryja, bitte für uns!
Heiliger Erzengel Gabriel, Patron der Kommunikation, bitte für uns!
Heilige Faustina, Apostelin der Göttlichen Barmherzigkeit, bitte für uns! Amen.
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