18. Oktober 2025 in Kommentar
Gedanken aus dem Auenland - Kommentar von Nikolaus Lobkowicz
Prag (kath.net)
Wenn man heutzutage sagt „Ich glaube den Medien nicht mehr“, dann ist das fast so, als würde man sich „outen“. Dieser „denglische“ Ausdruck bezeichnet ja üblicherweise den Vorgang, dass sich jemand offen zu etwas bekennt, was als gesellschaftlich verpönt gilt. Also, zum Beispiel, wenn man sich als Homosexueller zu erkennen gab, in Zeiten, wo das noch als moralisch verwerflich galt. Das ist heute nicht mehr der Fall, und dass das so ist, wird gemeinhin als grosser Erfolg des Fortschritts unserer Gesellschaft gesehen. Im Falle des Medien Skeptikers outet man sich allerdings als Anhänger einer Gesinnung, von der die meisten Menschen heute in etwa so automatisch Distanz halten, wie man das früher mit Lepra Kranken gemacht hat. Man will lieber nicht „in die selbe Kiste“ mit „solchen Leuten“ gesteckt werden. Leuten, wegen denen es heute offenbar die sog. „unabhängigen Fakten Checker“ geben muss, die alle möglichen „Desinformationen“ als solche entlarven und so die öffentlich rechtlichen sowie die grossen Mainstream Medien vor dem Vorwurf der Einseitigkeit, des Fakten Verschweigens oder sogar der Lüge zu beschützen.
„Schwurbler“, so nennt man heute solche Medien Skeptiker. Oder Verschwörungstheoretiker. Alu Hut Träger. Corona Leugner. Klima Leugner. Querdenker. Das allein wäre aber alles noch nicht so schlimm- jede Familie hat ja immer so den einen gewissen Onkel, der zwar mit seinen immer etwas über-aufgeregt vorgebrachten Theorien die Augenroll Muskulatur des Rests der Familie wohl trainiert hält, aber bis gerade eben noch als harmlos, und sogar eigentlich ganz liebenswert galt. Jetzt ist der allerdings nicht mehr liebenswert, dieser Onkel- denn, jetzt ist er nämlich „rechts“.
Also, vermutlich, halt. Weil, solche Theorien wie der Onkel sie hat, wie zum Beispiel die von den „ideologisch gleich geschalteten Medien“, das sind so „Schlagwörter“ die doch sonst nur ehemalige Pegida Teilnehmer verwenden, und heute die vermaledeiten AfD Wähler. Rechte halt, gell. Und von Leuten, die „rechts“ sind, muss man sich heute so fern halten, wie das vor gar nicht so langer Zeit mit den Homosexuellen gemacht wurde.
Die sind halt so anstrengend, diese Rechten. Und man will eben nicht mit denen, also „solchen Leuten“, in Verbindung gebracht werden, weil man ja nicht selber auch in den Verdacht geraten will, eventuell „rechtes Gedankengut“ zu erwägen. Diesen Stress erleben wahrscheinlich ganz besonders stark diejenigen unter uns, die sich bis heute trotzig weigern anzuerkennen, dass das, was politisch heutzutage stur und geradezu beschwörend noch als „Mitte“ bezeichnet wird, im Grunde genommen längt stramm links geworden ist. Ja, man müsse halt Kompromisse machen, hört man dann manchmal aus den Reihen selbstdeklarierter Konservativer. Stimmt natürlich, eh klar, Demokratie ist ja die hohe Kunst guter Kompromisse. Nur, dass es mittlerweile recht schwierig geworden ist, Kompromisse von Unterwerfung zu unterscheiden- besonders dann, wenn Konservative sich längst lauter linke Themen zu eigen gemacht haben, wie zB den Klimawandel Kult, um hier mal nur ein stark polarisierendes Thema zu nennen.
„Jetzt ist aber Schluss“ höre ich da den einen oder anderen empört ausrufen. „Ich bin doch nicht links, weil ich den C Parteien die Stange halte!“ Recht hat er- zumindest insofern, als das dieser empörte
Mitte-Mensch sicher das allermeiste, wenn nicht sogar fast alles, was die derzeitige, konservativ geführte Koalition in Deutschland aufführt, grauenhaft findet.
Die C Parteien machen derzeit stramm linke Politik mit. Warum? Vielleicht, weil sie offenbar ebenfalls auf keinen Fall als „rechts“ bezeichnet werden wollen!? Menschlich wäre das absolut nachvollziehbar- denn, diese armen Politiker haben ja selber auch Familien, Freundeskreise usw… und da ist es halt einfach schöner, wenn einen alle lieb haben.
Aus der Sicht von jemand der aus einem überwiegend christlich-konservativem gesellschaftlichen Kontext kommt, ist es heute wesentlich einfacher zu sagen „ich bin schon eher links“, als zu sagen „ich bin doch eher rechts“. Das eine klingt irgendwie bohème und nobel, vielleicht weil es impliziert, dass man halt viel Wert auf soziale Gerechtigkeit legt. Das andere, naja, klingt halt schon ziemlich braun-spiessig, unbarmherzig und engstirnig. Deswegen sind diejenigen, die sich auf keinen Fall mit „links“ identifiziert wissen wollen, zu einer ständigen Haltung der Rechtfertigung gezwungen, die dazu führt, dass man durch offensiv zur Schau gestellte Differenziertheit den Anschein wahren will, dass man irgendwie über den Dingen steht. Die deutlich einfachere Art damit umzugehen ist jedes politische Gespräch welches potentiell kontrovers werden könnte einfach zu meiden. Das gelingt nur, indem man denen, von denen man weiss, dass so ein Gespräch „passieren“ könnte, aus dem Weg geht. Ganz so, wie man früher den bereits erwähnten Leprakranken aus dem Weg gegangen wäre.
Das Interessante an dem Moment in dem wir leben ist allerdings, dass immer offensichtlicher wird, in welchem Ausmass sich die jahrelang mit Empörung abgelehnte (und ständig von sog. Fakten Checkern „debunkte“) Unterstellung bewahrheitet, dass die erschlagende Mehrheit des etablierten medialen Mainstreams tatsächlich einseitig ideologisch agiert.
Es ist mittlerweile ziemlich schwierig geworden zu übersehen, dass ideologisch im medialen Mainstream doch ein offenbar stark linkslastiger ideologischer Schulterschluss besteht, der gegenüber eigentlich allem extrem intolerant ist, was nicht links ist.
Ein krasses Beispiel dafür ist der Fall Charlie Kirk, dessen Wirken eine von deutschem Steuergeld bezahlte und vertraglich zur Objektivität verpflichtete Tagesthemen Moderatorin als „abscheulich“ wertete. Ein anderes, vielleicht noch krasseres Beispiel ist das Attentat auf den Islam Kritiker Michael Stürzenberger, welches dieser nur knapp überlebte- und dann medial (zB jüngst in der Bild) namentlich nicht mal erwähnt wurde, als der illegal in Deutschland weilende Attentäter unlängst zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Zwei prominente Beispiele unter sehr vielen- zu vielen.
Worauf das mediale Verschweigen und Verharmlosen gewisser Umstände seitens der sog. Mainstreqm Medien hinweist, ist, dass es offenbar innerhalb einer gewissen Gruppe einen starken Unwillen dahingehend gibt, sich von der Realität überführen zu lassen. Was diese Gruppe zusammenhält, ist die Überzeugung, dass wir Menschen uns selbst am Schopf aus dem Morast ziehen können, wenn wir uns nur genug Mühe geben. Das Kollektiv kann alles schaffen, lautet hier das unausgesprochene Credo. Und wenn das nicht klappt, wird die Schuld dafür nicht bei der irreführenden Idee gesucht, sondern bei dem, der gesagt hat, dass das nicht funktionieren kann. Es wird dann behauptet, dass das Münchhausen-Stück nur deswegen nicht funktioniert hat, weil nicht genug Leute daran geglaubt haben. Umso grösser ist dann auch die Wut auf diejenigen, die sich „verweigert“ haben- und um die doch noch dazu zu bringen, mit im Gleichschritt des Unsinns zu marschieren, wird alles mobilisiert was geht. Im Grunde beschreibt diese Dynamik das Wesen jeder Tyrannei zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte. Die um das Klima, Gleichberechtigung und „unsere Demokratie“ besorgten Gut-Menschen wollen sich durch „Hate Speech“ Gesetze vor unliebsamen Äusserungen schützen (indem gewisse Meinungsäusserungen von Gesetz wegen als strafbar deklariert werden), scheuen aber ihrerseits nicht davor zurück, andere als Klima oder Corona Leugner zu bezeichnen (was schrecklich ähnlich wie Holocaust Leugner klingt), oder eben als Schwurbler, Islamophob, rechtsextrem, usw.
Das erzeugt ein Klima, welches bis hinein in viele Familien für eine ungesunde Befangenheit im Umgang miteinander führt. Diese Befangenheit rührt daher, dass wir uns gegenseitig viel zu oft als unbelehrbar und stur abgestempelt haben. Und dieses Urteil übereinander erzeugt eine Sprachlosigkeit, die sich vor allem auf der Beziehungsebene sehr limitierend und verarmend auswirkt. Aus ungelösten Konflikten über gesellschaftspolitische Fragen tröpfelt Gift in unsere Beziehungen- angefangen in vielen Ehen, über die Familien, bis hinein in die ganze Gesellschaft. Das ist das Wesen, der Kern der Polarisierung, an der wir alle leiden- egal welchem „Lager“ wir angehören.
Unlängst habe ich einen Dialog mit einer von mir sehr geliebten Tante begonnen, mit der ich vor Jahren bei Facebook immer wieder sehr hart aneinander geraten war, aufgrund unserer sehr unterschiedlichen Sichten auf ein bestimmtes Thema. Das Resultat dieses Konflikts war eine jahrelange, peinliche Sprachlosigkeit- jedenfalls von meiner Seite. Ich hatte mir ihre teils sehr harsch klingenden Kommentare doch mehr zu Herzen genommen als ich mir das eingestehen wollte- und sah mich nunmehr selbst durch ihre Augen als die Summe meiner „unmöglichen Meinungen“.
Dann nahm ich mir vor einigen Tagen ein bestimmtes kontroverses Thema zum Anlass, um besagter Tante eine sehr lange Sprach Nachricht zu schicken- welche sie, zu meiner grössten Freude, mit einer noch längeren Nachricht beantwortete. Und so ging es dann hin und her und wieder zurück. Auf mich hat dieser (andauernde) Austausch eine geradezu therapeutische Wirkung- denn, der grosse Vorteil von Sprachnachrichten ist ja, dass man sich gegenseitig aussprechen lassen muss, ohne sich unterbrechen zu können. Die Stimme der anderen Person zu hören ist etwas völlig anderes als nur Sätze zu lesen. Viel mehr Fehlbarkeit, Verwundbarkeit, Wärme, Humor, Leidenschaft. Inhaltlich sind wir uns nach wie vor meistens uneinig- aber, was jetzt überwiegt, ist die Freude am sich hören, sowie am gehört werden. Die Beziehung ist wieder wichtiger als die Meinung.
Und genau das ist vielleicht eine ganz praktische Lösung für die unselige Polarisierung: Beziehung über Meinung.
Die andere Wange hinhalten, gerade demjenigen, dessen Watsche noch heiss im eigenen Gesicht brennt. Vergeben- und durch einen konkreten Schritt Versöhnung anbieten. Aber- ruhig auch in der eigenen Überzeugung stehen bleiben, auch wenn es weiter schwer ist. Nicht stur und verbohrt, sondern -ganz im Gegenteil- im Bewusstsein unserer Beschränktheit immer auf Überführung hoffend. „Fiat“ gegen selbstgerechte Rechthaberei.
Hier sind vor allem die Christen unter uns gefordert- denn, dieser Weg ist natürlich eine Form von Martyrium. Schliesslich bezeugen wir durch unser Leben, unsere Entscheidungen und Handeln den, dem wir nachfolgen. Es ist Jesu Beispiel, das überzeugt und überführt. Und es ist der heilige Geist, der die Gnade schenkt, die wir für das brauchen, was oft unmöglich erscheint. Untereinander, also mit anderen Christen, müssen wir anfangen. Und dann müssen wir uns an diejenigen wenden, welche die Wahrheit (Jesus) ablehnen und vielleicht sogar hassen- und die gibt es „rechts und links“. Uns muss klar sein, dass wir Christen es sind, von denen das Wie der Zukunft unserer Gesellschaft abhängt. Niemand sonst hat „die Wahrheit, den Weg und das Leben“.
Seien wir dieser heilbringenden Bürde würdig.
Nikolaus Lobkowicz lebt mit seiner Familie in Tschechien. Seit Oktober 2025 erscheint seine neue Kolumne "Gedanken aus dem Auenland" regelmäßig auf kath.net.
© 2025 www.kath.net