Die Anfänge des Mönchtums in Ost und West - Teil 2

27. September 2025 in Chronik


„Im frühen 4. Jahrhundert entwickelte sich das Mönchtum im Christentum in unterschiedlichen Formen, die von strengem Einsiedlertum bis hin zur organisierten klösterlichen Gemeinschaft reichten.“ Von Archimandrit Dr. Andreas-Abraham Thiermeyer


Eichstätt (kath.net) Die Anfänge des westlichen Mönchtums

1. Allgemeiner Überblick: Übernahme, Verzögerung, Eigenprofil
Das westliche Mönchtum entstand aus der Verbindung dreier Stränge: aus der frühchristlichen Askese, aus der Aufnahme östlicher monastischer Formen – besonders der ägyptischen – und aus neuen westlichen Experimenten in Hausgemeinschaften, ländlichen Gütern und bischöflich geförderten Klerikerverbänden ab der Mitte des 4. Jahrhunderts⁸⁶. Frühasktische Kreise von Aristokratinnen in Rom, etwa um Marcella und Paula auf dem Aventin, sowie erste gallische Klostergründungen wie die Martinsklöster von Ligugé und Marmoutier gaben die entscheidenden Impulse, bevor das westliche Mönchtum eigene theologische und organisatorische Profile gewann, maßgeblich durch Augustinus, Hieronymus und Johannes Cassian⁸⁷. Im Vergleich zum Osten setzte es etwa ein halbes Jahrhundert später ein, erreichte aber im 6. Jahrhundert mit Benedikt von Nursia seine klassische Gestalt⁸⁸.

2. Frühformen im Westen (4.–5. Jh.): Hausgemeinschaften, Klerikerverbände, gallische Keimzellen
Frühformen im Westen zeigten sich in aristokratischen Hausgemeinschaften und auf Landgütern, wo wohlhabende Christen Gebet, Schriftlesung und Enthaltsamkeit verbanden. Marcella in Rom, später Paula und ihre Tochter Eustochium, gründeten so etwas wie Hausklöster, die zugleich Frauenbildung und Diakonie ermöglichten⁸⁹. Auch Bischöfe initiierten monastisch inspirierte Lebensformen: Eusebius von Vercelli führte um die Mitte des 4. Jahrhunderts eine gemeinschaftliche Lebensweise seines Klerus ein, die sich an monastischen Idealen orientierte⁹⁰. In Gallien schließlich prägte Martin von Tours mit seinen Klöstern Ligugé und Marmoutier eine asketische Form, die durch die Vita Martini des Sulpicius Severus weithin bekannt wurde. Früh im 5. Jahrhundert entstand in Lérins unter Honorat eine bedeutende Schule des Westens, die eine Zwischenform von Eremitentum und Gemeinschaft entwickelte⁹¹.

3. Drei Grundfiguren der westlichen Frühzeit
Drei Gestalten sind für die westliche Frühzeit besonders prägend. 
1. Augustinus von Hippo (354–430) zog sich nach seiner Bekehrung zunächst nach Cassiciacum zurück, wo er mit Freunden philosophisch-asketische Gespräche führte. Bald gründete er in Thagaste und später in Hippo Gemeinschaften, die er nach seiner Bischofsweihe auch auf den Klerus ausdehnte. Seine Regel – in Briefen und Predigten zusammengefasst – betont Gemeinschaftssinn, Schriftlesung, Gebet, Besitzgemeinschaft, Maß und Seelsorge⁹². In „De opere monachorum“ unterstrich er die Pflicht zur Arbeit und wandte sich gegen geistigen Müßiggang⁹³. Augustins Klöster zeichneten sich durch Maß und Bildungsfreundlichkeit aus und prägten das westliche Verständnis von Gemeinschaft⁹⁴.
2. Hieronymus (347–420) bildete in Rom mit aristokratischen Frauen um Marcella einen Kreis asketischer Studierender. Später zog er mit Paula und Eustochium nach Bethlehem, wo sie Doppelklöster für Männer und Frauen sowie ein Pilgerhospiz gründeten. Seine Briefe sind zugleich asketische Programmschriften und Belege für die enge Vernetzung zwischen Ost und West⁹⁵. 
3. Johannes Cassian (ca. 360–435) schließlich brachte die Erfahrungen der ägyptischen Wüste nach Marseille. Dort gründete er die Klöster von St-Victor für Männer und ein Frauenkloster. Seine Werke, die „Instituta“ über äußere Ordnung und die „Collationes“ über innere Schulung, wurden für den Westen grundlegend. Benedikt von Nursia empfahl später ausdrücklich ihre Lektüre⁹⁶.

4. Merkmale westlicher Frühformen (vor Benedikt)
Das frühe westliche Mönchtum betonte die Gemeinschaft stärker als das Eremitentum. Maß, gegenseitige Korrektur und Dienst standen über extremen asketischen Leistungen⁹⁷. Gebet, Schrift und Arbeit wurden als Einheit gesehen, Handarbeit diente als Mittel gegen Müßiggang⁹⁸. Bildung spielte eine herausragende Rolle: Alphabetisierung, Bibellektüre und Schreibtätigkeit waren zentrale Aufgaben der Klöster⁹⁹. Frauenmonastik, wie sie Paula und Eustochium in Bethlehem entwickelten, bildete ein eigenständiges Feld und verband Bildung mit Gastfreundschaft¹⁰⁰.

5. Benedikt von Nursia († 547): Konsolidierung und Kanonisierung
Mit Benedikt von Nursia erreichte das westliche Mönchtum im 6. Jahrhundert seine Konsolidierung. In seiner Regel verwies er ausdrücklich auf Basilius und Cassian¹⁰¹. So zeigt sich die Verbindung von Ost und West. 

6. Augustinus – vertieft 
Augustins Lebensweg vertieft diesen Zusammenhang: Nach seiner Bekehrung gab er Karriere und geplante Ehe auf, lebte zunächst in einer Gemeinschaft in Cassiciacum, kehrte dann nach Afrika zurück und gründete dort weitere Klöster. In Hippo, wo er ab 395/96 Bischof war, etablierte er ein Klerikerkloster am Bischofshof, in dem Gelübde mit dem Klerikerstand verbunden waren. Gemeinschaft, Freundschaft, Arbeitspflicht und Liebe bildeten die zentralen Pfeiler dieser augustinischen Form¹⁰².

7. Nachwirkungen und Migrationen
Nach den arabischen Eroberungen im 7. Jahrhundert ging das nordafrikanische Christentum stark zurück. Teile der dortigen Klostertradition, Heiligenkulte und Schriften wurden nach Italien, Sardinien und Südgallien übertragen und trugen zur Weiterentwicklung der westlichen Klosterformen bei¹⁰³.

Fazit
Die westlichemonastische Bewegung begann im Schatten östlicher Vorbilder, gewann jedoch rasch ein eigenes Profil: Gemeinschaft statt extremem Eremitentum; Gebet, Schrift, Arbeit in ausgewogenem Maß; Bildung und Caritas als soziale Praxis. Augustinus, Hieronymus und Cassian gaben dem Westen das theologische und organisatorische Grundgerüst; Benedikt fasste es in eine dauerhafte Regel. So erklärt sich die oft beobachtete „50-Jahre-Verzögerung“ – und zugleich die Eigenart des Westens: weniger Wüste, mehr Koinobium, Seelsorge und Stadt-Nähe.

Benedikt von Nursia – Konsolidierung des westlichen Mönchtums

1. Leben, Quellenlage und Kontext
Das Leben Benedikts (ca. 480–547) ist vor allem durch das zweite Buch der „Dialoge“ Papst Gregors des Großen überliefert. Zwar ist dieser Text stark hagiographisch geprägt, doch gilt die Grundlinie als historisch zuverlässig. Benedikt stammte aus gutem Haus, wurde zum Studium nach Rom geschickt, brach seine Studien aber enttäuscht vom Sittenverfall ab und lebte zunächst als Einsiedler in Subiaco. Bald entwickelte er sich zum Gründer und Lehrer einer geordneten Gemeinschaft¹⁰⁴¹⁰⁵. Um 529 gründete er auf dem Monte Cassino zwischen Rom und Neapel ein Kloster, an einem Ort, der zuvor ein heidnisches Heiligtum gewesen war¹⁰⁶.

2. Vom Eremiten zur „Schule des Herren-Dienstes“
Sein bleibendes Werk ist die Regula Benedicti. Im Prolog beschreibt er das Kloster als „Schule des Herren-Dienstes“ und betont ausdrücklich Maß und Milde: „nichts Hartes, nichts Schweres“, soweit es der Liebe dient¹⁰⁷. Bereits im ersten Kapitel ordnet er die Mönchsarten: Vorrang haben die Koinobiten, die in Gemeinschaft nach Regel und unter einem Abt leben; die Anachoreten sollen erst nach reifer Klostererfahrung zugelassen werden; die Sarabaiten und Gyrovagen dagegen beurteilt er kritisch und lehnt ihr unstetes Wandermönchtum ab¹⁰⁸.

3. Führungsstil und gemeinschaftliche Ordnung
Benedikt stellt das Kloster patriarchalisch unter die Leitung des Abtes, doch Kapitel 3 der Regel schreibt ausdrücklich die Beratung der ganzen Gemeinschaft vor. Oft, so heißt es dort, offenbare der Herr dem Jüngeren, was das Bessere ist. Die Entscheidung liegt zwar beim Abt, doch bleibt die Mitwirkung der Brüder wichtig¹⁰⁹. Alle Mönche, ob Freie oder Sklaven, sollten gleich behandelt werden, denn „wir sind alle eins in Christus“. Damit öffnete Benedikt den Weg auch für Menschen niederer Herkunft, sofern sie Gott ernstlich suchten¹¹⁰.

4. Gebet, Arbeit, Lesen: Architektur des Tages
Der Tagesablauf verband Gottesdienst, Handarbeit und geistliche Lesung. In den Kapiteln 8 bis 20 ordnet Benedikt das Stundengebet, in Kapitel 48 die Arbeit und die lectio divina. „Müßiggang ist der Seele Feind“, heißt es dort, und so solle es feste Zeiten für Handarbeit und für Lesung geben. Aus dieser Trias entstand später das Schlagwort ora et labora, auch wenn es in der Regel selbst nicht wörtlich vorkommt¹¹¹ ¹¹². Besonders eindrucksvoll ist Kapitel 53 über die Gastfreundschaft: „Alle Gäste seien wie Christus aufgenommen.“ Gastfreundschaft wurde so zu einer spirituellen wie sozialen Weitung des Klosterideals¹¹³.

5. Aufnahme und Versprechen
Für die Aufnahme verlangte Benedikt eine sorgfältige Prüfung. Die Regel sollte dem Kandidaten mehrfach vorgelesen werden; nach einem etwa einjährigen Noviziat legte er feierlich Profess ab. Dabei versprach er Stabilität, conversatio morum – also Bekehrung des Lebens – und Gehorsam. Diese Gelübde galten auf Lebenszeit und waren an das Bleiben im Kloster gebunden¹¹⁴ ¹¹⁵. Eigentum war untersagt; alles stand der Gemeinschaft zu (Kap. 33). Auch Handwerker sollten ihre Arbeit ehrlich ausführen, Gewinnsucht war streng verboten (Kap. 57)¹¹⁶ ¹¹⁷.

6. Kultur, Bildung und wirtschaftliche Ausstrahlung
Weil Benedikt das Lesen fest in den Tagesablauf integrierte, wurden Klöster zu Schulen der Schrift. Bald entwickelten sich Scriptorien, die Handschriften sammelten und kopierten. Damit wurden Klöster zu Bildungszentren und Hütern der Buchkultur¹¹⁸ ¹¹⁹. Parallel dazu zeigt das Beispiel Cassiodors Vivarium, wie klösterliche Lebensform und Gelehrsamkeit zusammengehen konnten; sein Programm förderte das Kopieren sowohl klassischer als auch christlicher Literatur¹²⁰.

7. Rezeption: Von Monte Cassino zur Norm im Abendland
Benedikts Regel verbreitete sich zunächst regional. Erst im Karolingerreich wurde sie durch Benedikt von Aniane und die Synoden von Aachen (816–819) zur allein maßgeblichen Norm für das abendländische Mönchtum¹²¹ ¹²².
Benedikt war kein radikaler Neuerer, sondern ein Konsolidierer. Er überführte das asketische Ideal in eine tragfähige Sozialform. Das Kloster als „Schule des Herrn“ ordnete Gebet, Arbeit und Lesung, bewahrte Maß und Milde, band die Mönche lebenslang an Ort und Gemeinschaft und öffnete sich zugleich in Gastfreundschaft. Darin liegt die Erklärung für die enorme Langzeitwirkung seiner Regel, die nicht nur das westliche, sondern indirekt auch das östliche Mönchtum prägte.

Fazit
Benedikt ist ein „Konsolidierer“: Er überführt das asketische Ideal in eine tragfähige Sozialform. Das Kloster als „Schule“ ordnet Gebet, Arbeit und Lesung, bewahrt Maß und Milde, bindet Menschen lebenslang an Ort und Gemeinschaft und öffnet sich zugleich in Gastfreundschaft. Darin liegt die Erklärung für die enorme Langzeitwirkung der Regel – im Osten (als Referenz neben Basilius) wie im Westen (über Cassian und vor allem die karolingische Rezeption), in Liturgie, Bildung, Wirtschaft und Kultur.

Das Mönchtum und seine Bedeutung für die säkulare Welt – historisch und heute (mit Blick auf den Nahen Osten, Kleinasien, den Mittelmeerraum, Europa und den slawischen Bereich)

1. Worum es geht: Von der Wüste in die Welt
Obwohl Mönche erklärtermaßen „für Gott“ lebten, prägten sie zugleich in vielfältiger Weise die säkulare Welt. Schon in der Spätantike und im Mittelalter waren Klöster Knotenpunkte von Wissen, Bildung, Wirtschaft und sozialer Fürsorge. Sie bewahrten Bücher, organisierten Landwirtschaft und Handwerk, wirkten als Lehrer, Heiler und Gastgeber. Lange vor der Industrialisierung bildeten sie zentrale Stützpunkte von Kultur und Zivilisation. Benedikts Regel machte das Lesen und die Bibliothek zum Alltag, und die Skriptorien kopierten Bibeltexte wie klassische Werke. Damit legten sie Grundlagen für Verwaltung, Rechtspflege und die Entstehung der Universitäten¹²³ ¹²⁴.

2. Grundfunktionen (Spätantike–Mittelalter): Wissen, Heilkunst, Infrastruktur
Die Grundfunktionen klösterlicher Kultur lassen sich in drei Bereichen zusammenfassen: Wissen, Heilkunst und Infrastruktur. Klöster etablierten Schreibstuben und standardisierten Schriften, etwa die karolingische Minuskel, die sich als gut lesbare Verwaltungsschrift durchsetzte¹²⁵. In der Buchmalerei steht das Book of Kells exemplarisch für die künstlerische Hochkultur insularer Klöster¹²⁶. Daneben waren Klöster Zentren des Gesundheitswesens: aus den diaconiae und xenodochia entwickelten sich Hospitäler für Kranke, Arme und Pilger. Ein frühes Großprojekt war die Basileías in Cäsarea mit Einrichtungen für Leprakranke¹²⁷. Der St. Galler Klosterplan aus dem 9. Jahrhundert zeigt eindrucksvoll Infirmarien, Ärztehäuser, Aderlassräume und Heilkräutergärten als integrale Bestandteile des Klosterlebens¹²⁸. Auch wirtschaftlich waren Klöster prägend: Zisterzienser professionalisierten Landwirtschaft und Handwerk, bauten Grangien, Mühlen, Teiche, Eisenverarbeitung und Wollhandel aus und prägten so die Kulturlandschaften Europas¹²⁹.

3. Naher Osten - Kleinasien: Wissenstransfer, Bibliotheken, heutige Vermittlungsarbeit
Im Nahen Osten und in Kleinasien bewahrten Klöster ebenfalls Wissen und Kultur. Das Katharinenkloster am Sinai, gegründet im 6. Jahrhundert, gilt als eines der ältesten kontinuierlich bewohnten Klöster und verfügt über eine herausragende Manuskriptbibliothek. Moderne Projekte wie das Sinai Palimpsests Project nutzen Multispektraltechnik, um verborgene Texte zu erschließen¹³⁰. Die ägyptische und griechische Politik sichern dem Kloster bis heute besonderen Schutz¹³¹. Auch die Lavra Mar Saba in der judäischen Wüste prägte Liturgie und Übersetzungen und stand in engem Austausch mit Konstantinopel¹³². Besonders wichtig war der syrisch-arabische Wissenstransfer: Übersetzer wie Ḥunayn ibn Isḥāq machten griechische Medizin und Philosophie im arabischen Raum zugänglich, was später für Europas Renaissance entscheidend wurde¹³³. Ein modernes Beispiel für monastische Präsenz im Nahen Osten ist Deir Mar Musa in Syrien, das auf Gastfreundschaft, interreligiösen Dialog und Friedensarbeit setzt¹³⁴.

4. Mittelmeerraum - Westeuropa: Wein, Manuskripte, materielle Kultur
Auch im Mittelmeerraum und in Westeuropa war das Mönchtum prägend. Zisterzienser legten systematisch Weinlagen in Burgund an; das Clos de Vougeot gilt als Musterbeispiel historischer Klosterweinbaukunst¹³⁵. Der Mythos, Dom Pérignon habe den Champagner „erfunden“, ist zwar neuzeitlich überhöht, doch zeigt er die Verbindung von Klöstern und Weinkultur¹³⁶. Benediktiner und Kathedralschulen prägten das Bildungswesen. Unter Alkuin verbreitete sich die karolingische Minuskel als einheitliche Verwaltungsschrift¹³⁷. Klöster wurden über Jahrhunderte Bildungszentren und Hüter der Buchkultur¹³⁸. Sie setzten auch Maßstäbe in der Lebensmittelkultur: Weihenstephan in Bayern beansprucht die älteste kontinuierlich betriebene Brauerei (Lizenz 1040), und Hildegard von Bingen beschrieb die konservierende Wirkung des Hopfens¹³⁹. Heute sichern Trappisten mit dem Label „Authentic Trappist Product“ Qualitäts- und Gemeinwohlstandards¹⁴⁰. Selbst die Erfindung der Brille im späten 13. Jahrhundert diente zunächst den Bedürfnissen klösterlicher Schreiber¹⁴¹.

5. Der slawische Bereich: Schrift, Mission, Staatsbildung
Im slawischen Bereich hatten Klöster eine ebenso grundlegende kulturelle Funktion. Kyrill und Method entwickelten das Glagolitische Alphabet und übersetzten die Bibel ins Altkirchenslawische, wodurch eine liturgisch-literarische Standardsprache entstand, die bis heute nachwirkt¹⁴². Klöster wurden zu Trägern der Kultur und der Staatsbildung. Die Kiewer Pecherskaja Lawra diente als geistliches Zentrum und als Ort der Chronistik, verbunden mit dem Mönch Nestor¹⁴³. Der Athos mit Klöstern wie Hilandar oder das Rila-Kloster in Bulgarien wurden nationale Identitätsanker und sind bis heute UNESCO-Welterbe¹⁴⁴. Auch in der Gegenwart sind slawische Klöster Orte von Zuflucht und sozialer Hilfe, etwa die Univ-Lavra in der Ukraine¹⁴⁵.

6. Rollenprofile, die die säkulare Welt prägten
Die Rollenprofile, in denen Mönche die säkulare Welt prägten, waren vielfältig: Sie waren Lehrer und führten Klosterschulen, sie wirkten als Seelsorger und Prediger, als Ärzte und Kräuterkundige, als Landwirte und Ingenieure, als Schreiber und Forscher, als Brauer, Winzer und Gastgeber. Ein moderner Beleg für die Forschungsrolle ist Gregor Mendel, der im 19. Jahrhundert im Kloster Brünn seine Kreuzungsversuche durchführte und so zum „Vater der Genetik“ wurde¹⁴⁶.

7. Gegenwart: Warum Klöster heute noch „zählen“
Heute sind Klöster zugleich Kulturerbe, Museen, Archive – und lebendige Orte (St. Antonius, Monte Cassino, Sinai, Athos, Rila, Grottaferrata, St. Gallen, Toley, St. Peter/Salzburg, Weltenburg etc.). Digitale Großprojekte (Sinai) verbinden Spitzentechnologie und Geisteswissenschaft, soziale Akteure und Orte des Dialogs. Viele stehen auf der UNESCO-Liste, andere engagieren sich in Hilfsdiensten und Flüchtlingshilfe, manche sind Zentren interreligiösen Austausches. Sie finanzieren sich über Produkte wie Bier, Käse, Bücher oder Kräuter und sichern so ihr Überleben und ihre caritative Arbeit¹⁴⁰. In einer säkularisierten Welt behalten Klöster auf diese Weise eine bleibende kulturelle und spirituelle Bedeutung.

Fazit
Das Mönchtum war nie weltfremd: Es erdete Glauben in Bildung, Pflege, Arbeit – von der Wüste Ägyptens über Athen, Burgund und Irland bis Kiew. Klöster prägten Wissensspeicher (Bücher, Sprachen, Übersetzungen), Infrastruktur (Hospitäler, Mühlen), Kulturlandschaften (Weinlagen, Gärten) und Güter – und tun es in Teilen bis heute. In Nahost und Europa bleiben sie – trotz Herausforderungen – Orte des Dialogs, der Hilfe und der kulturellen Selbstvergewisserung.
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Allgemeine Literatur 
•    Für Quellen eignen sich in deutscher Sprache besonders die Reihen Fontes Christiani (zweisprachig) und die Bibliothek der Kirchenväter (viele Texte frei online). (Amazon, bkv.unifr.ch)
•    Für lexikalische Kurzbelege und aktuellen Forschungsstand sind LThK³, TRE und RAC auf Deutsch die ersten Anlaufstellen.

Allgemeine Literatur zu den einzelnen Abschnitten
Allgemein / Askese 
•    Peter Brown, Die Keuschheit der Engel. Sexuelle Entsagung, Askese und Körperlichkeit im frühen Christentum. München 1994 (dt. Übers. von The Body and Society, 1988). Passt besonders zu 4, 12, 13, 44. (lhomme-archiv.univie.ac.at, H-sozkult)
•    Karl Suso Frank (Hg.), Askese und Mönchtum in der Alten Kirche (Wege der Forschung 409). Darmstadt 1975. Grundlegend zu Askese-Begriffen und Quellen (1, 10–12, 19–20). 
•    LThK³ – einschlägige Artikel Mönchtum, Askese, Antonius, Pachomius, Basilius u.a. (1993–2001). Handliches deutschsprachiges Nachschlagewerk für fast alle Endnotenblöcke. (Amazon)
•    RAC – Reallexikon für Antike und Christentum, Lemma Askese, Mönchtum u.a. (mehrbändig, fortlaufend). Gute deutschsprachige Forschungsüberblicke (1–5, 18–20, 24). (rac-online.org, Wikipedia)
•    Peter Gemeinhardt, Geschichte des Christentums in der Spätantike (Lehrbuch). Tübingen 2013/2020. Kontext zu Askese/Frömmigkeitspraktiken (1–5). 
Antonius / Anachorese 
•    Athanasius, Vita Antonii / Leben des Antonius (zweisprachig, Reihe Fontes Christiani, Bd. 5). Freiburg u.a.: Herder, mehrfach aufgelegt. Deutsche Studienausgabe zu 6, 28–33, 45–48. 
•    Peter Gemeinhardt, Antonius. Der erste Mönch. Leben – Lehre – Legende. München 2013. Kompakter deutschsprachiger Überblick (28–33, 50–53). 
•    Apophthegmata Patrum (dt.): Benedicta Ward, Die Weisungen der Wüstenväter. Maria Laach 1986 (in Ihren Endnoten bereits genutzt, vertiefend zu 35, 41–42).
•    Gregor von Nazianz, Oratio 43 (Gedenkrede auf Basilius; historischer Kontext der asketischen Bewegung). Deutsche Übersetzungen in der Bibliothek der Kirchenväter. Nützlich für Wirkgeschichte des antonianischen Ideals (28, 45–48). (bkv.unifr.ch)
Pachomius / Koinobitentum 
•    Heinrich Bacht SJ, Das Vermächtnis des Ursprungs. Studien zum frühen Mönchtum II: Pachomius – Der Mann und sein Werk. Würzburg 1983. Standardwerk auf Deutsch zu Regel, Koinonia, Zahlenangaben (54–60). (JSTOR, Brill)
•    Theofried Baumeister, „Der aktuelle Forschungsstand zu den Pachomiusregeln“, in: Münchener Theologische Zeitschrift 40 (1989), 313–321. Präzise deutsche Übersicht zu Regel-Überlieferung (57–63). (mthz.ub.uni-muenchen.de)
•    Leben des hl. Pachomius (dt.), in: Bibliothek der Kirchenväter, Übers. Hans Mertel. München 1917 (online). Ergänzt Viten-Details (54–59, 62–64). (bkv.unifr.ch)
•    Fidelis Ruppert OSB, Das pachomianische Mönchtum und die Anfänge klösterlichen Gehorsams. Münsterschwarzach 1971. Deutsche Monographie zu Struktur/Disziplin (61–64). (Nachweis s. Lit.-Listen) (Wikipedia)
•    Lexikon der antiken christlichen Literatur (²1999), Art. Pachomius (M. Skeb). Deutschsprachiger Überblicksartikel (54–65). (Heidelberg University Library)
Basilius der Große 
•    Karl Suso Frank (Hg./Übers.), Basilius von Caesarea – Mönchsregeln (Asketikon, dt.). 2., akt. Aufl., EOS St. Ottilien 2010. Maßgebliche deutsche Text-/Kommentar-Ausgabe (70–76). (Wikipedia)
•    Basilius, Über den Heiligen Geist (De Spiritu Sancto) – dt. in Fontes Christiani (Bd. 12). Ergänzend zu 79. (Wikipedia)
•    Michael Vollstädt, Muße und Kontemplation im östlichen Mönchtum. Eine Studie zu Basilius von Caesarea und Gregor von Nyssa. Freiburg/Basel/Wien 2018. Deutschsprachige Spezialstudie (72–75). (Wikipedia)
•    Gregor von Nazianz, Oratio 43 (dt. in BKV). Zur Basileías und Basilius’ Sozialprofil (77–78). (bkv.unifr.ch)
•    Lena Wettwer, Das frühe Krankenhaus (Kiel 2021, Online-PDF) – mit Bezug auf die Basileías. Deutsche Darstellung der frühchristlichen Hospital-Tradition (77–78). 
Anfänge des westlichen Mönchtums 
•    Sulpicius Severus, Vita Sancti Martini / Das Leben des Heiligen Martin (Reclam, zweisprachig). Stuttgart 2010. Verlässliche dt. Studienausgabe (91). (SLUB Dresden)
•    Johannes Cassian, Unterredungen mit den Vätern (Collationes, dt. Neuübers.). Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag), laufend; z.B. Teilbände mit ISBN 978-3-89680-709-0. Gute deutsche Lektüregrundlage (96–99). 
•    Augustinus, Regel (dt.). Mehrere frei zugängliche dt. Ausgaben/Transkriptionen (passend zu 92–95, 101–102). 
•    Peter Gemeinhardt, Geschichte des Christentums in der Spätantike (s.o.) – Überblick zu römischen aristokratischen Asketinnen/Asketen (Marcella/Paula) und West-Rezeption (86–90, 95). 
Benedikt von Nursia – Regel und Rezeption 
•    Gregor der Große, Der hl. Benedikt – Buch II der Dialoge (lat.-dt.), hrsg. i. A. der Salzburger Äbtekonferenz, EOS St. Ottilien 1995. Deutsche Standardausgabe des Vita Benedicti (104–106). (
•    Regula Benedicti (dt.). Klassische dt. Ausgaben/Online-Text in der Bibliothek der Kirchenväter (mit Prolog, Kap. 1–73). Zu 107–117. (bkv.unifr.ch)
•    Georg Holzherr OSB, Die Benediktsregel. Eine Anleitung zu christlichem Leben (Kommentar). Einsiedeln, mehrfach aufgelegt (maßgeblicher dt. Kommentar; 111–119). 
•    Ernst Tremp, „Der St. Galler Klosterplan und die Aachener Klosterreform“ (2016, Online-PDF). Deutschsprachiger Überblick zur Normierung unter Benedikt von Aniane / Synoden 816–819 (121–122). 
Mönchtum und säkulare Welt)
•    Studien zum St. Galler Klosterplan (Hg. Johannes Duft). St. Gallen 1962 (mehrfach nachgedr.). Deutschsprachiger Klassiker zum Plan (Schrift, Schule, Infirmarie etc.; 128). (Wikipedia)
•    Konrad Hecht, Der St. Galler Klosterplan. Sigmaringen 1983 (Nachdruck 2005). Deutscher Gesamtüberblick (128). (Wikipedia)
•    Werner Rösener u. a., zahlreiche dt. Studien zur Wirtschaft/Grangien der Zisterzienser (z. B. „Die Agrarwirtschaft der Zisterzienser“, Aufsätze seit 1990er J.; Überblick in neueren Sammelbänden). Für 129. (Deutsche Nationalbibliothek, Regesta Imperii)
•    Katharinenkloster Sinai / Palimpseste:
– Dt. Überblick: Spektrum der Wissenschaft, „Entzifferung der Palimpseste vom Berg Sinai“ (14.09.2022). (Spektrum)
– 2025er Kontext (Schutz-/Statusmeldungen auf Deutsch): Vatican News (01.06.2025), Deutschlandfunk Kultur (31.05.2025). (Vatican News, Deutschlandfunk Kultur)
•    Hildegard von Bingen, Physica (mehrere dt. Übersetzungen). Zur Hopfenstelle „putredines prohibet…“ s. dt. Nachweise (Wikipedia-Zusammenstellung mit Quellen; Portmann/Beuroner Ausgaben). Für 139. (Wikipedia)
•    Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan – dt. Selbstdarstellung und Überblick zur „ältesten Brauerei“ (1040) und zur Quellenlage/Kontroverse. Für 139. (weihenstephaner.de, Wikipedia)
•    Dom Pérignon – Legende vs. Forschung: deutschsprachige Darstellungen, die den Erfindungsmythos relativieren (z. B. stern, 10.09.2022). Für 136. (stern.de)
•    Kyrill und Method – deutschsprachiger Überblick zur Glagolica/Slawenmission (für 142). (Wikipedia)
•    Kiewer-Petscherskaja Lawra – dt. Überblick zur Klosterkultur/Chronistik (Nestor). Für 143. (Wikipedia, Universität Münster)
•    Athos / Rila – dt./UNESCO-Darstellungen als Referenz (144). (UNESCO Weltkulturerbe Zentrum)
•    Gregor Mendel – deutschsprachige Zusammenfassungen zu Mönchsbiografie und Forschungen in Brünn (145–146). (Wikipedia, Deutschlandfunk)

Endnoten 
86.    Cambridge History of Christianity, Kap. „Asceticism and Monasticism, II: Western“.
87.    Hieronymus, Ep. 127; Ep. 108.
88.    Regula Benedicti 73; Christ in the Desert.
89.    Wikipedia: Paula/Eustochium.
90.    Cambridge Core: Eusebius von Vercelli.
91.    Britannica: Sulpicius Severus; Lérins;  Sulpicius Severus: Vita Sancti Martini. Stuttgart 2010.
92.    Stanford Encyclopedia of Philosophy, „Augustine“; Augustinus: Regel. Dt. Übers. BKV.
93.    Augustinus, De opere monachorum.
94.    Oxford Reference: De opere monachorum.
95.    Hieronymus, Ep. 108.
96.    Hieronymus, Ep. 108; Johannes Cassian: Unterredungen mit den Vätern. Münsterschwarzach.
97.    Britannica, „John Cassian“.
98.    Cassian, Instituta / Collationes.
99.    Oxford Reference: De opere monachorum.
100.    Hieronymus (Paula).
101.    Online Library of Liberty, RB 73.
102.    Stanford Encyclopedia: „Augustine“.
103.    University of Chicago Press Journals – Nordafrika nach arabischen Eroberungen.
104.    Gregor d. Gr., Dialogi II; Gregor der Große: Dialoge II. EOS 1995.
105.    Britannica, „Saint Benedict“.
106.    Britannica, „Monte Cassino Abbey“.
107.    RB Prolog; Regula Benedicti, dt. Übers. BKV.
108.    RB 1.
109.    RB 3.
110.    RB 2.
111.    RB 8–20 und 48;  Georg Holzherr: Die Benediktsregel. Einsiedeln 2013.
112.    M. P. Chirinos: „Ora et Labora“.
113.    RB 53.
114.    RB 58.
115.    EWTN, RB 58.
116.    RB 33.
117.    RB 57.
118.    Britannica, „Education in the Middle Ages“.
119.    Britannica, „History of publishing“.
120.    Britannica, „Cassiodorus“.
121.    Britannica, „Benedict of Aniane“; Ernst Tremp: „Der St. Galler Klosterplan und die Aachener Klosterreform“. SZG 2016.
122.    Brill: Aachener Synoden (816–819).
123.    Britannica, „Education in the Middle Ages“.
124.    Britannica, „Library: The Middle Ages and the Renaissance“.
125.    Britannica, „Scriptorium“; „Carolingian minuscule“.
126.    Britannica, „Book of Kells“.
127.    Hektoen Institute: „The Basiliad“.
128.    Britannica: St. Galler Klosterplan; Konrad Hecht: Der St. Galler Klosterplan. Sigmaringen 1983.
129.    Britannica, „Cistercians“; Werner Rösener: Die Landwirtschaft der Zisterzienser. Göttingen 1990.
130.    Sinai Palimpsests Project; Spektrum der Wissenschaft: „Entzifferung der Palimpseste vom Berg Sinai“. 14.09.2022.
131.    Reuters, 05.06.2025 (Schutz Sinai).
132.    OCP 2019 – Lavra Mar Saba.
133.    GEDSH / Stanford Encyclopedia: Ḥunayn ibn Isḥāq.
134.    Agenzia Fides 2021 – Deir Mar Musa.
135.    The Met Museum – Clos de Vougeot.
136.    GuildSomm – Dom-Pérignon-Mythos; stern: „Wie Mönche angeblich den Champagner erfanden“. 10.09.2022.
137.    Britannica, „Alcuin“.
138.    Britannica, „History of publishing“.
139.    Weihenstephan/Hildegard; Hildegard von Bingen: Physica. Beuroner Ausgabe; Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan: Weihenstephan – älteste Brauerei. 2020.
140.    International Trappist Association.
141.    Bodleian / Medievalists.net – Brille.
142.    Britannica, „Saints Cyril and Methodius“; Herbert Hunger: Die Slawenmission des 9. Jahrhunderts. Wien 1984.
143.    Britannica, „Kyiv-Pechersk Lavra“; LThK³, Artikel Kiewer-Petscherskaja Lawra.
144.    UNESCO/Britannica – Hilandar und Rila; UNESCO: Rila-Kloster.
145.    RISU/Vatican News – Univ-Lavra.
146.    Britannica, „Gregor Mendel“; Viktor J. von Weizsäcker: Gregor Mendel und die Entdeckung der Vererbungsgesetze. Freiburg 1965.

<p><em>&Uuml;ber den Autor: <ins><strong><a href="https://www.kath.net/suche.php?suche=thiermeyer">Archimandrit Dr. Andreas-Abraham Thiermeyer (Link)</a></strong></ins> ist Theologe mit Schwerpunkt auf &ouml;kumenischer Theologie, Ostkirchenkunde und ostkirchlicher Liturgie. Er studierte in Eichst&auml;tt, Jerusalem und Rom, war in verschiedenen Dialogkommissionen t&auml;tig, Konsultor der Ostkirchenkongregation in Rom, Gr&uuml;ndungsrektor des Collegium Orientale in Eichst&auml;tt und ver&ouml;ffentlicht regelm&auml;&szlig;ig zu Fragen der Ostkirchen-Theologie, der Liturgie der Ostkirchen und des Fr&uuml;hen M&ouml;nchtums.</em></p>


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