„Wokeisten instrumentalisieren Islam, um christliche Identität und westliche Kultur zu untergraben“

23. September 2025 in Aktuelles


Kardinal Gerhard Müller: Zwar könne die Kirche Migranten natürlich „durch karitative Werke helfen, aber unsere erste Aufgabe ist es, allen das Evangelium zu predigen und diejenigen zu evangelisieren, die nach Europa kommen“.


Rom (kath.net) Kardinal Gerhard Müller erläuterte, dass er die Verkündigung des Evangeliums seit der Wahl von Papst Leo XIV. als „stärker christuszentriert“ zentriert erlebe. Es gebe „mehr Ordnung und weniger Betonung auf für die Kirche zweitrangige Themen wie Migration, die in erster Linie Aufgabe des Staates ist“. Zwar könne die Kirche natürlich „durch karitative Werke helfen, aber unsere erste Aufgabe ist es, allen das Evangelium zu predigen und diejenigen zu evangelisieren, die nach Europa kommen – nicht nur, um materielle Hilfe zu leisten, sondern um ihnen die Wahrheit zu vermitteln.“ Das stellt Gerhard Kardinal Müller, der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation, im Interview mit Diane Montagna auf ihrem Blog „Substack“ fest. kath.net präsentiert das in zwei Teilen veröffentlichte Interview in mehreren thematischen Einzelblöcken.

Müller stellte zum Thema Migration ausdrücklich fest: „Es kommen so viele Muslime, und wir können nicht zulassen, dass sie unserer Kultur ihre Religion aufzwingen. Wir müssen dem mit der Botschaft von Gottes Liebe begegnen, denn ihr Bild von Gott – ein Diktator, dessen Willkür blind gehorchen muss – entspricht nicht dem Bild, das Jesus uns gegeben hat. Gott ist unser Vater, unser Schöpfer, der uns nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat. Wir sind seine Kinder, und durch den Heiligen Geist können wir Freunde Gottes, Freunde Jesu Christi werden.“ Dies sei die Botschaft, die es zu bezeugen gelte, „insbesondere in den europäischen Ländern, die ihres christlichen Glaubens überdrüssig geworden sind und durch die Ideologien des Nationalismus, Faschismus, Kommunismus und nun des Wokeismus, der sowohl die Menschen als auch ihre Identität zu zerstören droht, säkularisiert wurden“.

Montagna fragte nach, ob der Kardinal den Wokeismus tatsächlich mit dem Kommunismus auf eine Stufe stellen würde. Müller bejahte dies, der sehe den Wokeismus als „eine Fortführung des marxistischen Menschenbildes. Laut Marx sind wir keine Menschen mit einer unsterblichen Seele, die durch Gnade in der Lage sind, in einer persönlichen Beziehung zu Gott, unserem Schöpfer, zu leben. Vielmehr werden wir als abhängig von einer politischen Partei oder ideologischen Gruppe – oder von den Entscheidungen von Organisationen wie dem Weltwirtschaftsforum – angesehen, die das Wesen des Menschen definieren. Eine kleine Elite entscheidet, was Menschenwürde ist, und von der Masse wird erwartet, dass sie alles, was sie diktiert, befolgt und sich ihnen fügt. Das ist völlig destruktiv.“

Müller erläuterte grundsätzlicher, dass der Wokeismus „Teil einer ideologischen Bewegung“ sei, „die sich gegen die persönliche Identität, den Körper – männlich und weiblich –, stabile Familienbeziehungen, unterschiedliche Kulturen und Sprachen, Geschichte und die normalen, stabilen Beziehungen, die zum Menschsein gehören, wendet. Im Wesentlichen ist er eine Fortführung des alten Marxismus. Obwohl er nicht als offizielle politische Partei agiert, verfügt er überall über gut organisierte Interessengruppen – in der Europäischen Union, in den Vereinigten Staaten über den Deep State, in den Massenmedien, sozialen Medien und an Universitäten. Diese Gruppen sind äußerst repressiv, militant und aggressiv gegenüber jedem, der sich nicht ihrer Denkweise anpasst.“

Dabei solle man sich bewusst bleiben, dass der Islam als Religion nichts mit dem Wokeismus zu tun habe. Allerdings würden Wokeisten den Islam „instrumentalisieren“, „um die christliche Identität sowie die westliche Tradition und Kultur zu untergraben. Ich glaube jedoch, dass genau diese Wokeisten die nächsten Opfer radikaler Islamisten sein könnten. Sie haben vielleicht damit gerechnet, dass Muslime irgendwann wokeistische Ideen übernehmen würden, aber dafür ist keine Chance. Im Gegenteil: Der Islam lehnt die Würde der Frau ab, und sein moralischer Rahmen hat nichts mit den Zielen des Wokeismus zu tun, zu denen unter anderem die Homosexualisierung von Gesellschaft und Denken gehört.“

Dann verwies Müller beispielhaft auf England, dort nutze „der Wokeismus in seiner Anfangsphase den Islamismus als Instrument, um die christliche Kultur und Tradition zu schwächen. In tragischen Fällen – etwa wenn ein Mädchen von mehreren muslimischen Männern vergewaltigt wird – ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Mädchen ins Gefängnis kommt, höher als die Täter. Ich hoffe, dass wir mit den nächsten Wahlen in England bedeutende Veränderungen erleben werden.“

Auch in Deutschland sei dies „ähnlich“, so der aus Deutschland stammende Kardinal. Hier gebe es durchschnittlich „täglich 18 Messerangriffe, und zwei bis drei Mädchen oder junge Frauen werden Opfer von Gruppenvergewaltigungen. Doch selbst wenn ein Polizist erstochen wird, erfolgt oft keine Reaktion.“

Diese Situation führe auch an den Schulen zu „wachsenden Herausforderungen: Dort gibt es oft mehr muslimische als christliche Kinder, aber nur wenige sind bereit, sich dieser Realität zu stellen. Selbst viele Bischöfe scheinen den Ernst der Lage nicht vollständig zu begreifen.“

Montagna fragte nach: „Glauben Sie wirklich, die Bischöfe begreifen das nicht?“ Müller antwortete, dass es für die Bischöfe auf jeden Falls einfacher sei „die Augen zu verschließen. Viele werden von dieser ideologischen Welle erfasst und wissen, dass diejenigen, die sich offen zu ihrem christlichen Glauben bekennen, angegriffen werden. Sie wollen von allen geliebt werden, jedermanns Liebling sein. Nur wenige Bischöfe in Deutschland verstehen wirklich, was passiert. Wir haben in Deutschland Religionsfreiheit, und theoretisch kann jeder seinen Glauben offen praktizieren, auch den Islam. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Muslime sind im öffentlichen Raum sehr präsent, während Christen oft zögern, sogar eine öffentliche eucharistische Prozession abzuhalten, aus Angst, andere zu beleidigen oder herauszufordern.“

Schlimmstenfalls könnte sich die Situation in Deutschland wie in Nordafrika entwickeln: „Bis zum 7. Jahrhundert war es eine rein katholische Region, wenn auch mit Herausforderungen wie den Donatisten. Doch dann kam der Islam, und 500 Jahre später war die Bevölkerung vollständig muslimisch. Würde dies geschehen, würden Christen zu Bürgern zweiter Klasse. Doch nur wenige wollen das wahrhaben. Meine Heimatstadt Mainz beispielsweise war vor 50 Jahren zu 70 Prozent katholisch; heute ist diese Zahl aufgrund von Säkularisierung, Migration und anderen Faktoren auf 27 Prozent gesunken. Derzeit sind 30 Prozent der Bevölkerung Deutschlands nicht ethnisch deutsch, und sie sind überwiegend jung. In 20 bis 30 Jahren könnte der Islam die dominierende Religion werden.“

Obendrein würden bereits jetzt Muslime das öffentliche Leben dominieren, auch weil Politiker in Angst vor ihnen leben.

Auch sei „die ehemalige kommunistische Partei Ostdeutschlands absolut pro-islamisch. Obwohl ihre Ideologie durchweg marxistisch und atheistisch ist, hat sie ein Bündnis mit Muslimen geschlossen, die sich zum Glauben an einen Gott bekennen, dem sich alle unterwerfen müssen. Das ist ein absoluter Widerspruch, dient aber dem Ziel, den Westen zu entchristlichen.“

Diana Montagna fragte spürbar schockiert nach: „Glauben Sie, dass es irgendwann zu einem Bürgerkrieg kommen könnte?“ Der deutschstämmige Kardinal antwortete: „Ich glaube, junge Deutsche sind nicht mehr in der Lage, sich zu verteidigen; sie haben den Kampf praktisch schon verloren. In Wahrheit gab es keinen Kampf – es war eine Infiltration. Eine Million Menschen kamen aus Syrien, viele ohne Deutschkenntnisse. Deutschland bot ihnen finanzielle Unterstützung und eine ausgebaute Infrastruktur, ohne dass sie arbeiten mussten. Für sie erscheint es wie ein irdisches Paradies – bis sie die Ressourcen erschöpft haben. Sobald das passiert, könnte es zu Konflikten kommen, die möglicherweise in einem Bürgerkrieg enden, aber untereinander, ähnlich wie wir es in Syrien erlebt haben.“ Diese sei ein „absolut realistisches“ Szenario, denn es gebe „keine wirksame Gegenbewegung, die sich mit den Folgen der Entvölkerung oder einer Politik der Abtreibungsförderung befasst.“

Montagna fragte nach der Mitverantwortung der katholischen Bischöfe für diese Entwicklungen, „weil sie in den letzten Jahrzehnten versäumt haben, das Evangelium zu predigen und den Gläubigen den katholischen Glauben zu vermitteln“. Müller differenzierte: „Zu Beginn der Bevölkerungsabwanderungsbewegung, mit Initiativen wie dem Club of Rome, gab es Widerstand. Der Papst und die Bischöfe sprachen sich dagegen aus. Doch die nächste Bischofsgeneration verlor ihre Energie. Sehen Sie sich den deutschen Synodalen Weg an: Er konzentriert sich darauf, den Glauben an moderne Ideologien anzupassen, anstatt die authentische katholische Lehre zu bewahren.“


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