12. September 2025 in Kommentar
Wie Carlo, Giorgio und Jesus uns durch graue Tage helfen; oder die Überlebensstrategie für die Bewältigung von Trauer, Sehnsucht und Dauerregen. - BeneDicta von Dorothea Schmidt
Regensburg (kath.net)
Der Sommer ist bald vorbei. Oder besser: Der „Sommer“. Er hat seinen Namen nicht verdient, präsentierte sich kalt und von seiner nassesten Seite. Selten war der Song der Wise Guys so passend wie in diesem Jahr: „Jetzt ist Sommer! Egal, ob man schwitzt oder friert: Sommer ist, was in deinem Kopf passiert. Es ist Sommer! Ich hab‘ das klar gemacht: Sommer ist, wenn man trotzdem lacht!“
Dies ist ziemlich weise. Heilige haben immer wieder betont, dass positive Gedanken förderlich sind, natürlich vor allem, wenn sie biblisch und auf Gott ausgerichtet sind. Gedanken auf Gott, Seine unendliche Liebe und seine Verheißungen ausrichten, ist eine tägliche Herausforderung. Der heilige Paulus war „überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“. In diesem Kontext ist die Annahme des kläglichen Wetters nur eine kleine Übung.
Das „Sommer ist, was in deinem Kopf passiert“ funktioniert jedenfalls — wenn man will. Christen sind da entschieden im Vorteil: Sie haben Jesus. Die tiefe Freundschaft mit ihm bringt etwas mit sich, das wissenschaftlich, psychologisch wohl kaum zu erklären ist: tiefe Freude. Diese Freude hat Menschen nicht selten in Höchstform versetzt und Unmögliches möglich gemacht: Freude im Schmerz, auf dem Scheiterhaufen, Krankenbett, unter der Guillotine. Verglichen damit ist es ein Klacks, Freude in Zeiten zu empfinden, in denen der Regen melancholisch gegen die Fensterscheibe plätschert und das Handy 10 Grad und Dauerregen prophezeit. Und doch kann sich die Sehnsucht nach Süditalien breitmachen. Oder man hadert mit Gottes Erfindung des Regens, versinkt im Wollpulli und hört sich und zum x-ten Mal die Playlist „Sad & Holy“ an.
Nun, es gibt Besseres. Und dies hat uns der (späte) Sommer auch beschert: Hoffnung. Und zwar mit Carlo Acutis, Pier Giorgio Frassati, die Anfang September heiliggesprochen worden sind. Deren Lebens,-Liebes- und Freudenquelle war Jesus selbst. Von ihnen lernen wir eine Überlebensstrategie für die Bewältigung von Trauer, Sehnsucht und Dauerregen.
Zunächst zu Carlo Acutis, der auf den Wellen des WLANs und der Clouds surfte, der Teenager mit Hoodie, Sneakers, einer Liebe zu Fußball und zum Internet. Eigentlich war er ein normaler Teenie, nur dass er eine Heiligsprechung im Lebenslauf hat. Er liebte die Eucharistie. Er liebte Jesus und Maria, die einzige Frau seines Lebens, wie er einmal sagte. Carlo hätte inmitten grauer Sommertage vermutlich seine Lieblingswebsite über eucharistische Wunder aufgerufen und einen geistigen Kurzurlaub an der „Sonne der Gerechtigkeit“ verbracht. Er tauschte den Sonnenbrand gegen Anbetung. „Die Traurigkeit ist der Blick, den man auf sich selber richtet. Die Freude ist der Blick, den man auf Gott richtet“, sagte er einmal.
Die Verbindung mit Jesus in der Anbetung kann helfen, eigene Misslichkeiten nicht zu überhöhen und graue Tage aus einer anderen Perspektive zu betrachten, vom Himmel her gewissermaßen. Und dies ist fast so wie ein Sonnenbad. Pater Raniero Cantalamessa erklärte das so: „Man kann nicht lange in der Sonne sein, ohne dass man ihre Spuren auf dem Gesicht trägt. Wenn wir lange und treu, nicht unbedingt mit großem Eifer, vor dem Allerheiligsten bleiben, nehmen wir die Gedanken und Gefühle Christi auf, und zwar nicht auf eine diskursive, sondern auf eine intuitive Weise.“
Pier Giorgio Frassati sah das Allerheiligste in den Armen und Leidenden, mit denen er seine Zeit meist verbrachte. „Um die Kranken, die Armen und die Unglücklichen herum sehe ich ein besonderes Licht, ein Licht, das wir nicht haben“ hatte er gesagt. Vermutlich hätte er uns gegen einen Schlechtwetter-Blues auch Höhenmeter verschrieben. Er selbst packte Bibel und Käsebrote ein und ging er in die Berge, um sich dem Gebet zu widmen, wenn es ihm schlecht ging. Nicht selten finden Menschen in der Natur ins Gebet und kehren erfrischt heim.
Auch Gedichte wie das folgende von Helmut Müller aus dem Jahr 1981 können helfen, um Kummer, schlechte Laube oder Sorgen mit der Schöpfung zu verbinden: „Klag dein Leid dem Wind. Wein dem Regen deine Tränen. Schweige, wenn der Herbst beginnt. Füg‘ dich ein mit deinem Grämen. Der Wind verweht dir deine Sorgen. Deine Tränen sind gar Tropfen nur im Regen. Dein Schweigen ist in einem Größeren geborgen. In einen Gott gegeben ist dein Leben. Tränen, Leid und bitt‘res Schweigen finden in der Schöpfung Widerklang. Doch in deiner Brust ist etwas dir zu eigen, was nur einem Gotte gleichen kann.“
Zurück zu Frassati: Was wir von ihm lernen können, ist, dass körperliche Bewegung, Natur, echte Freunde und die Beziehung zu Jesus kein Widerspruch sind, sondern sogar zusammengehören. Und von Carlo lernen wir, dass Heiligkeit und die Liebe zu Jesus einfach im Alltag gelebt werden können.
Jesus war und ist immer für uns da, in jeder Lebenslage. Die Bibel strotzt nur so von dieser Verheißung. Jesus ist kein Schönwetter-Gott; er selbst ist nicht in einem 5-Sterne Krankenhaus geboren, sondern in einem dreckigen Stall. Ob es regnet oder Menschen in schlechter Laune versinken; immer wartet er darauf, empfangen zu werden. Zu Lebzeiten predigte und heilte er bei Wind und Wetter. Er war sogar das Paradebeispiel dafür, wie man sich in den schlimmsten Momenten des Lebens verhalten soll: ruhig bleiben. „Fürchte dich nicht!“ sagte er zu seinen Jüngern — sicher ein Anspruch und eine Herausforderung, aber nicht unmöglich, wie man es an Heiligen wie Carlos und Frassati (und anderen) sehen kann.
Jesus weiß, wie sich inneres und äußeres Chaos anfühlen. Und er sagt trotzdem: „Fürchte dich nicht!“ In der Stille, in der Natur, im Gebet, überall ist Er zu finden. Von Ihm strömt immer Wärme und Liebe aus — und zwar auch oder besonders dann, wenn man am liebsten unter der Decke verschwinden würde oder sich anfängt über das Wetter zu grämen. Denn mit Jesus, Humor, Glaube und einem Hauch Heiligkeit lässt sich jeder noch so graue Tag überleben.
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