‚Höchste Zeit, dass wir uns den zentralen Themen zuwenden’

9. Oktober 2004 in Österreich


Bischof Klaus Küng im ORF-Interview: Manchmal ist es wichtig, "dass man nicht zuviel redet und diskutiert, sondern ein bisschen mehr betet und nachdenkt".


St. Pölten (www.kath.net) Der neue St. Pöltener Diözesanbischof Klaus Küng hat für eine Ausrichtung auf wesentliche Fragen plädiert. Im Ö1-Mittagsjournal am Samstag betonte er, angesprochen auf die so genannten „heißen Eisen“ wie Sexualität und Zölibat: „Ich glaube, es wird höchste Zeit, dass wir uns den zentralen Fragen zuwenden, das ist die Beziehung zu Gott.“

Es müsse aufgehört werden, „schallplattenartig bestimmte Thesen“ zu wiederholen, sondern es gehe darum, „auf die Kirche hören“, auf Gott und aufeinander. Manchmal sei es wichtig, „dass man nicht zuviel redet und diskutiert, sondern ein bisschen mehr betet und nachdenkt, sonst läuft man Gefahr, dass man alles zerredet“.

Küng betonte, er wehre sich gegen „Schlagworte“ wie „konservativ“ oder „progressiv“: „Ich mag diese Klassifizierungen überhaupt nicht, ich halte sie auch für falsch, denn es gibt Bereiche, in denen wir sehr progressiv sein müssen.“ Das Opus Dei etwa sei „in vielen Dingen äußerst progressiv“, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit von Priestern und Laien. Im Opus Dei werde der Priester nicht höher als die Laien eingestuft.

Zum Thema Laien meinte der neue St. Pöltener Bischof: „Ich kämpfe gegen eine Klerikalisierung der Laien, man meint immer, ein Laie ist nur dann etwas wert, wenn er Kommunion verteilt oder wenn er eine Predigt hält, also irgend etwas tut, was eigentlich der Priester tut. Jeder muss an seinem Platz sein und kann sehr viel wirken, wenn er seine Berufung entdeckt und seiner Berufung entspricht.“

Küng unterstrich: „Für mich ist die entscheidende Person Christus, für mich ist die Orientierung die Weltkirche, für mich ist wichtig, dass ich versuche, verbunden mit Gott zu leben und auch Jesus, den ich auch im Herzen tragen möchte, an die anderen weitergebe.“ Er würde auch anerkennen, „dass jeder seine Gaben und auch seine Schwächen hat, und wenn einer ein paar Schwächen hat, muss man deswegen nicht die Gaben leugnen“.

Zu seinem Vorgänger, Bischof Kurt Krenn, erklärte Küng, dieser habe „oft etwas gesagt, was einfach wahr ist“, und habe durch sein Wissen, seine intellektuellen Fähigkeiten, seine populäre Art und seinen Mut zum Widerstand eine wichtige Aufgabe wahrgenommen. Das Problem von Bischof Krenn sei gewesen, „dass er bestimmten Personen vertraute und einfach nicht wahrhaben wollte, was da geschehen ist“.

In der ZiB 2 am Freitagabend nahm Bischof Küng zum Thema wiederverheiratete Geschiedene Stellung. Küng kritisierte, das Thema werde reduziert auf den Kommunionempfang. Es gehe vielmehr darum, „dass jemand den Weg findet, der wirklich zur Erfüllung findet“. Es gehe darum, „dem einzelnen auf seine Lebenskrise auch Antwort zu geben, mit ihm zusammen zu überlegen, warum es eigentlich dazu gekommen ist, welches die Ursachen sind, dann auch darüber nachzudenken, was man tun könnte“

„Wir sollten schon auch ein wenig auf Gott hören und darüber nachdenken, was eigentlich Ehe bedeutet, was diese Entscheidung ist, dann gibt es auch für wiederverheiratete Geschiedene eine Hoffnung, eine große Hoffnung“, betonte Küng. „Aber das geht immer nur in Übereinstimmung mit der Wahrheit und auch im Wissen um die Barmherzigkeit Gottes.“ Das gelte für alle. Er sei zum Beispiel in Kontakt mit einer Gemeinschaft von Geschiedenen und wiederverheirateten Geschiedenen, „die in Übereinstimmung mit dem Evangelium sich bemühen um ein christliches Leben und die versuchen, sich entsprechend zu verhalten, und dann gibt es sehr wohl eine wahre Hoffnung“.


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