40 Jahre Karmel ‚Heilig Blut’ am KZ-Gelände in Dachau

15. September 2004 in Deutschland


Ein Ort der Erinnerung und des Gebetes für die mehr als 200.000 Menschen aus 38 Staaten und Nationen, die in Dachau inhaftiert waren und gelitten haben.


München (www.kath.net / ok) Eine weltweit bekannte katholische Institutionin Bayern, der Karmel Heilig Blut auf dem Gelände des ehemaligenKonzentrationslagers Dachau, wurde vor 40 Jahren gegründet. Die ersten achtOrdensfrauen kamen mit ihrer Priorin Maria Theresia von der gekreuzigtenLiebe aus dem Karmelitinnenkloster in Pützchen bei Bonn nach Dachau.

Die Priorin hatte auch die Anregung zur Gründung des Klosters gegeben. Derdamalige Erzbischof von München und Freising, Kardinal Julius Döpfner, hattedie Idee engagiert aufgegriffen. Der Münchner Weihbischof JohannesNeuhäusler, selbst einer der KZ-Häftlinge in Dachau, hatte sie realisiert.Am 14. September 1964, dem Fest Kreuzerhöhung, zogen die ersten Ordensfrauenin den von dem Architekten Professor Josef Wiedemann geplanten und gebautenKlosterkomplex ein. Seit 40 Jahren halten die Ordensfrauen in Gebet undGottesdienst das Andenken der Häftlinge und Märtyrer desKonzentrationslagers Dachau aus vielen Völkern und Religionen in lebendigerErinnerung.

Das Kloster war bewusst an einem Ort gebaut worden, wo 1933 das ersteKonzentrationslager der Nationalsozialisten errichtet worden war. Es solltevor allem ein Ort des Erinnerns und Gebetes für die mehr als 200.000Menschen aus 38 Staaten und Nationen, darunter auch Frauen und Kinder, sein,die in Dachau inhaftiert waren und gelitten haben. Mehr als 30.000 von ihnenkamen ums Leben.

Sie starben an Erschöpfung oder Krankheit, verhungerten,erfroren oder wurden zu Tode gespritzt, erschossen, erhängt und erschlagen.Dachau war auch das Lager, wo die Nationalsozialisten 2794 Geistliche ausallen Konfessionen, die Mehrzahl, 2652, katholische Priester, zusammengelegthatten. Die meisten der katholischen Priester, 1773, waren Polen, diezweitgrößte Gruppe, 333, waren Deutsche. 108 Geistliche waren evangelisch,darunter 34 Deutsche, 22 orthodox.

Der Karmel „Heilig Blut“ ist in vier Jahrzehnten eine international bekannteBegegnungs- und Wallfahrtsstätte geworden. Ehemalige KZ-Häftlinge aus vielenLändern Europas kamen allein oder mit Gruppen hierher, um zu beten undGottesdienst zu feiern. Auch der Priester Jean Bernard aus Luxemburg, dessenTagebuch „Pfarrerblock 25487“ erst kürzlich unter der Regie von VolkerSchlöndorff mit dem Titel „Der neunte Tag“ verfilmt worden ist, hat dasKloster mehrmals mit Gruppen aus seiner Heimat besucht.

Als Erzbischof vonKrakau war auch Papst Johannes Paul II. zusammen mit Kardinal Döpfnerzweimal im Dachauer Karmel. Der ehemalige Primas von Polen Kardinal StephanWyszynski besuchte die Ordensfrauen bei seinem Deutschlandbesuch. Auchrussisch-orthodoxe Bischöfe waren mehrfach Gäste des Klosters.

Vom Karmel inDachau aus war 1982 der Karmel bei der an den katholischen Widerstand gegenden Nationalsozialismus errichteten Kirche Regina Martyrum (Königin derMärtyrer) in Berlin gegründet worden. Auch in Weimar, nahe demKonzentrationslager Buchenwald, ist eine Niederlassung der Karmelitinnen vonDachau aus gegründet worden. Mit dem Kloster Maria Schutz orthodoxerOrdensfrauen in Kiew verbindet die Karmelitinnen seit den 80er Jahren einGebets- und Briefkontakt.

Unter der Leitung der Priorin Irmengard von der österlichen Freude lebenheute im Dachauer Karmel 16 Ordensfrauen. Hunderte von Menschen bitten dieSchwestern jährlich um ihr Gebet in den großen Anliegen des Friedens und derVersöhnung, auch in persönlichen Angelegenheiten. Frauen und Männer ausallen Bevölkerungsschichten, aller Altersgruppen und Berufe zeigen so ihrgroßes Vertrauen in das Gebet, bewertet die Priorin die große Nachfrage.

DieTausende von Besuchern der KZ-Gedenkstätte sind von der Begegnung mit demKloster beeindruckt. Der Karmel, so die Priorin, verzeichne auch eineWirkung im Sinne der Völkerverständigung und der Begegnung von Menschenunterschiedlicher Religionen und Kulturen. Das 40-jährige Jubiläum seinerkanonischen Errichtung feiert das Kloster mit mehreren Gottesdiensten undBegegnungen.

Am Donnerstag, 16. September, wollen die Ordensfrauen im Kreisgeladener Gäste Rückschau auf vier Jahrzehnte ihrer Niederlassung halten undmit dem Altabt des Benediktinerklosters St. Bonifaz in München und Andechs,Odilo Lechner, die Eucharistie in der Klosterkirchefeiern. Zum Abschluss des Jubiläums, am kommenden Sonntag, 19. September,zelebriert der Provinzial der Unbeschuhten Karmeliten, Pater KonstantinKurzhals, einen festlichen Gottesdienst. Dazu werdenFreunde des Klosters aus dem Dachauer Umland und darüber hinaus erwartet.

Foto: Kirche des Dachauer Karmels, (c) Erzbistum München


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