Aufbahrung und Beisetzung eines Heiligen Vaters

12. April 2024 in Kommentar


Zeugnisse der Bedeutung von Amt und Person des Papstes. Gastbeitrag von Ulrich Nersinger


Vatikan (kath.net) Der Heilige Vater hat sich zu den Modalitäten seiner Beerdigung geäußert. Ort der Beisetzung soll Santa Maria Maggiore sein, der Leichnam nicht mehr öffentlich aufgebahrt werden und die besonderen Zeremonien der Schließung des Sarges entfallen.

Der Ort der Beisetzung

Wer die Straßen der Ewigen Stadt durchstreift und ihre zahlreichen Gotteshäuser zu einem Gebet aufsucht, wird überrascht sein, in wie vielen Kirchen Roms Nachfolger des heiligen Petrus beigesetzt sind. In der jüngeren Vergangenheit ließen sich der selige Pius IX. (1846-1878) in San Lorenzo fuori le mura und Leo XIII. (1878-1903) in der Lateranbasilika beisetzen.

Und auch Santa Maria Maggiore, der Ort, den der jetzige Heilige Vater als seine letzte irdische Ruhestätte ausersehen hat, beherbergt eine Reihe von Päpsten, so den heiligen Pius V. (1566-1572) und Sixtus V. (1585-1590). Papst Franziskus ist ein eifriger Verehrer der Marienbasilika, vor allem deren altehrwürdigen Ikone „Salus Populi Romani - Heil des Römischen Volkes“. Schon wenige Stunden nach seiner Wahl zum Papst suchte er Santa Maria Maggiore mit einem Blumenstrauß auf; kein wichtiges Unternehmen, keine größere Reise unternimmt er, ohne vorher der Ikone der Muttergottes seine Reverenz zu erweisen. Der Wunsch des Heiligen Vaters, in Groß St. Marien seine Heimstatt zu finden, ist daher verständlich und legitim.

Die Aufbahrung des Papstes

Aufbahrung und Beisetzung eines Papstes gehören zum „Leben“ der Kirche und beschließen demonstrativ ein Kapitel der Kirchengeschichte. Sie sind ein faszinierendes religiöses Geschehen, auf das alle Welt mit Interesse den Fokus richtet.

Wenn der Papst aus dem Apostolischen Palast zur Aufbahrung in die Vatikanische Basilika übertragen wird, liegt der Grund darin, den Gläubigen die Möglichkeit zu geben, sich von dem Verstorbenen zu verabschieden sowie dem Amt und der Person des Oberhauptes der katholischen Kirche Respekt zu zollen. Wohlgemerkt Amt und Person! Dem zum Herrn heimgegangenen Pontifex, bekleidet mit einem rotem Messgewand – Rot ist die Trauerfarbe der Päpste! –, dem Pallium, weißer Mitra und dem Kreuzstab, somit der Fülle seines Amtes und Dienstes dankbar zu begegnen, aber auch der Gebrechlichkeit und  Begrenzung der menschlichen Existenz anschaulich vor Augen geführt zu bekommen.

In der Sakramentskapelle von Sankt Peter fand in der Vergangenheit die letzte und damit auch allgemein zugängliche der Aufbahrungen des Pontifex statt. Der Kopf des Papstes war dem hohen Gitter zugewandt, das den Zugang zur Kapelle versperrte. Die Bahre, auf der der Leichnam des verstorbenen Heiligen Vaters ruhte, war so aufgestellt, dass sein Haupt und die obere Hälfte seines Körpers von weitem sichtbar waren und die Füße beinahe das Gitter berührten. In früheren Zeiten reichten die Füße durch das Gitter hindurch, so dass sie von den Gläubigen geküsst werden konnten.

Seit dem Tode Papst Pius’ XII. im Jahre 1958 wurden die Päpste wegen des großen Stromes von Menschen, die ihnen die letzte Ehre erweisen wollten, auf einem gewaltigen, hohen Katafalk bei der Confessio aufgebahrt. Gemäß ihrer protokollarischen Rangfolge hielten Angehörige der vier päpstlichen Garden – Nobelgarde, Schweizergarde, Palatingarde und Gendarmerie – die Ehrenwache beim verstorbenen Pontifex. Zu diesem besonderem, letzten Dienst am Papst hieß es im Artikel 154 des Reglements der Päpstlichen Nobelgarde: „Im Falle des Todes des Heiligen Vaters wird eine Abteilung der Nobelgarde Tag und Nacht über seinen verehrten Leichnam wachen, bis er beigesetzt ist.“

Bei der Einbalsamierung Pius` XII. hatte der Leibarzt des Papstes – „neue Methoden“ anwendend – versagt. Es war zu erheblichen Entstellungen des Leichnams gekommen. Für die Ehrenwachen, die an der Bahre des Papstes verharrten, war ihr Dienst zeitweise kaum noch durchführbar. Ein Offizier der Päpstlichen Nobelgarde, der Marchese Don Giulio Patrizi di Ripacandida, vermerkte unter dem Datum des 12. Oktobers 1958 in seinen Dienstaufzeichnungen: „Im Laufe der Nacht erscheint unversehens der päpstliche Leibarzt Galeazzi-Lisi und ermahnt die Wachen wegen der starken Einbalsamierungsgerüche nicht länger als dreißig Minuten an der Seite des Leichnams zu verweilen. Und in der Tat, die Augen tränen uns. Aber wir antworten, dass wir Befehle allein vom diensthabenden Kadetten entgegennehmen und von der letzten Wache bei unserem Papst keinesfalls weichen werden.“

Einbalsamierungen bzw. Konservierungen des päpstlichen Leichnams für eine Aufbahrung waren häufig mit Schwierigkeiten verschiedenster Art (wie  klimatischen Bedingungen) verbunden. Der heilige Paul VI. (1963-1978) starb im Monat August in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo. Er wurde sowohl dort als auch in Rom bei enorm hohen Temperaturen aufgebahrt. In der Petersbasilika war man gezwungen gewesen, mehrere Ventilatoren vor dem Katafalk des Papstes aufzustellen. Nach dem Ableben des heiligen Johannes Pauls II. (1978-2005) waren kosmetische Eingriffe nötig, um den Gläubigen den Anblick des sichtbaren Verfalls eines durch lange und schwere Krankheit geschwächten Körpers zu ersparen: Ein Bild des in der Kapelle seiner Privatgemächer aufgebahrten Johannes Paul II. offenbart dem Betrachter, dass das Gesicht des verstorbenen Papstes vor der ersten öffentlichen Aufbahrung in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes noch eingehend behandelt worden sein musste.

Letztmals im Jahre 1963, mit dem Ableben des heiligen Johannes’ XXIII. (1958-1963), fand die Aufbahrung „cum maxima pompa“, mit der vollen Prachtentfaltung des bestehenden Päpstlichen Hofes, statt. Die Exequien für den heiligen Paul VI. und den seligen Johannes Paul I. im Jahre 1978 und den heiligen Johannes Paul II. (2005) zelebrierte man aber dann bereits im Sinne montinianischer „evangeliumsgemäßer Schlichtheit“, sie waren aber nicht weniger beeindruckend und behielten das Faktum der offenen Aufbahrung bei. Einen meterhohen Katafalk sah man jedoch dem Zeitgeschmack verhaftet; zudem waren Nobelgarde und Palatingarde aufgehoben und die Gendarmerie in eine zivile Polizeieinheit umgewandelt worden. Die Aufbahrung eines Papstes aber blieb historisch verwurzelt und weitergetragen.

Verschließung des Sarges und Beisetzung

In einem Interview, das der spanische Vatikan-Korrespondent Javier Martinez-Brocal mit ihm führte, gab Papst Franziskus an, in einem Gespräch mit seinem Zeremonienmeister grundlegende Änderungen der Riten zur Verschließung des päpstlichen Sarges beschlossen zu haben. Bis dato hieß es: Vor der feierlichen Begräbnismesse des verstorbenen Pontifex legt man den Leichnam in einen Sarg aus Zypressenholz. Über die Zeremonie wird ein notarieller Akt – „rogitum“ genannt – in zwei Exemplaren verfasst, von denen eines in eine Metallkartusche zu stecken, das andere zu archivieren ist. Der Päpstliche Zeremonienmeister und der Sekretär des Papstes legen nach altem Brauch ein Tuch aus weißer Seide auf das Gesicht des Verstorbenen. Der Zeremonienmeister gibt einen Beutel mit den Münzen, die während des Pontifikats des Papstes geprägt worden waren, und die Kartusche mit dem notariellen Akt in den Sarg, nachdem er sie mit seinem Siegel versehen hat.

Der Sarg wird mit roten Bändern umwunden, auf denen man die Siegel der Apostolischen Kammer, der Präfektur des Päpstlichen Hauses, des Amtes der päpstlichen Zeremonien und des Kapitels der Petersbasilika aufbringt. Dann wird er in einen weiteren innen verzinkten Holzsarg gelegt, den Arbeiter der Dombauhütte zulöten. An diesem werden wiederum die schon erwähnten Amtssiegel angebracht.

Das festliche Requiem wird auf dem Petersplatz zelebriert werden – mit dem vor dem Altar positionierten Sarg. Nach der Eucharistiefeier nehmen mit Gebeten, Weihrauch und Weihwasser hochrangige Würdenträger des lateinischen Ritus und der mit Rom unierten Ostkirchen Abschied von dem Verstorbenen. Zum Abschluss des Gottesdienstes trägt man den Sarg zur Beisetzung in das Innere der Basilika.

Die Besonderheiten der Rituale der Sargschließung mögen auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, d. h. aber nicht, sie in hohem Bogen – ohne die Kenntnis um ihre Bedeutung und historische Einordung zu besitzen, der Negation einer durchaus vermittelbaren Symbolsprache zu verfallen und dem eigenem Gusto unkritisch zu entsprechen – leichtsinnig über Bord zu werfen.

Das Ansinnen des Heiligen Vaters

Dem Papst kommt in der katholischen Kirche eine kaum begrenzte Machtfülle zu – solange seinen Beschlüssen nicht göttliches Recht entgegensteht. Man darf an seinen Entscheidungen – selbstverständlich mit allem nötigen Respekt – Anfragen stellen und seine eigene Meinung sachlich kundtun. Viele gläubige Katholiken haben die Maßnahmen, aber auch die Art und Weise deren Kommunikation mit Befremden aufgenommen. Ein italienischer Vatikanist charakterisierte die Vorgangsweise des Heiligen Vaters als eine „Privatisierung“ des Papsttums. Der Pontifex handle sehr eigenmächtig und teilweise ohne Rücksicht auf die Geschichte.

Archivfoto: Abschied von Papst em. Benedikt XVI.


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