Was heißt Christ-Sein?

5. September 2004 in Spirituelles


Die "Nachfolge Christi" ist das Kennzeichen des Christen - Ein Beitrag von Dr. Josef Spindelböck zum heutigen Sonntagsevangelium


Wann kann jemand mit Recht sagen, dass er ein katholischer Christ ist? Die nahe liegende Antwort, die wir hier geben können, lautet: Wenn wir getauft sind und zur Kirche gehören, dann sind wir katholische Christen. Die Taufe und die Zugehörigkeit zur Kirche sind ein wichtiges Kennzeichen unseres Christseins.

Soll dies aber nicht nur eine Äußerlichkeit sein, dann werden wir uns auch fragen, was es bedeutet, wenn wir getauft sind und zur Kirche gehören. Es heißt nämlich, dass wir den Glauben der Kirche teilen und im Herzen mittragen. Dieser Glaube kommt ganz wesentlich im Glaubensbekenntnis zum Ausdruck, welches wir an jedem Sonn- und Feiertag bei der heiligen Messe beten. Wir bekennen uns zu Gott dem Dreifaltigen, dem Schöpfer des Himmels und der Erde. Wir glauben an den einen Gott in drei Personen: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Wir bekennen die Menschwerdung des Sohnes Gottes, sein Leiden und Sterben am Kreuz, seine Auferstehung und Himmelfahrt sowie seine Wiederkunft in Herrlichkeit. So erhoffen wir, gestärkt durch den Heiligen Geist, die ewige Vollendung unserer Erlösung in der Gemeinschaft aller Heiligen.

Das „Christ-Sein“ hat ganz wesentlich mit Glaube, Taufe und Kirche zu tun. Wenn der Glaube sich im Leben verwirklicht, dann können wir sagen: Der versucht das zu leben, was er glaubt; der steht dafür ein. Erst das ist glaubwürdig. Worte können nicht überzeugen, wenn sie vom Leben nicht gedeckt sind. Eben darum können wir feststellen: Zum Christ-Sein gehört das Leben aus dem Glauben. Zum Christ-Sein gehört es, dass wir gleichsam in die „Schule Jesu“ gehen, dass wir Schüler oder Jünger des Herrn sind, dass wir von ihm lernen und ihm nachfolgen.

Die „Nachfolge Christi“ ist das Kennzeichen des Christen! Nur wenn wir bereit sind, dem Herrn zu folgen und seinen Weg auch zu dem unseren zu machen, haben wir Gemeinschaft mit ihm und seiner Kirche.

Ein konsequenter Zeuge für die Nachfolge Christi war der heilige Franz von Assisi. Er nahm all das, was wir im heutigen Evangelium gehört haben, buchstäblich ernst. Er verwirklichte die Worte Jesu in seinem Leben: „Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.“ Bereitwillig gab Franz den Reichtum seines väterlichen Erbes hin und zählte sich fortan freiwillig zu den Armen. Er wollte dem Herrn nachfolgen und war bereit alles zu verlassen. Alles Übrige wollte er gering achten: Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben. In allem suchte er Gott zu dienen und dem gekreuzigten Herrn Jesus Christus nachzufolgen.

Ein faszinierender Weg – jedoch nur für wenige in dieser Radikalität umzusetzen! Was aber ist mit uns übrigen, die wir auch Jesus Christus nachfolgen wollen, aber nicht einfach „aussteigen“ können aus dem Lärm und Getriebe dieser Welt wie Franz von Assisi? Wie schaffen wir es, dem Herrn zu dienen? Gibt es auch für uns einen Weg der Heiligkeit? Oder war Franz von Assisi „der letzte Christ“, wie es der vom katholischen Glauben abgefallene Priester und Theologe Adolf Holl in einem Buch ausgedrückt hat, dessen Beispiel zwar alle bewundern, dem jedoch niemand an Radikalität des Lebens nachkommen kann? Sollen wir in unserem Christ-Sein kapitulieren, weil wir das Ideal sowieso nie erreichen?

Keineswegs! Jesus Christus lädt auch uns ein, dass wir ihm folgen auf seinem Weg. Es braucht nicht so spektakulär zu sein wie bei Franz von Assisi, bei Elisabeth von Thüringen, bei Maximilian Kolbe oder bei Mutter Teresa von Kalkutta. Es genügt der „kleine Weg“ des Alltags. Hier finden wir täglich das Kreuz, das uns von Gott zugedacht ist und das wir tragen sollen. Hier gibt es die vielfältigen Gelegenheiten zur Selbstverleugnung, die andere in der Wüste oder in Klöstern gesucht haben. Wer Gott und den Menschen in Liebe dient, folgt auf diese Weise wirklich Christus nach und ist sein Jünger. Dann heißen wir Christen und haben das Recht, uns so zu nennen.

Bitten wir die heilige Gottesmutter Maria, dass sie uns zeigt, wie wir ihrem Sohn Jesus Christus wirklich nachfolgen sollen! Wer Gott sein Herz in Liebe schenkt, geht nicht leer aus, sondern wird das ewige Leben empfangen. Amen.

Quelle: www.stjosef.at


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