Eine berühmte Konvertitin: Gertrud von le Fort (1876 - 1971)

19. Jänner 2024 in Chronik


„1925 konvertiert sie in Rom zum Katholizismus, dem sie bis zum Lebensende in unerschütterlicher Weise treu bleibt. Eines der wohl mitreißendsten Werke aus ihrer Feder ist die Novelle ‚Die Letzte am Schafott‘.“ Gastbeitrag von Elmar Lübbers-Paal


München (kath.net) „...Gertrud von le Fort ist, auch wenn nicht groß von Gestalt, eine hohe, aufrechte Frau – ein Mensch, in dessen Gegenwart man nichts Überflüssiges sagen, nicht einmal denken wird … Diese Frau mit den zartesten Händen, mit der feurig bewegten Leidenschaft ihres machtvollen Blicks“, so beschreibt Carl Zuckmayer 1966 seine befreundete Bekannte in einer Laudatio.

Die am 1. November 1971 verstorbene Schriftstellerin, deren Herz der Kirche gehörte, ist 95 Jahre alt geworden. Angesichts des gesellschaftlichen Umbruchs in unserer Gesellschaft, sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf diese Ausnahmegestalt der deutschen Literaturgeschichte lenken.

Die Baronesse Gertrud erblickt am 11. Oktober 1876 in Minden/Westfalen das Licht der Welt. Ihr vollständiger Name lautet: Gertrud Auguste Lina Elsbeth Mathilde Petrea Freiin von le Fort. Ihre Eltern entstammten einer adligen Waldenserfamilie aus dem Piemont, die sich streng nach einer speziellen protestantischen Lehre richtet. Die Familie le Fort flüchtete infolge des hundertjährigen Religionskrieges in Frankreich ins mehrheitlich protestantische Norddeutschland und lässt sich in Mecklenburg nieder.

Ihre frohen Kindheitstage verbringt Gertrud hauptsächlich auf dem Familiengut Boek im heutigen Ortsteil Rechlin an der Müritz. Da der Vater Lothar (1831 - 1902) als preußischer Oberst tätig ist, zieht die Familie mit ihm in die verschiedensten Garnisionsstädte um. Die ersten schulischen Unterrichtungen bekommt sie vom Vater und später von Hauslehrern. Erst sehr spät, als die Familie in Hildesheim wohnt, besucht Gertrud eine öffentliche Schule. Das stetige Lernen und der praktische Wissensaufbau prägt viele Jahre ihres Lebens.

Ihre vielfältigen Reisen innerhalb Europas öffnet sie für eine ausgeprägte Weitsicht auf die Dinge in der Welt. Durch ihre Studien, die sie in Heidelberg, Marburg und Berlin absolviert, bildet sie sich in Geschichte, dort ganz besonders in der Kunstgeschichte, aber auch in Literatur und Philosophie fort. Intensiv widmet sich Gertrud der evangelischen Theologie in der Hauptstadt des Deutschen Reiches. Ihre Vorlesungsmitschriften beim Religionsphilosophen Ernst Troeltsch, in der es um seine Glaubenslehre geht, veröffentlicht sie nach seinem Tod.

Trotz ihrer streng protestantischen Erziehung bewahrt sie sich stets eine offene und interessierte Haltung gegenüber anderen religiösen Anschauungen. Dies mag wohl auch dazu beitragen, dass sie sich, spätestens als sie ab 1922 in Baierbrunn bei München wohnt, dem katholischen Glauben zuwendet. Zwei Jahre später veröffentlicht sie noch als Protestantin ihr „katholisches“ Werk „Hymnen an die Kirche“. Ein Jahr später, 1925, konvertiert sie in Rom zum Katholizismus, dem sie bis zum Lebensende in unerschütterlicher Weise treu bleibt.

Zu der Zeit, als die Nazis Oberhand gewinnen, beginnt sie Vortragsabende zu gestalten, wodurch sie viele intellektuelle Persönlichkeiten kennen und schätzen lernt. So ist es ihr vergönnt, über Kontakte aus den Veranstaltungen Edith Stein und Paul Claudel persönlich kennenzulernen. Le Fort nimmt eine Anti-Nazi-Position ein, in dem sie das Idealbild Deutschlands als ein christliches „Heiliges Deutsches Reich“ favorisiert.

Obwohl sie bei den Nazis als unerwünscht angesehen und als Schriftstellerin aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen wird, kann sie weiter veröffentlichen. Das liegt wohl zu einem großen Teil daran, dass dem Inhalt ihrer Manuskripte zumeist historische Bezüge zu Grunde liegen und die NS-Ideologen nicht die tiefere Dimension ihrer Abhandlungen zu erahnen vermögen. Mit Ausnahme von drei Jahren in der Schweiz (1946-1949) bleibt sie ihrer Wahlheimat, seit 1939 Oberstdorf im Allgäu, treu.

Gerade nach dem Kriegsende, als viele Menschen niedergedrückt sind und sinnstiftende und ermutigende Literatur suchen, werden viele in den Werken von Gertrud von le Fort, die auch unter Pseudonymen (Gerta von Stark und Petrea Vallerin) veröffentlicht wurden, fündig. Eines der wohl mitreißendsten Werke aus ihrer Feder ist die Novelle „Die Letzte am Schafott“, in der sie das Martyrium der sechzehn Karmelitinnen von Compiègne, die heiliggesprochen sind, mitfühlend nachzeichnet. 1960 wird auf der Grundlage von le Forts Erzählung der Film „Opfergang einer Nonne“ produziert. Aber schon vorher dient die Novelle als Basis für Theateraufführungen und sogar für eine Opern-Aufführung an der Mailänder Scala (1957).

Am 1. November 1971, dem Festtag Allerheiligen, verstirbt Gertrud von le Fort hochbetagt in Oberstdorf. In einem Ehrengrab wird sie am 5. November auf dem Waldfriedhof ihrer letzten Wahlheimat bestattet. Etliche weltliche Auszeichnungen werden ihr zuteil. Die wohl bedeutendsten sind 1953 das „Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland“ und 1966 der „Stern zum Großen Bundesverdienstkreuz“. 1956 wird sie als erste Frau Ehrendoktorin der Ludwig-Maximilians-Universität München (Katholisch-Theologische Fakultät). Einige ihrer Werke sind in den letzten Jahren auch als Hörbücher erschienen. Die Gertrud-von-le-Fort-Gesellschaft bewahrt ihr Andenken und fördert die Erhaltung ihres schriftstellerischen Erbes.

Archivfoto (c) Gertrud von le Fort-Gesellschaft zur Förderung christlicher Literatur e.V.


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