Die Unmäßigkeit im Essen und Trinken. Eucharistische Menschen sein!

10. Jänner 2024 in Aktuelles


Franziskus: Das Problem der Völlerei in Gesellschaften des sogenannten Wohlstands und die soziale und ökologische Dimension. Lassen wir uns vom Evangelium von der persönlichen Völlerei und der gesellschaftlichen Völlerei heilen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Mein Sohn, wenn dein Herz weise ist, / so freut sich auch mein eigenes Herz. […] Gesell dich nicht zu den Weinsäufern, / zu solchen, die im Fleischgenuss schlemmen; denn Säufer und Schlemmer werden arm, / Schläfrigkeit kleidet in Lumpen“ (Spr 23,15.20-21).

Zweite Generalaudienz des Jahres 2024. Papst Franziskus setzte seine neue Katechsenreihe zum Thema der Tugenden und Laster fort. Der Papst widmete sich in der dritten Katechese dem größeren Zusammenhang der Unmäßigkeit im Essen und Trinken.

Jesus erkläre im Hinblick auf die Speisen: „Nicht was in den Menschen hineinkommt, sondern was aus ihm herauskommt, macht ihn unrein“ (vgl. Mk 7, 20). Dadurch mache der Herr deutlich, dass es auf das rechte Maß und die richtige innere Haltung zur Nahrung ankommt. Diese gehe in den Wohlstandsgesellschaften verloren, wenn entweder zu viel oder zu wenig gegessen werde.

Die Unmäßigkeit habe sodann eine soziale Dimension, die in der Ausbeutung der Ressourcen unseres Planeten zutage trete: „Lassen wir uns durch das Evangelium von diesem Laster heilen, bewahren wir in Dankbarkeit die uns anvertraute Schöpfung und teilen wir ihre Gaben mit allen Brüdern und Schwestern“.

Während die Haltung Jesu gegenüber den jüdischen Vorschriften seine vollständige Unterwerfung unter das Gesetz offenbare, zeige er Verständnis für seine Jünger: „Als sie auf frischer Tat ertappt werden, weil sie Hunger haben und am Sabbat Ähren pflücken, rechtfertigt er sie, indem er daran erinnert, dass auch König David und seine Gefährten in ihrer Not gegen ein Gebot verstoßen haben“. Vor allem aber bekräftige Jesus mit einem schönen Gleichnis einen neuen Grundsatz: „Die Hochzeitsgäste können nicht fasten, wenn der Bräutigam bei ihnen ist. Sie werden fasten, wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird“. Alles sei jetzt relativ zu Jesus. Wenn er in unserer Mitte sei, könnten wir nicht trauern. Aber in der Stunde seines Leidens, da fasteten wir. Jesus wolle, dass wir uns in seiner Gesellschaft freuen. Aber er wolle auch, dass wir seine Leiden teilten, die auch die Leiden der Kleinen und der Armen seien.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Jesus lasse die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Lebensmitteln fallen, die einer der Eckpfeiler einiger Kulturen der alten Welt gewesen sei. In Wirklichkeit - so lehre Jesus - „ist es nicht das, was in den Menschen hineingeht, was ihn verunreinigt, sondern das, was aus seinem Herzen herauskommt. Und so sagte er: ‚Alle Speisen sind rein‘“.

Aus diesem Grund kenne das Christentum keine unreinen Speisen. Aber die Aufmerksamkeit, die wir haben müssten, sei die innere: also nicht Nahrung selbst, sondern unsere Beziehung zu ihr.

Diese gelassene Beziehung, die Jesus in Bezug auf das Essen hergestellt habe, sollte wiederentdeckt und geschätzt werden, vor allem in Gesellschaften des sogenannten Wohlstands, in denen so viele Ungleichgewichte und Pathologien aufträten: „Man isst zu viel oder zu wenig. Die Menschen essen oft in Einsamkeit. Essstörungen sind auf dem Vormarsch: Magersucht, Bulimie, Fettleibigkeit... Und Medizin und Psychologie versuchen, die schlechte Beziehung zum Essen zu bekämpfen“.

Es handle sich um Krankheiten, die oft sehr schmerzhaft seien und meist mit Qualen der Psyche und der Seele zu tun hätten. Wie Jesus lehrte, seien nicht die Nahrungsmittel selbst falsch, sondern die Beziehung, die wir zu ihnen einnähmen. Das Essen sei der Ausdruck von etwas Innerem: „die Veranlagung zur Ausgewogenheit oder zur Maßlosigkeit. Die Fähigkeit zu danken oder der arrogante Anspruch auf Autonomie. Die Empathie derer, die es verstehen, die Nahrung mit den Bedürftigen zu teilen, oder der Egoismus derer, die alles für sich selbst horten. Sage mir, wie du isst, und ich werde dir sagen, welche Seele du besitzt“.

Die Kirchenväter hätten das Laster der Völlerei „Gastrimargia“ genannt, ein Begriff, der mit „Tollheit des Bauches“ übersetzt werden könne. Es handelt sich um ein Laster, das sich auf eines unserer lebenswichtigen Bedürfnisse, wie die Nahrung, übertrage.

Aus sozialer Sicht sei die Völlerei vielleicht das gefährlichste Laster, das den Planeten töte. Denn die Sünde derjenigen, die sich ein Stück Kuchen gönnten, richte alles in allem keinen großen Schaden an, aber die Unersättlichkeit, mit der wir uns in den letzten Jahrhunderten auf die Güter des Planeten gestürzt hätten, gefährdete die Zukunft von allen. Wir hätten uns auf alles gestürzt, um Herr über alles zu werden, obwohl alles in unsere Obhut übergeben worden sei.

Hier liege also die große Sünde, die „Tollheit des Bauches“: „Wir haben dem Namen des Menschen abgeschworen, um einen anderen anzunehmen, nämlich ‚Verbraucher‘. Wir haben nicht einmal gemerkt, dass man begonnen hat, uns so zu nennen“. Wir seien geschaffen worden, um „eucharistische“ Männer und Frauen zu sein, fähig zur Danksagung, diskret im Umgang mit der Erde, und stattdessen hätten wir uns in Raubtiere verwandelt.

Jetzt merkten wir, dass diese Form der „Völlerei“ uns und der Umwelt, in der wir leben, viel Schaden zugefügt habe: „Lassen wir uns vom Evangelium von der persönlichen Völlerei und der gesellschaftlichen Völlerei heilen“. Der "Hunger" nach dem Herrn solle unser einziger Hunger sein.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschsprachigen Raum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern, der Herr hat sich in der Eucharistie zu unserer himmlischen Speise gemacht. Er gebe uns die notwendige Kraft, um auf dem Weg der Tugenden fortzuschreiten und ihm ähnlicher zu werden.

Foto (c) Vatican Media

 


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