21. Dezember 2023 in Aktuelles
Christus allein, den der Prophet „Fürst des Friedens“ nennt, Er kann der gequälten Welt Seinen Frieden bringen. Von Walter Kardinal Brandmüller
Rom (kath.net/wb/as) „Wann endlich wird wieder erkannt und verkündigt, dass dieser Zusammenhang existentiell bedeutend ist: Es gibt ohne das Gloria in excelsis Deo keinen Frieden auf Erden und ohne Frieden auf Erden keine wahre Verherrlichung, Anbetung Gottes.“
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Von Walter Kardinal Brandmüller
Wiederum gehen wir auf das Weihnachtsfest zu.
Wir – das heiß: Christen, Juden und Muslime. Mögen diese dabei an die Jesus erwähnenden Texte des Koran denken, die den Propheten Isa kennen, so kann auch ein säkularer Jude, für den Jeschuah ben Joseph eine bedeutende historische Gestalt Israels ist, das jährliche Gedächtnis seiner Geburt begehen und, dafür hat sich nun einmal der 25. Dezember oder im byzantinischen Osten der 6. Januar eingebürgert.
Für die Christen – aller Konfessionen – ist die Geburt Jesu im Jahre 7 oder 6 vor der christlichen Zeitrechnung - das genaue Datum ist nicht überliefert – das zentrale Ereignis der Weltgeschichte, der Geschichte des Kosmos. Das jährliche Gedächtnis dieses Himmel und Erde, ja das gesamte Weltall bewegenden Geschehens ist für den Christen – sofern er am Glaubensbekenntnis der Konzilien von Nicaea und Chalkedon festhält – das Fest der Geburt der Zweiten Person der Göttlichen Dreieinigkeit. Hinein in die Welt der Menschen.
Ein unerhörtes, unergründliches Geheimnis, das der Mensch nur im Dunkel seiner Sinne, im Versagen des Verstandes glaubend anbeten kann.
Und nun schicken wir uns an, auch im Jahre 2023 das Gedächtnis dieses Ereignisses, nach dem wir unsere Jahre zählen, zu begehen, weil es dem Lauf der Welt die entsxgeidende Wende zum Heil, zur Vollendung gegeben hat.
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„Ein Licht strahlt heute über uns auf, denn geboren ist uns der Herr. Und man nennt ihn: Starker Gott, Friedensfürst, Vater der kommenden Welt…“. – so beginnt die Feier der Heiligen Eucharistie in der Frühe des Weihnachtstages.
Wir fragen uns: Auf welche Welt fallen in diesem Jahr die Strahlen dieses Lichtes? Es ist eine gespenstische, eine geradezu apokalyptische Landschaft.
Erdbeben häufen sich, begraben tausend Menschen unter Trümmern, Vulkane in der Südsee und Island brechen aus, nun drohen auch Ätna, Vesuv und Stromboli ihre alles vernichtende Glut auszustoßen. Zugleich schmelzen die Eisberge der Antarktis und bedrohen mit Sturmfluten unsere Küsten.
Es scheint die Elemente hätten sich gegen den Menschen verschworen – eben jenen Menschen, der in seiner Hybris, seiner Gier, seinem Allmachtswahn jenen Auftrag des Schöpfers „Macht Euch die Erde untertan“ als einen Freibrief zu Ausbeutung und Missbrauch der Schöpfung versteht.
Nun aber steht er ratlos auch vor den unheilvollen Folgen seines Tuns – dem Zauberlehrling des Gedichtes gleich, der dem Meister zuruft: „Herr, die Not ist groß – die ich rief, die Geister, werd ich nicht mehr los“.
Und damit nicht genug. Hilflos, geradezu wie gelähmt sehen wir dem erbarmungslosen Krieg, der in der Heimat jenes Jesus von Nazareth tobt, den der Prophet Jesaja (9,61) als „Starker Gott, Fürst des Friedens“ angekündigt hat. Doch nicht nur im Lande Israels – auch im Osten Europas herrscht Krieg zwischen Russland und der Ukraine – ein Krieg, in dem in Wahrheit mehrere europäische Staaten samt den USA der Russischen Föderation gegenüberstehen.
Noch schlimmer ist aber die auf breiter ideologischer Front sich zunehmend verschärfende Auseinandersetzung um „den Menschen“, das Humanum.
Die Auflösung der Urzelle der Menschheit, der lebenslangen Verbindung eines Mannes und einer Frau samt deren Kindern, der Familie, wird von starken ideologisch-politischen Kräften vorangetrieben. Man propagiert die widernatürlichsten Formen von „Familie“ und zugleich die Verhinderung von Geburten – und noch viel mehr an Zerstörung der menschlichen Natur. Welche Zukunft steht uns bevor?
In eben dieser Welt, in diesem Augenblick der Geschichte steht wiederum das Weihnachtsfest bevor. Das wäe nun wirklich wieder einmal die Stunde der Kirche, die Weihnachtsbotschaft von der Geburt des Heilandes zu verkünden: „Christ der Retter ist da!“
Aber wird es nicht auch in diesem Jahr wieder so geschehen, dass die geweihten und gesandten Boten dieser „Frohen Botschaft“, die (deutschen) Bischöfe, vor ihrer Sendung als „Freudenboten“ in großer Zahl versagen?
Werden nicht wieder Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung oder Migrantenströme Themen bischöflicher Weihnachtspredigten sein? Nun, wir werden sehen – und hören. Dabei erinnern wir uns an Themen von Weihnachtspredigten aus der Zeit der Aufklärung. Da hörte man von den Kanzeln viel Fortschrittlich-Nützliches über Geburtshilfe und Säuglingspflege, Wöchnerinnenprobleme… Ähnliches kennt man doch auch heute!
Werden wir dieses Jahr denn endlich wieder die wahre „Frohe Botschaft“ hören: „Heute ist euch der Retter geboren – Ehre sei Gott in der Höhe“?
Das ist doch die Weihnachtsbotschaft, die die Glocken klingen macht und in der dunklen Nacht Lichter entzündet. Wo und wann immer diese Botschaft verkündet und gehört wird, wird sie den Lauf der Welt zum Guten lenken.
Muss denn aus dem „Ehre sei Gott in der Höhe“, hier und heute auch von Menschen gesungen und gelebt, nicht sogleich auch der „Friede auf Erden“ erblühen? Wann endlich werden die Mächtigen, die den Lauf der Welt und die Ströme des Goldes lenken, diesen innersten Zusammenhang erkennen, der zwischen der Anbetung, der Verherrlichung Gottes und dem „Frieden auf Erden“ besteht?
Wann endlich wird wieder erkannt und verkündigt, dass dieser Zusammenhang existentiell bedeutend ist: Es gibt ohne das Gloria in excelsis Deo keinen Frieden auf Erden und ohne Frieden auf Erden keine wahre Verherrlichung, Anbetung Gottes.
Würde diese Botschaft doch an den Zentren der Macht endlich gehört!
Blicken wir hundert Jahre zurück:
Kriegsweihnacht 1914. Schützengräben in Flanderns Erdem Franzosen und Schotten stehen den deutschen Truppen gegenüber. Sie konnten einander hören und sehen, die Lichter und die Lieder. Erst leise, dann lauter: Stille Nacht, heilige Nacht. Zaghaft klettern sie aus ihren Unterständen, rufen einander zu: Nicht schießen!, kommen sich immer näher und singen in ihren verschiedenen Sprachen „Christ, der Retter ist da!“
Beinahe konnte man meinen, es habe sich aufs Neue die Weissagung des Jesaja erfüllt: „Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel im Blut gewälzt wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt. Man rief seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“
Doch dann aufs Neue donnern die Kanonen in die „Stille Nacht“. Könnte, so fragen wir, nicht auch heute die Feier der Geburt Jesu die Waffen schweigen lassen? In Gaza, im Libanon? Kennen doch – wenngleich auf je ihre Weise – Christen, Muslime und Juden seinen Namen?
Er allein, den der Prophet „Fürst des Friedens“ nennt, Er kann der gequälten Welt Seinen Frieden bringen.
Foto (c) Armin Schwibach
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