Effata, öffne dich, Kirche!

13. Dezember 2023 in Aktuelles


Franziskus: Öffne dich, verschließe dich nicht in deiner religiösen Bequemlichkeit. Öffne dich, Kirche, für den Atem des Heiligen Geistes. Eine Gefahr: ideologisches Christsein. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu ihm: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden“ (Mk 7,31-35).

Siebenunddreißigste Generalaudienz 2023. Papst Franziskus beendete seine Katechesenreihe zum Thema „Die Leidenschaft für die Evangelisierung: der apostolische Eifer des Gläubigen“ fort. In der dreißigsten und letzten Katechese unterstrich der Papst die Bedeutung der befreienden Verkündigung des Evangeliums jenseits von Proselytismus und dem Verbleiben in Altgewohntem.

Bei der Spendung der Taufe berühre der Zelebrant Ohren und Mund des Täuflings und spreche: „Der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf Effata dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, öffne er auch dir die Ohren und den Mund, dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes“.

Jesus habe die Heilung des Taubstummen in vorwiegend heidnischem Gebiet vollbracht und auf diese Weise bekundet, dass der Ruf allen Menschen gelte. Auch wir als Getaufte sollen immer mehr auf Jesus hören und ihn verkünden.

Wenn wir uns für das Wirken seines Geistes öffneten, könnten wir die frohe Botschaft von der befreienden Gegenwart Gottes mit neuem apostolischem Eifer vor der Welt bezeugen.

Der Papst beschloss so den Zyklus, der dem apostolischen Eifer gewidmet war und in dem wir durch das Wort Gottes, das Leben einiger Zeugen und das jüngste Lehramt angeregt wurden, eine Leidenschaft für die Verkündigung des Evangeliums zu entwickeln: „Das geht jeden Christen an, ich wiederhole es, von Anfang an“.

Der Evangelist Markus beschreibe lange, wo dies geschehen sei: am See Genezareth, mitten im Gebiet der Dekapolis, nachdem Jesus die Gegend von Tyrus verlassen und Sidon durchquert habe (V. 31). „Was haben diese Gegenden gemeinsam?“, fragte sich Franziskus: „Sie sind überwiegend von Heiden bewohnt. Die engsten Jünger scheinen diesen ‚Ausflug‘ Jesu nicht zu schätzen, der stattdessen dort einen Taubstummen heilt“.

Zuvor habe es im gesamten Alten Testament keine Heilung von Taubstummen gegeben.: „Erinnern wir uns, dass die Bedeutung von Stummheit und Taubheit in der Bibel vor allem metaphorisch ist und die Verschlossenheit gegenüber den Rufen Gottes bezeichnet. Es sind die Jünger, die hier verschlossen sind, und Christus scheint sich an sie zu wenden: Er macht die Geste, sie ‚beiseite zu nehmen‘, und jedes Mal, wenn das Markusevangelium diesen Ausdruck verwendet, verweist es auf ihr Unverständnis“.

Es scheine also, dass Jesus, indem er die Jünger aus der Sicherheit der gewohnten Gebiete herausführe und einen Heiden heile, damit er das Evangelium hören könne. Er möchte, dass seine Jünger die Einladung annähmen, die engen Grenzen eines Volkes oder eines religiösen Kreises zu verlassen, um die rettende und befreiende Gegenwart Gottes allen zu verkünden: den Fremden, den weit Entfernten, den Tauben an Leib und Herz, denjenigen, die nicht dieselbe Sprache sprächen.

Ein weiteres Zeichen sei bezeichnend. Das Evangelium berichte das entscheidende Wort Jesu auf Aramäisch, der Sprache, in der er mit den Jüngern sprach. Effata bedeute „öffnete dich“. Es sei eine Aufforderung, die sich nicht so sehr an den Taubstummen richte, der sie nicht hören könne, als vielmehr gerade an die Jünger von damals und aller Zeiten. „Öffne dich“, sage Jesus, „denn die Botschaft des Evangeliums braucht dich, um bezeugt und verkündet zu werden. Öffne dich, verschließe dich nicht in deiner religiösen Bequemlichkeit und in deinem ‚das hat man schon immer so gemacht‘! Öffne dich, Kirche, für den Atem des Heiligen Geistes, der dich dazu drängt, missionarisch zu sein, zu evangelisieren!". Ein verschlossener Christ sei ein Ideologe.

Missionarischer Eifer sei in der Tat keine Propaganda, um Zustimmung zu erlangen noch fülle er den Kopf mit Vorstellungen, sondern er entzünde den Funken der Liebe Gottes im Herzen. In Abwandlung eines schönen Wortes könnte man sagen, dass das Herz derer, denen wir etwas verkünden, „kein Gefäß ist, das gefüllt werden muss, sondern ein Feuer, das angezündet werden muss“.

Der apostolische Eifer hänge also nicht von der Organisation ab, sondern vom Eifer. Er werde nicht an der Zustimmung gemessen, die wir erhielten, sondern an der Liebe, die wir gäben.

Am Ende der Evangelien gebe Jesus seinen missionarischen Wunsch mit auf den Weg. Auf der letzten Seite des Johannesevangeliums (vgl. 21,1-18) gebe er Petrus den Auftrag, seine Schafe zu weiden, Hirte für alle zu sein. Er vertraue ihm diese Aufgabe in Galiläa an, in der heterogensten und am stärksten zusammengesetzten Region des Landes zu jener Zeit. Jesus anvertraue dem Petrus dort an: nicht in Jerusalem, dem reinsten und identifizierbarsten religiösen Ort, sondern im heidnischen Galiläa, und zwar nach dem wundersamen Fang von 153 großen Fischen, einer Zahl, die an alle Völker der Welt erinnere (vgl. V. 11). Die Botschaft sei klar: „Um Hirte des Gottesvolkes zu sein, muss man Menschenfischer sein, bereit, die Ufer der eigenen Sicherheiten zu verlassen, um mit dem Evangelium in das Meer der Welt hinauszufahren“.

„Fühlen wir uns alle als Getaufte berufen, Jesus zu bezeugen und zu verkünden“, so der Papst abschließend: "Bitten wir um die Gnade, als Kirche eine pastorale und missionarische Umkehr durchführen zu können“. Der Herr fragte Petrus am Ufer des Sees von Galiläa, ob er ihn liebe, und habe ihn dann gebeten, seine Schafe zu weiden (vgl. V. 15-17): „Fragen wir uns auch: Liebe ich den Herrn wirklich so sehr, dass ich ihn verkünden will? Möchte ich sein Zeuge werden oder begnüge ich mich damit, sein Jünger zu sein? Nehme ich mir die Menschen, denen ich begegne, zu Herzen, bringe ich sie im Gebet zu Jesus? Möchte ich etwas dafür tun, dass die Freude am Evangelium, die mein Leben verändert hat, auch ihr Leben schöner macht?“.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Pilger deutscher Sprache, die heilige Jungfrau und Märtyrerin Luzia, deren liturgischer Gedenktag heute begangen wird, helfe uns, durch unser Glaubenszeugnis Christus, das Licht der Völker, aufleuchten zu lassen.

Die Pilger und Besucher aus Polen grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Ich grüße alle Polen ganz herzlich. Eine besondere Art, den Advent in eurer Heimat zu erleben, ist die Teilnahme an den Rorate-caeli-Messen. Möge diese schöne Tradition, die die Erwartung des kommenden Erlösers zusammen mit Maria zum Ausdruck bringt, zu einer Gelegenheit werden, Zeugnis für euren lebendigen Glauben abzulegen. Ich segne euch von Herzen!

Foto (c) Vatican Media

 


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