Menschenrechte bis auf Widerruf - 5 Jahrzehnte Gewalt an Ungeborenen und Müttern

30. November 2023 in Prolife


Ein Gastkommmentar zu 50 Jahre Abtreibungsgesetz in Österreich von Raphaela Ebner, Pressesprecherin Jugend für das Leben Österreich


Wien (kath.net)

„Lass gut sein – es gibt ja die Fristenlösung, damit können doch alle leben!“, versucht sich so mancher aus einer unangenehmen Diskussion zum Thema Abtreibung herauszureden. Aber halt, nicht ganz: Diese Regelung hat nie Lösung geheißen. Weil sie nie eine war und nie eine sein wird. Was genau aber steckt hinter dem modischen Wort? Fest steht: Mit der Verabschiedung der Fristenregelung vor heuer 50 Jahren wurde Unrecht zu Gesetz, seitdem 1,5 Millionen Kinder „rechtmäßig“ getötet, und Frauenleben nachhaltig geschädigt. 

Was ist die Fristenregelung?

Unter dem Begriff der Fristenregelung wird der Zeitraum verstanden, in welchem ein ungeborenes Baby in Österreich straffrei abgetrieben werden kann. Sie umfasst die ersten drei Monate der Schwangerschaft, beginnend mit der Einnistung: Paragraph 96 im österreichischen Strafgesetzbuch belegt Abtreibungen prinzipiell mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren für den Arzt und bis zu einem Jahr für die Frau. Doch der nachfolgende Paragraph, §97 im StGB, hängt die Fristenregelung an: Demnach ist Abtreibung unter der oben genannten Frist „straffrei“ gestellt, jedoch weder Gesundheitsvorsorge noch ein „Menschenrecht“ oder Anrecht der Frau.

Der lange (Ab)Weg zur Fristenregelung

Großherzogin Maria Theresia, berühmt für die Einführung der Schulpflicht, war die erste, welche gesetzlich gegen Abtreibungen vorging. Sie verabschiedete im Jahr 1803 den §144 im Strafgesetzbuch: Wer eine Abtreibung durchführt oder an sich durchführen lässt, macht sich eines Verbrechens schuldig und gehört bestraft. Diese Maxime galt grundsätzlich offiziell bis in die 1970er Jahren, wenngleich es zwischen 1850 und den 1960ern mehrere Reformbestrebungen gegeben hat und sie in den Kriegs- und auch Nachkriegsjahren des 20, Jahrhunderts ganz und gar nicht nach ihr gehandelt wurde.

 

Während der Kanzlerschaft Bruno Kreiskys und der Alleinregierung der SPÖ von 1970 bis 1983, kam es zum Dammbruch. Das geschah natürlich nicht von heute auf morgen. Sozialistische feministische Strömungen mit dem Ziel der Abtreibungsliberalisierung waren schon vor dem 1. Weltkrieg entstanden. Nach der NS-Zeit war zwar die Regelung „zur Verhütung erkrankten Nachwuchses“ für ungültig erklärt worden, die jüngste Gesetzeserweiterung des §144 „zum Schutz des keimenden Lebens“ von 1937 erhielt allerdings ebenfalls seine Geltung nicht zurück. Abtreibung war gesetzliche Grauzone; verboten, doch von Ärzten als „Notstandssituation“ und eine „erweiterte medizinische Indikation“ zu rechtfertigen Die kriegsbedingte Not war groß, doch gilt, heute wie damals und immer: „Die Vernichtung eines lebenden menschlichen Wesens ist keine Lösung für ein grundsätzlich soziales Problem.“ (Dr. Bernard Nathanson, Produzent „Der Stumme Schrei“, ehem. Abtreibungsarzt).

Die Diskussion um den §144 wurde dann von der von feministischem Gedankengut getriebenen SPÖ wieder angefacht, eine „soziale Indikation“ bei Vergewaltigung oder Armutsverhältnissen wurde offiziell gutgeheißen. Anliegen der SPÖ war es, Abtreibung als Frauengrundrecht sowie Gesundheitsvorsorge zu etablieren. Das Anstreben einer Fristenregelung wurde schließlich in das Parteiprogramm aufgenommen.

Halbwahrheiten und Begriffsverdrehungen als Stimmungsmacher

Seit jeher wurden irreführende Ausdrücke wie „Schwangerschaftsunterbrechung“ und „mein Körper, meine Entscheidung“ verwendet – allerdings in einer Zeit, wo es weder Ultraschall noch Babykino gab. Dass unwissenschaftliche Mythen wie jener, dass man eine Schwangerschaft einfach unterbrechen könnte und eine Abtreibung niemanden als die Mutter betreffe, dass es das Kind noch nicht als solches gebe, bis heute nicht großflächig aus der Welt geschaffen sind, ist ein Armutszeugnis für ganz Österreich.

29. November 1973: Die Regelung wird verabschiedet

Am 29. November 1973 schließlich wurde allein mit den Stimmen der SPÖ die Fristenregelung angenommen. Gleichzeitig wurde eine Entschließung beantragt, in der festgestellt wurde, dass Abtreibungen nicht wünschenswert oder medizinisch empfehlenswert seien.[4] Ein Veto des Bundesrates, wo ÖVP und FPÖ die Stimmenmehrheit besaßen, wurde eingelegt. Die Salzburger Landesregierung stellte an den VfGH einen Antrag, den neuen Absatz aufzuheben. Es wurde ein Volksbegehren initiiert, das 1974 knappe 900.000 Unterschriften erbrachte (und damit das Volksbegehren mit den meisten Unterstützern jemals war). Weitere Verhandlungen und Wahlen erfolgten, bis schlussendlich im Jahr 1975, zwei Jahre später, die Fristenregelung durch den §97 in StGB in Kraft trat. 

Fristenregelung aus gesellschaftspolitischer Bequemlichkeit?

Die ÖVP heute vertritt offiziell theoretisch denselben Standpunkt betreffend Abtreibung wie in den 70ern. In ihrem Grundsatzprogramm ist nach wie vor festgehalten: Wir lehnen den Schwangerschaftsabbruch ab. Politik und Gesellschaft haben jene Bedingungen zu schaffen, die Abtreibungen vorbeugen.“ (Die Volkspartei, Grundsatzprogramm (2015), S. 32). 

Es ist doch erstaunlich, wie schwach die Partei heute an diesem Grundsatz festhält, wie wir in Tirol und Vorarlberg erleben müssen, wo der alten Forderung der SPÖ, an allen Krankenhäusern kostenlos abtreiben zu können, nicht mehr mit Bestimmtheit die Stirn geboten wird. Viele österreichische Institutionen haben seit 1975 ihren Kampf für das Lebensrecht stark relativiert. Die mit der Fristenregelung einhergehenden Bemühungen um Frauen- und Familienförderungen (die sog. flankierenden Maßnahmen, um Abtreibungszahlen niedrig zu halten) scheinen sich im Sand verlaufen zu haben. Heute lautet das Motto: Abtreiben ist immer und überall die erstbeste Option, und wer eine Mutter frägt, warum sie abtreiben lässt, wer eine Abtreibung verhindern und eine Schwangere auf einen anderen Weg aufmerksam machen möchte, ist reaktionärer Frauenfeind. 

Jugend schöpft Hoffnung: Jugend für das Leben 

Während Umfragen zufolge in den 70ern sich immer ungefähr die Hälfte der Bevölkerung (übrigens: meist etwas mehr Männer als Frauen) für Liberalisierungen generell und die Fristenregelung äußerte, zeigte sich 10 Jahre später, dass der abtreibungsbefürwortende Anteil v.a. unter jungen Leuten beträchtlich sank. Durch das Stagnieren der misslichen gesetzlichen Lage ist aber auch das Unrechtsbewusstsein eingeschlafen, wie wir heute feststellen müssen. 1989 schaute sich eine Gruppe Jugendlicher im Rahmen ihres Gebetskreises den Film „Der Stumme Schrei“ des Ex-Abtreibers Dr. Bernard Nathanson aus den USA von 1984 an. Ein augenöffnender Tag – der Geburtstag der Jugend für das Leben. 

Seit über 30 Jahren setzen wir uns jetzt ein für den kompromisslosen Schutz der unbedingten Würde jedes Menschen in jeder Lebensphase. Während alle Welt die Fristenregelung als "Lösung" zelebriert, ist und bleibt Abtreibung ein Tötungsakt, und die größte Menschenrechtsverletzung unserer Zeit. 

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