Für alle, alle, alle!

22. November 2023 in Aktuelles


Franziskus: die Berufung jedes Christen - freie und mutige Werkzeuge seiner Liebe sein. Das Christentum nicht mit einer Kultur, mit einer ethnischen Gruppe, mit einem System identifizieren. Das Evangelium ist für alle. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,18-20).

Vierunddreißigste Generalaudienz 2023. Papst Franziskus setzte seine Katechesenreihe zum Thema „Die Leidenschaft für die Evangelisierung: der apostolische Eifer des Gläubigen“ fort. In der siebenundzwanzigsten Katechese betonte der Papst als Thema, dass die Verkündigung für alle bestimmt ist.

Nachdem in der letzten Katechese die Freude als ein wesentliches Merkmal der Verkündigung herausgestellt worden sei, sollte heute ein weiterer wichtiger Aspekt betont werden: Die Frohe Botschaft ist für alle bestimmt.

Jesus Christus sei für alle geboren, gestorben und auferstanden.  „Alle haben das Recht, das Evangelium zu empfangen“ und wir „Christen haben die Pflicht, es ausnahmslos allen zu verkünden“ (Evangelii gaudium, 14). Diese universale Dimension der Sendung Jesu werde auch in seiner Begegnung Jesu mit der Kanaanäerin (Mt 15,21-28) offenbar: „Der bewundernswerte Glaube dieser fremden und heidnischen Frau macht deutlich, dass die Botschaft Jesu nicht nur einem Volk, sondern allen Menschen gilt“.

Wenn Gott in der Heiligen Schrift einzelne Menschen oder bestimmte Gruppen berufe, so tue er dies immer, um viele andere zu erreichen und allen seine Liebe zu schenken. Eine Berufung sei nicht als Privileg für den Einzelnen zu verstehen, durch das er sich über die anderen erheben könne. Vielmehr bestehe die Berufung eines jeden Christen darin, „freie und mutige Werkzeuge seiner Liebe zu sein und so den Glauben im Gebet und im Dienst für die anderen zu bezeugen“.

Die Bibel zeige uns so, dass, wenn Gott einen Menschen berufe und einen Bund mit ihm schließe, das Kriterium immer das folgende sei: „Er erwählt jemanden, um viele andere zu erreichen. Alle Freunde des Herrn haben die Schönheit, aber auch die Verantwortung und die Last erfahren, von ihm ‚erwählt‘ zu sein“. Sie hätten Entmutigung erlebt angesichts ihrer eigenen Schwächen oder des Verlustes ihrer Sicherheit. Doch die größte Versuchung bestehe darin, die Berufung, die sie erhalten hätten, als ein Privileg zu betrachten.

Die Bibel lehre vielmehr das Gegenteil: „Wenn Gott jemanden erwählt, dann um alle zu lieben. Gott ruft uns nicht, um uns auf ein Podest zu stellen, sondern um uns zu freien und mutigen Werkzeugen seiner großen und umfassenden Liebe zu machen“. Die Kirche sei kein Ort der Vollkommenen und Privilegierten, sondern eine Gemeinschaft von Jüngern, die Zeugnis ablegten von dem, den sie aus Gnade kennengelernt hätten: Jesus, und die für alle einträten, die beteten, liebten und sich für die Welt aufopferten.

Wir sollten spüren, dass wir im Dienst der universalen Bestimmung des Evangeliums stünden, und uns durch die Fähigkeit auszeichnen, aus uns selbst, über alle Grenzen hinauszugehen. Die Christen versammelten sich mehr auf dem „Kirchhof“ als in der „Sakristei“ und gingen „auf  Straßen und Gassen der Stadt“ (vgl. Lk 14,21). Sie müssten offen und expansiv sein, „extrovers“, und dieser Charakter stamme von Jesus, der seine Anwesenheit in der Welt zu einem ständigen Gehen gemacht habe, das darauf abziele, alle zu erreichen und sogar aus einigen der Begegnungen zu lernen.

Das Evangelium berichte von der überraschenden Begegnung Jesu mit einer fremden Frau, einer Kanaanäerin, die ihn bitte, ihre kranke Tochter zu heilen. Jesus lehne zunächst ab. Doch die Frau antwortet mit der für einfache Menschen typischen Beharrlichkeit:  „Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen“.

Jesus sei beeindruckt und erwidere: „Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst“. Diese Begegnung habe etwas Einzigartiges. Nicht nur, dass jemand Jesus umstimme, und zwar eine Frau, eine Ausländerin und Heidin, sondern der Herr selbst finde die Bestätigung, dass seine Verkündigung nicht auf das Volk beschränkt sein sollte, zu dem er gehöre, sondern für alle offen sei.

„Denken wir daran“, so der Papst abschließend: „Wenn Gott jemanden erwählt, dann tut er dies, um alle zu lieben. Wir brauchen die großzügige Kühnheit dieses universalen Impulses. Auch um der Versuchung vorzubeugen, das Christentum mit einer Kultur, mit einer ethnischen Gruppe, mit einem System zu identifizieren“. Auf diese Weise verliere es seinen wahrhaft katholischen Charakter, seinen spezifischen universalen Charakterzug. Es werde introvertiert, es beuge sich schließlich den Schemata der Welt und könne zu einem Element der Spaltung, der Feindschaft werden, das im Widerspruch zu dem Evangelium stehe, das es verkünde. Das Evangelium sei für alle.

Unsere Verkündigung, unser Dienst sei für alle da, sonst fehle etwas. Wenn wir sähen, dass in unserer Nachbarschaft Menschen lebten, die vielleicht nicht gläubig sind, sollten wir sie als Empfänger derselben Verkündigung von Schönheit und Freude betrachten, die unser Leben verändert habe: „Sie sind Empfänger der gleichen Freude wie wir! Das Evangelium ist nicht nur für mich, sondern für alle“.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher Sprache. Am Ende des Kirchenjahres richten wir unseren Blick auf Christus, den König des Universums und Fürst des Friedens. Geben wir seinem Reich Raum in unseren Herzen, in unserer Gesellschaft und in der ganzen Welt. Beten wir um die Gabe seines Friedens!

Foto (c) Vatican Mecia

 


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