Kardinal Tucho ? Das macht jetzt auch nichts mehr

2. Oktober 2023 in Aktuelles


Auch die jüngsten Kardinalserhebungen sollten uns nicht schrecken. Der Heilige Geist hat längst für uns vorgesorgt. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Der neue Präfekt des Glaubensdikasteriums ist seit Samstag Kardinal. Das haben die Präfekten so an sich, dass sie früher oder später eine roten Hut bekommen. Immerhin war die Glaubenskongregation viele Jahrhunderte eine der wichtigsten Vatikanbehörden, ob sie nun Inquisition, Heiliges Offizium oder wie seit kurzer Zeit Dikasterium für die Glaubenslehre heißen. Man kann davon ausgehen, dass die gegenwärtig nur geringe Bedeutung auf Dauer nicht so bleiben wird. Papst Franziskus interessiert sich weder für Glauben noch für Liturgie. Eine gewisse Wurstigkeit in diesen Fragen kennzeichnet das gesamte Bergoglio-Pontifikat. Auch wenn der Papst die Alte Messe nicht mag und verächtlich über ihre Anhänger redet, muss man sagen, selbst mit so einem Schreiben wie „Traditiones custodes“(TC) ist es heute weitaus einfacher, die Alte Form der Heiligen Messe zu feiern als zu Zeiten Johannes Pauls II. Auch der Heilige Papst Johannes Paul II. schätzte die alte Form der Liturgie nicht. Damals brauchte man ein Indult vom Bischof. Heute darf man das es einfach so. Es sei denn man ist nach TC geweiht, dann braucht man die Erlaubnis des Papstes. Ganz sicher werden natürlich alle jungen Kapläne, die altrituell feiern wollen, ganz brav die Erlaubnis beantragen. OK, just kidding. Werden wir mal wieder ernst. Angesichts der liturgischen Wildsauereien im kirchlichen Alltag möchte man nur zu gerne wissen, wie im Ernstfall Sanktionen gegen eine würdig und gültig gefeierte Messe begründet werden sollten. Einziger Rat: Bitte immer schön unter Radar bleiben.

Papst Franziskus steht für einen Primat der Pastoral vor der Lehre und der Liturgie. Da stört dann eben ein Präfekt der Glaubenskongregation nicht, der selber mal im Visier der Behörde stand. Es stört auch nicht, dass der Behörde, die für die Verfolgung von sexuellem Missbrauch verantwortlich ist, ein aktiver Vertuscher vorsteht. Er ist halt ein Protegé des Papstes aus argentinischen Zeiten. Versuche gegen ihn zu protestieren, dass er kein Kardinal wird und nicht sein Amt antritt, gingen natürlich fehl. Franziskus stört so etwas nicht. Franziskus, der immer fordert einander zuzuhören, ist auf dem Ohr sehr schwerhörig. Franziskus ist zudem selber der Ansicht, man solle Briefe aus Rom ignorieren und einfach weitermachen. Was spricht da gegen eine Lame Duck an der Spitze des Glaubensdikasteriums. Verabschieden wir uns vorerst mal von Lehrbeanstandungen und auch von jeglicher Sorgfalt bei Erteilung des Nihil obstat für Professoren.

Alles das sind natürlich sehr besorgniserregende Entwicklungen. Doch den gewöhnlichen Laien muss das alles nicht kümmern. Der Heilige Geist hat längst vorgesorgt. Sowohl im altrituellen Bereich als auch im Bereich neuer geistlicher Bewegungen hat sich längst eine Dynamik entwickelt, die dem Glauben der Kirche in Deutschland und Europa eine gute Zukunft verheißt. Damit ist nicht ein neuer, die Gesellschaft dominierender Volkskirchenkatholizismus gemeint. Eben jener war es ja, der linear in die Abrissaktionen nach Art des Synodalen Weges geführt haben. Man sollte sich in der Tat eher so etwas wie einen Sauerteig vorstellen. Innerhalb dieses Sauerteiges gärt es durchaus, aber es sind eben nicht glaubensfeindlichen Gärprozesse der anderskatholischen Gremien und Verbände. Es gärt hier ein Prozess, der den Glauben in einer vollkommen säkularen Umgebung als eine echte Alternative gelingenden Lebens zeigt.

Es wurde vorgesorgt. Nach dem Ende des zweiten Vatikanums und noch mitten in den postkonziliaren Wirren ruft der Heilige Geist einen Kardinal aus Polen auf den Stuhl Petri. Völlig irre und völlig unerwartet steht da ein noch recht junger Pole und ruft den Menschen der Welt zu: Habt keine Angst Christus die Pforten weit zu öffnen. Und dann beginnt er. Er ruft die Jugend der Welt und übergibt ihnen die Verantwortung für die Kirche. Er ordnet die Lehren und Beschlüsse des jüngsten Konzils in die Tradition der Kirche ein. Er fällt wichtige Richtungsentscheidungen, die uns heute helfen, auf der Spur zu bleiben. Ordinatio sacerdotalis ist nicht die geringste darunter. Er beruft den Mozart der Theologie an die Spitze der Glaubenskongregation. Und hier entsteht dann in den folgenden Jahren ein Opus Magnum mit dem Namen Katechismus der Katholischen Kirche (KKK). Noch nie in der Geschichte der Kirche hat es einen solchen Katechismus gegeben. Und noch nie in der Geschichte der Kirche wurde ein Katechismus an die Bischöfe adressiert. (Man lese die Einleitung des KKK!)

Der Heilige Geist hat Humor, der Papst veröffentlicht einen KKK für die Bischöfe und wer liest ihn? Das Volk. Der Episkopat – vor allem im dekadent gewordenen Westeuropa – ignoriert das Werk. Der Auftrag an die Bischofskonferenzen, aus dem KKK heraus Volkskatechismen zu extrahieren, verläuft im Sand. Aber dieser Papst hatte die Jugend gerufen, zu Millionen folgten sie seinem Ruf zu den Weltjugendtagen. Also schenkte der Heilige Geist den Jugendlichen einen eigenen Katechismus, der auf dem KKK beruht: Den You Cat. Diese Erfolgsgeschichte ist eine eigene Folge dieser Kolumne wert. Aber auch das Volk, die inzwischen Erwachsenen bekamen ihren Katechismus. Der Vatikan selber wurde aktiv und das Kompendium zum Katechismus der Katholischen Kirche (KKKK).

Am Vorabend des Barmherzigkeitssonntages des Jahres 2005 versammelte sich eine große Menge vor allem derer, die der Heilige Papst gerufen hatte, nämlich junger Menschen, auf dem Petersplatz und begleiteten den Heimgang des großen Papstes, der die Kirche in das neue Millennium geführt hatte. Es war ein Pontifikat, dass eine wirre Zeit in eine neue Ordnung führte, und es war der Bau einer Brücke in eine neue Zeit.

Der einfache Arbeiter im Weinberg des Herrn, der dem großen Papst folgte, war niemand anders als der Mozart der Theologie, der nun Hand anlegte, das Werk seines Vorgängers fortzuführen. Selten gab es einen Papst, der so sehr ein Kirchenlehrer war, wie Benedikt XVI. Nach Metern bemisst sich, was er den Akten des Apostolischen Stuhls hinzugefügt hat. Dieses Werk zu sichten und aufzuarbeiten, wird Jahrzehnte dauern und ist bei seinen Schülerkreisen in guten Händen. Etwas anderes ist Benedikt XVI. zu verdanken: Eine neue Sicht auf die Liturgie. Nicht nur eine beeindruckende neue Ästhetik der römischen Liturgie, die sich von Rom aus verbreitet hat. Zudem kam die Entspannung der Konflikte um die Alte Messe.

Mit brutaler Gewalt war 1970 die Jahrhunderte alte Liturgietradition durch eine am grünen Tisch geschriebene Liturgie ersetzt worden. Nicht einen Tag seit dem ersten Advent 1969, als der neue Messordo zur Pflicht wurde, ist vergangen, ohne einen Protest gegen diesen Akt. Nicht ein Tag ist vergangen, ohne dass rund um die Erde die Messe in der alten Form gefeiert wurde. Erheblichen und grausigen Streit gab es deswegen. Mit einem Federstrich schuf Papst Benedikt XVI. hier Frieden. Leider hat er sein Projekt einer Reform der Reform nicht mehr angehen können, denn der Frieden war, wie man im aktuellen Pontifikat sieht, ein brüchiger Waffenstillstand. Erst wenn der eine Ordo auch wieder in eine Form zusammengeführt ist, wird wieder liturgischer Frieden im Westen herrschen. Die Zuschreibung in zwei Formen des einen Ordo war ein theologischer Geniestreich, der in letzter Konsequenz nämlich genau dorthin führt, wohin der Kirchenlehrer auf dem Stuhl Petri gezielt hat: ein gegenseitiges voneinander Lernen und am Ende eine Reform der Reform. Sie mag aufgeschoben sein, aufgehoben ist sie sicher nicht.

Große Werke brauchen oft mehrere Pontifikate und wie wir es gerade erleben, gibt es auch immer retardierende Pontifikate. Auch nach Franziskus kann das retardierende Moment noch weiter gehen, machen wir uns da nichts vor. Doch der einfache Gläubige ist sicher. Wir haben Lehrwerke, die uns verbindlich und authentisch den Glauben darlegen. Niemand muss einen veränderten Katechismus verwenden, denn wie in der Einleitung des KKK steht, legt der vorliegende Katechismus den Glauben authentisch und verbindlich vor. Wir haben eine Liturgie, die uns ermöglicht, den Glauben wahrhaftig und authentisch zu feiern. Ob wir in dieser Zeit die ordentliche oder die außerordentliche Form wählen, ist – der Zeit geschuldet – uns selber überlassen. Einzig die unordentliche Form der ewiggestrigen Turbomodernisten sollten wir meiden. Und weil der authentische Glaube nie ohne Werke bleibt, entwickeln sich schon längst wieder Werke, die auf die Nöte unserer Zeit reagieren. In der gerade beginnenden neuen Völkerwanderung, nichts anderes ist die Migrationsbewegung, werden auf uns Christen wohl noch einige Aufgaben zukommen. Es gilt zu lehren, zu trösten, zu heilen und nicht zuletzt auch zu schützen, denn auch die Gewalt nimmt stetig zu. Wir werden viel zu Glauben, viel zu lernen, viel zu beten und reichlich zu tun bekommen. Die Grundlagen dafür sind gelegt.

Wendet sich unser Blick also derzeit vielleicht mit etwas Grausen nach Rom und fragt man sich, was man denn von einem Tucho Kardinal Bésame mucho halten soll, dann bewahren wir uns doch eine humorvolle eine gewisse Gelassenheit. Wir haben doch erst mal, was wir brauchen. Und einen Papst in Rom haben wir auch. Und wenn dieser geht, werden wir wieder einen bekommen und danach auch wieder einen und das geht so lange, bis die Parusie beginnt. Oft haben sich viele gefragt, worauf uns Johannes Paul II. und Benedikt XVI. wohl vorbereiten sollten. Langsam zeigt es sich. Aber wie sagte Johannes Paul II. am Beginn seines Pontifikates und es klingt mir immer noch in den Ohren: „Non abbiate paura! Aprite, anzi, spalancate le porte a Cristo!“ (Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!)

Foto: Pixabay


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