Armenien: Kirche verschiebt Myronweihe und betet für Berg-Karabach

28. September 2023 in Aktuelles


Gebetstag für Berg-Karabach am 1. Oktober in Armenien und weltweit - Tausende Karabach-Flüchtlinge in Armenien eingetroffen - Armenischer Premierminister Paschinian: Alle 120.000 Karabach-Armenier werden Berg-Karabach verlassen


Jerewan (kath.net/KAP) Die Armenisch-Apostolische Kirche hat beschlossen, die Feierlichkeiten der Myronweihe, die für den 1. Oktober geplant waren, angesichts der dramatischen Lage in Berg-Karabach (Artsach) zu verschieben. Stattdessen wird am 1. Oktober ein Gebetstag für Berg-Karabach stattfinden, wie die Kirche mitteilte. Dieser Gebetstag findet in ganz Armenien, aber auch in allen anderen armenischen Kirchengemeinden weltweit statt.

Die Myronweihe findet nur alle sieben Jahre in Etschmiadzin, dem Sitz der Armenischen Kirche bei Jerewan, statt. Das geweihte Öl - und nur dieses - wird dann an alle armenischen Kirchen weltweit verteilt und bei der Sakramentenspendung verwendet.
Der armenische Premierminister Nikol Paschinian hat unterdessen am Montag laut internationalen Medienberichten gemeint, er rechne damit, dass alle 120.000 Bewohner von Berg-Karabach die Region verlassen würden. Die Gefahr ethnischer Säuberungen sei einfach zu groß. Bis Montagabend sind demnach schon fast 7.000 Flüchtlinge durch den nun wieder offenen Latschin-Korridor in Armenien angekommen.

Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmin Dum-Tragut hält derzeit in der Stadt Goris, wo die Flüchtlinge aus Karabach ankommen, eine Lehrveranstaltung an der Universität ab. Sie beschrieb gegenüber Kathpress ihre Eindrücke von der Ankunft der ersten Flüchtlinge: "Sie kommen, in kleinen Bussen, steigen ruhig und geordnet aus. Jungen Frauen mit Kleinkindern, ganze Familien, alte Männer und Frauen, manche sehr gebrechlich und viele Kinder. Ein wenig Hab und Gut im Plastiksackerl. Sie sehen müde aus und sind ruhig. Geordnet lassen sie sich im Hotel registrieren, sehr diszipliniert. Kein lautes Wort, keine Hektik, nur die Kinder lachen und tollen am Spielplatz des Hotels herum. Bis es dunkel wird, sind über 100 Personen angekommen. Ruhig, bedrückt und bescheiden fragen sie nach Essen im Hotelrestaurant, lassen sich wieder registrieren."

Es sei ein "stummes Leid" und zugleich ein Leid, das beschämend sei für Europa und die Welt, die den Menschen nicht geholfen hätten, so Dum-Tragut.

Die Behörden von Berg-Karabach (Artsach) hatten mitgeteilt, all jenen, die ausreisen wollten, Treibstoff zur Verfügung zu stellen. In deren Hauptstadt Stepanakert waren laut APA zahlreiche Menschen zu sehen, die ihre Habseligkeiten in Busse und auf Laster luden. Männer und Frauen standen Schlange, um in Busse nach Armenien zu steigen.

Am Montag war es in einem Treibstoffdepot bei Stepanakert zu einer Explosionskatastrophe mit Hunderten Opfern gekommen. Das Büro des Menschenrechtsbeauftragten der international nicht anerkannten Republik Artsach sprach Montagabend von mindestens 200 Verletzten und einer unbekannten Zahl von Toten. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren viele Menschen für Benzin angestanden, weil sie mit ihren Autos nach Armenien fliehen wollten. Unklar war zunächst, was die Katastrophe in der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region auslöste.

Das Menschenrechtsbüro der Region appellierte an die internationale Gemeinschaft: Es sei dringend notwendig, insbesondere schwer verletzte Menschen zur Behandlung auszufliegen. "Die medizinischen Kapazitäten Berg-Karabachs sind nicht ausreichend, um die Leben der Menschen zu retten", hieß es in der Mitteilung auf Twitter (X).

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Archivfoto: Myronweihe


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