Erzbischof Cordileone: Katholiken kennen ihren Glauben zu wenig

24. August 2023 in Weltkirche


Die säkulare Welt von heute werde nicht von den Kirchenführern verändert. Das sei die Aufgabe der Laien, welche der Erzbischof zum Engagement in Gesellschaft und Politik ermutigte.


San Francisco (kath.net/Aleteia/jg)
Viele Katholiken würden der Lehre der Kirche nicht folgen, weil sie diese wahrscheinlich nie kennen gelernt haben. Diese Einschätzung äußerte Salvatore Cordileone, der Erzbischof von San Francisco, in einem ausführlichen Interview über die Lage der Kirche in den USA mit Fox News Digital.

Eine Möglichkeit welche die Kirche hätte um die Aufmerksamkeit der Jugend zu gewinnen wäre kritische soziale Fragen aus einer katholischen Perspektive zu beleuchten. Leider sei die säkulare Welt gegenüber den Grundwerten des katholischen Glaubens zunehmend feindlich eingestellt, bedauerte Cordileone.

Die Abtreibungsfrage hat seit der Aufhebung des Urteils „Roe v. Wade“ durch den Obersten Gerichtshof viel Aufmerksamkeit erhalten. Der Redakteur von Fox News Digital zitierte eine Umfrage des Pew Research Center, die ergeben hat, dass 53 Prozent der Katholiken in den USA der Ansicht seien, dass Abtreibung in allen oder den meisten Fällen legal sein sollte. Nur 42 Prozent würden der Lehre der Kirche folgen, wie sie im Katechismus der Katholischen Kirche festgelegt ist.

Die Ursache für diese Diskrepanz sei in der mangelhaften religiösen Bildung zu suchen, sagte Erzbischof Cordileone. Obwohl es ein relativ großer Anteil der US-Bevölkerung der katholischen Kirche angehöre, hätten viele keinen Unterricht in den Inhalten der Glaubenslehre erhalten. Viele Menschen, die sich als Katholiken bezeichnen, seien deshalb mehr von der säkularen Gesellschaft beeinflusst, in der sie leben, als vom katholischen Glauben. Dieses Phänomen wiederum habe den Einfluss der Kirche in den letzten Jahrzehnten schwinden lassen. Gleichzeitig habe sich das gesellschaftliche Klima verschlechtert, so dass andere Ansichten nicht mehr gehört würden. In seiner Jugend seien die Menschen viel mehr bereit gewesen, einander zuzuhören und zusammen zu arbeiten. Davon sei heute nicht mehr viel übrig, bedauerte der 67jährige Erzbischof.

Zu den fast 350 Angriffen auf katholische Kirchen, die seit dem Frühjahr 2020 geschehen sind, stellte Cordileone fest, dass die Kirche selbst attackiert werde. Kirchliches Eigentum sei beschädigt worden, Symbole der Kirche seien entweiht worden und generell sei in der Gesellschaft viel Respektlosigkeit gegenüber Katholiken festzustellen. Das sei eine „neue Realität“, auf die sich die Kirche einzustellen habe.

Die Katholiken sollten in ihrem öffentlichen Auftreten aber nicht aggressiv oder nachtragend sein. Das würde die gesellschaftlichen Gräben nur vertiefen.

Die säkulare Welt werde nicht durch die Kirchenführer geändert werden, sondern durch die Laien. Er ermutigte diese, sich in der Gesellschaft und in der Politik zu engagieren. Eine weitere, wesentliche Aufgabe der Laien sei es, den Glauben an ihre Kinder weiter zu geben.

In der „polarisierten Gesellschaft, in der wir leben“, sei es für den katholischen Glauben schwer, sich Gehör zu verschaffen, sagte Cordileone, verwies aber auf die intellektuelle Tradition der Kirche, die ein tiefes Verständnis über den Menschen und seine Stellung in der Schöpfung enthalte. Die Kirche lehre, dass er nach dem Bild Gottes geschaffen sei und deshalb eine besondere Würde habe. Aus diesem und anderen Gründen habe der katholische Glaube in der gesellschaftlichen Diskussion der Gegenwart etwas einzubringen.

 


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