Katholische Medienwelt im Umbruch

14. August 2023 in Kommentar


Auch nach dem hundertsten Relaunch wird die gewöhnliche deutsche Kirchenzeitung nicht an Relevanz gewinnen, wenn sie sich nicht der Herausforderung der Verkündigung und Neuevangelisierung stellt - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Es waren gleich zwei Nachrichten aus der katholischen Medienwelt, die in den letzten Wochen aufhorchen ließen. Der VDD wickelt die MDG ab. Hä? Gut, das muss man erklären. Es soll sogleich geschehen. Eine weitere Nachricht: 14 von 27 deutschen Diözesen ersetzen ihre (wöchentliche) Kirchenzeitung durch ein 14-tägig erscheinendes Magazin. Der VDD ist der Verband der Diözesen Deutschlands. Diese Körperschaft öffentlichen Rechts ist der Rechtsträger der deutschen Bischofskonferenz. Alle Beteiligungen und überdiözesanen Einrichtungen der deutschen Bischöfe liegen in den Händen dieser Körperschaft, deren Geschäftsführerin die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz ist. Die MDG, mit vollem Namen Mediendienstleistungsgesellschaft, ist eine Unternehmensberatung, die mehrheitlich dem VDD gehört. Die MDG gibt es seit 1975. Geschäftsfeld der Gesellschaft ist Medienberatung für kirchliche Dienststellen und Medien. Diese Aufgaben sollen nun anders wahrgenommen werden. Näheres ist dazu noch nicht bekannt.

Seit Jahrzehnten ist „die Kirche“ in Deutschland im Mediensektor sehr aktiv. Die Bistumszeitungen waren das traditionelle Medium, das es in jeder katholischen Familie gab. Der Wandel in der Medienwelt und die zunehmende gesellschaftliche Säkularisierung gingen auch an der kirchlichen Medienwelt nicht spurlos vorbei. Seit Jahrzehnten sind die Auflagenzahlen der Kirchenzeitungen rückläufig bis schwindsüchtig. Der Tod der Großmutter beendet (fast) immer auch das Abo der Kirchenzeitung in der Familie. Bistumszeitungen sind in der Medienwelt fast vollkommen irrelevant. Sie werden vorwiegend aus traditionellen Gründen gehalten.

Schon lange ist die Kirchenzeitung einem immer wieder immer neuen Wandel unterworfen. Die Zahl der Ideen entspricht ungefähr der Zahl der Zeitungen. „Der Dom“, Kirchenzeitung in Paderborn, wurde plötzlich ohne Redaktion gemacht. Den Mantel machte die kna und freie Mitarbeiter gestalteten regionale Seiten. Ein Fehlschlag, der nur wenige Jahre später korrigiert wurde. Essen hat seine Kirchenzeitung ganz eingestellt. Die Ostbistümer haben den „Tag des Herrn“ mit Mantel von der Zentralredaktion Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück. Ein Redakteur liefert die Bistumsseite(n) dazu.

Die Verlagsgruppe Bistumspresse liefert schon jetzt die Mantelseiten für dreizehn Diözesen in Deutschland. Für das neue Magazin werden weitestgehend die Namen der alten Kirchenzeitungen erhalten bleiben. Im Grunde ist allein dies ein verheerendes Signal eines irgendwie weiter so.

Kirchliche Medienaktivitäten sind in Deutschland nicht auf Bistumszeitungen und Unternehmensberatung begrenzt. Mit der kna hat die katholische Kirche in Deutschland eine große Nachrichtenagentur. Dazu gehört mit kna-Bild eine Bildagentur und mit der Tochter dreipunktdrei Mediengesellschaft hatte die Agentur noch einen Contentdienstleister, der den Nachfolger des Rheinischen Merkurs, Christ und Welt, bis zu dessen voller Übernahme durch die ZEIT mit Texten bestückte. Heute macht dreipunktdrei noch das Kinoportal filmdienst.de im Auftrag der Filmkommission der DBK. Es ist schon fast ein Bonmot, aber auch das Fernsehballett gehörte einst den deutschen Bischöfen. Ein Schelm, wer arges dabei denkt.

Das derzeit auffälligste Medienengagement der deutschen Bischöfe ist ein von der Firma apg, einer Tochter der Medienhausgesellschaft, die dem VDD gehört, und der Tellux- Beteiligungsgesellschaft, betriebenes Nachrichtenportal mit dem Namen „katholisch.de“. Es handelt sich hier um ein kirchen- und gesellschaftskritisches Nachrichtenportal, das im Auftrag der deutschen Bischöfe betrieben wird. Finanziert wird es zumindest zu großen Teilen aus Erträgen des Treuhandfonds Medien des VDD. Dieser war einst angespart worden, um einen eigenen Fernsehsender der deutschen Diözesen zu gründen. Man kann froh sein, dass dieser Plan nie verwirklicht wurde.

Dieser nur sehr oberflächliche Überblick über das Medienengagement der Kirche in Deutschland zeigt zum einen die Medienmacht der Kirche, die beispielsweise über eine eigene Agentur bis in die Haushalte der Tageszeitungsleser geht. Es zeigt aber auch das massive Versagen eben dieses kirchlichen Medienhandelns. Kirchliche Medienarbeit wird derzeit im weitesten Sinne als kritischer Journalismus in Konkurrenz zum säkularen kritischen Journalismus betrieben. Objekte der kritischen Berichterstattung sind dabei auch kirchliche Themen. So erfreute sich der internationale Weltjugendtag in Lissabon einer mehr als nur kritischen Begleitung durch das Portal der apg. Die Kommentierung war geradezu vernichtend. Es hatten sich in Portugal 1,5 Millionen junge Katholiken aus der ganzen Welt mit dem Papst getroffen, um zu beten, zu beichten, zu feiern und sich zu begegnen. Mit großem Erschrecken nahm man in Bonn, dem Sitz des katholischen Medienhauses, in dem die Redaktion von katholisch.de sitzt, zur Kenntnis, dass sich die katholische Jugend der Welt nicht für die häretischen und schismatischen Impulse des deutschen Synodalen Weges interessiert. Anderskatholisch meets katholische Kirche.

Mit diesem Sachverhalt ist die ganze Problematik des deutschen katholischen Medienhandelns der in Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Kirche beschrieben. Soweit die Realität. Die Notwendigkeit hingegen lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Katholisches Medienhandeln hat unter dem Primat der Verkündigung und Neuevangelisierung zu stehen oder es hat keine Existenzberechtigung.

Das lässt sich sehr leicht an den Kirchenzeitungen zeigen. Wo kein Impuls für die Verkündigung mehr enthalten ist, hat sich die Relevanz erledigt. Die Senioren halten die Zeitungen aus Gründen der Tradition, beklagen sich aber durchaus schon mal, das „nichts“ mehr drinsteht. Wer als nicht gläubiger oder kirchlich abständiger Mensch einer solchen Kirchenzeitung begegnet fühlt sich in seiner Haltung bestätigt, sieht aber keinen Grund, sich damit auseinander zu setzen. Dazu kommt noch, dass inzwischen nahezu jede Diözese eine eigene, nachrichtliche Webseite betreibt. Die Kommunikationsabteilungen der deutschen Diözesen sind massiv angewachsen und welchen Grund sollte ich haben, eine Kirchenzeitung zu halten, die berichtet, was ich vor 14 Tagen auf der Webseite der Diözese gelesen habe. Nicht einmal dazu taugt die Kirchenzeitung. Kirchliches Medienschaffen wird auch nach der Abschaffung der MDG und dem Umbau der Mehrheit der Kirchenzeitungen keinen entscheidend neuen Impuls erhalten.

Interessanterweise gibt es allerdings Medien, die sich des Themas Neuevangelisierung angenommen haben. Es gibt sie sogar im Umfeld von Diözesen. Ein interessantes Faktum ist, dass man vielleicht wirklich Abschied von der gedruckten Zeitung nehmen sollte. Wer ein kirchliches Hochglanzmagazin sucht, ist mit dem Vatican Magazin besser bedient. Aus dem Umfeld der Diözese Regensburg stammt das Projekt „Grandios“. Zahlreiche Blogs und von Gruppen betriebene thematische Webseiten zeigen, wie gutes kirchliches Medien-Engagement aussehen könnte. Der internationale Fernsehsender EWTN hat mit seinem deutschen Programm fast ein Monopol für kirchliche Berichterstattung besonders im Bereich großer Veranstaltungen. Der Sender ist immer mit einem Team am Ort des Geschehens und berichtet mit Übertragungen, Kommentierung und dem Einsammeln von Stimmen. Die Liste positiver Beispiele ließe sich noch recht lang fortsetzen, sei aber mit dem Sender Radio Horeb an dieser Stelle abgerundet. Hier ist nicht die Werbeabteilung für einzelne Projekte, es geht darum zu erklären, was der innerste Kern katholischer Medienarbeit sein muss.

Sowohl die kritische Berichterstattung als auch der Interview, das den Gesprächspartner ordentlich befragt, hat seinen Platz darin. Katholische Medienarbeit ist hingegen immer apostolische Medienarbeit. Wie Paulus auf der Agora steht der Mitarbeiter eines katholischen Medienprojekts bei aller geforderten journalistischen Seriosität und Aufrichtigkeit immer im Fokus eines säkularen Umfeldes, das mit der Botschaft des Evangeliums zu konfrontieren ist. Neben der immer nüchtern gehaltenen Nachricht, der hintergründigen Einordung und der meinungsstarken Kommentierung muss zwingend auch der missionarische Gedanke immer mitgedacht werden. Auch der katholische Journalist ist wie der katholische Handwerker, der katholische Banker oder der katholische Beamte aufgerufen Zeugnis zu geben. Das ist nicht die Predigt. Dafür haben wir die Priester. Das ist das Zeugnis im Alltag. Das Zeugnis im Alltag des katholischen Medienschaffens ist es, das Geschehen der Welt im Licht des Evangeliums zu zeigen, aber auch zu deuten. Das schließt eindeutig nicht aus, dass der Text einer Kolumne mit Chili gewürzt wird. Eine gewisse Schärfe fördert das Durchatmen und die klare Sicht.

Auch nach dem hundertsten Relaunch wird die gewöhnliche deutsche Kirchenzeitung nicht an Relevanz gewinnen, wenn sie sich nicht der Herausforderung der Verkündigung und Neuevangelisierung stellt. Und wollte man eine katholische Medienberatung, dann sollte es nichts anderes als eine Missionsberatung im besten Sinne sein.

 

VIDEO-TIPP: "Das ist immer wieder auch ein Trick des Bösen: Uns Hoffnungslosigkeit einzuimpfen. Dann nicht mehr auf JESUS zu schauen, sondern nur mehr die eigenen Sorgen und Bedrängnisse zu sehen." (Pfr. Roger Ibounigg)

 

 


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