Paglia hält juristischen Kompromiss bei Sterbehilfe für denkbar

25. April 2023 in Aktuelles


Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben bekräftigt aber grundsätzliches Nein zum assistierten Suizid "in voller Übereinstimmung mit dem Lehramt" - Katholische Plattform kommentierte: "Eine Ohrfeige für das Lehramt."


Rom (kath.net/KAP) Vatikan-Ethiker Erzbischof Vincenzo Paglia hat beim Thema Sterbehilfe die Möglichkeit rechtlicher Kompromisse anerkannt. Gleichzeitig bekräftigte er in einer am Montag von der von ihm geleiteten Päpstlichen Akademie für das Leben verbreiteten Erklärung sein grundsätzliches Nein zum assistierten Suizid "in voller Übereinstimmung mit dem Lehramt". Er halte einen juristischen - nicht aber einen moralischen - Kompromiss für möglich, wonach unter bestimmten Voraussetzungen assistierter Suizid straffrei bleibe, präzisierte die Akademie Paglias Position. Das italienische Verfassungsgericht habe diese Voraussetzungen bestimmt, aber auch bestätigt, dass es sich dennoch weiterhin um eine Straftat handele. Dieser Aspekt sei Paglia wichtig.

Hintergrund ist eine Debatte um Aussagen des Kurienerzbischofs auf einem internationalen Journalismusfestival in Perugia am 19. April. "Ich persönlich würde keinen assistierten Suizid durchführen, aber ich verstehe, dass ein juristischer Kompromiss unter den konkreten Umständen, in denen wir uns befinden, am besten für das Gemeinwohl sein könnte", sagte Paglia dort. Das Online-Portal "Il Riformista" veröffentlichte Auszüge seiner Rede.

Paglia bezog sich dabei auf ein Urteil des italienischen Verfassungsgerichts von 2019, wonach ein assistierter Suizid unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein kann. Unter anderem muss die betroffene Person eine unheilbare Krankheit haben, die in unumkehrbarerer Weise unerträgliches Leid verursacht; zudem muss sie in der Lage sein, freiwillige und bewusste Entscheidungen zu treffen.

In seiner Rede wandte sich Paglia dagegen, beim Thema assistierter Suizid allein auf Selbstbestimmtheit ohne Bezug auf andere zu setzen. In Ländern, in denen dies der Fall sei, gebe es mehr "unfreiwillige Euthanasie". Zudem bräuchten schwerkranke und sterbende Menschen vorrangig Begleitung.

Paglias Beitrag in Perugia wurde von der italienischen Vereinigung "Pro Vita e Famiglia" als "Nachgeben gegenüber der Verirrung der Euthanasie" kritisiert. Die katholische Plattform "La Nuova Bussola Quotidiana" kommentierte Paglias Einlassung mit den Worten: "Eine Ohrfeige für das Lehramt."

Die katholische Kirche lehnt assistierten Suizid grundsätzlich ab und wirbt stattdessen für eine intensive Begleitung Sterbender - auch durch schmerzlindernde Palliativmedizin.

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