Opfersprecher: Missbrauchsaufarbeitung scheint beim Synodalen Weg „nur Mittel zum Zweck zu sein“

27. März 2023 in Deutschland


Grundsatzkritik von Missbrauchsopfer Matthias Wimmer (Sprecher des Betroffenenbeirats des Bistums Würzburg) – „Mir sträuben sich bei der Aussage eines Verantwortlichen des BDKJ ‚Liebe kann niemals Sünde sein‘ die Haare“


Bonn (kath.net) Grundsatzkritik äußerte das Missbrauchsopfer Matthias Wimmer (Sprecher des Betroffenenbeirats des Bistums Würzburg) an der Missbrauchsaufarbeitung durch den Synodalen Weg. Im Interview mit „Maria 1.0“ stellte er wörtlich fest: „Die aktuelle Berichterstattung spiegelt sehr deutlich, worum es im Eigentlichen ging: um Selbstdarstellung, Machtverschiebung und um Diskutieren um des Diskutierens willen. Das Thema Missbrauch wird in der Berichterstattung nur am Rande erwähnt und so war es meinem Empfinden nach auch bei den jeweiligen Sitzungen. Konkret die Segnung von „Paaren, die sich lieben“ wird ja als toller Fortschritt bejubelt, mit Missbrauchsprävention hat das aber leider gar nichts zu tun. Im Gegenteil, mir sträuben sich bei der Aussage eines Verantwortlichen des BDKJ ‚Liebe kann niemals Sünde sein‘ die Haare. Womöglich dachte sich das der Pfarrer, der mich missbrauchte, damals auch. Ähnliches gilt für die übrigen Themen, für die der Missbrauch nur Mittel zum Zweck zu sein schien.“

Wimmer war als achtjähriger Junge über einen Zeitraum von zwei Jahren von einem Priester missbraucht worden. Er schildert, dass ihm und seiner Familie einerseits „zur Tatzeit vor ziemlich genau 40 Jahren übel mitgespielt“ wurde. „Die Offiziellen des Bistums hüllten sich in Schweigen und versuchten, das Ganze abzutun. Die Pfarrei vor Ort spaltete sich in zwei Gruppen: Die einen glaubten den Erzählungen der Kinder (denn ich war ja kein Einzelfall), die anderen verteidigten den Täter vehement und taten alles als Hirngespinste ab.“ Doch sei es andererseits „Anfang 2000 dann doch zu Äußerungen der kirchlichen Verantwortlichen“ gekommen, „aus denen man ablesen konnte, dass ein Umdenken stattgefunden hatte. V.a. seit dem Beginn der sog. Missbrauchskrise versucht man offensiv gegen Missbrauch vorzugehen und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Dies nehme ich zunächst einmal positiv zur Kenntnis. Inwieweit diese Bemühungen ein echtes und ehrliches Bedürfnis oder nur auf Drängen der Öffentlichkeit ein notwendiges Übel sind, das abgearbeitet werden muss, ist mir noch nicht ganz klar.“

Er fordert, dass Gläubige den Missbrauchsskandal ernst nehmen müssten. „Opfer müssen gehört werden und das Vertrauen in die Kirche gegebenenfalls erst wieder finden. Dies kann nur geschehen mit einer Aufarbeitung in Wahrheit. Verbrechen müssen konsequent geahndet werden – natürlich auch unter Zuziehen der weltlichen Strafverfolgungsbehörden – wer auch immer der Beschuldigte sein mag.“ Es verbiete sich, Verbrechen zu verniedlichen und zu vertuschen, „da sich die Täter nicht nur am Menschen, der als Objekt des Täters missbraucht wird, versündigen, sondern auch an der Kirche und ihrem Gründer. Heilung und Versöhnung kann also nur geschehen, wenn die Täter und Vergehen benannt und ohne Wenn und Aber bestraft werden.“

Wimmer betonte eigens: „Nicht das Missbrauchsopfer schädigt die Kirche im Sinne, sondern ganz alleine der Täter und seine Helfer!“

Link zum Maria 1.0-Interview in voller Länge.


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