„Stille Beichte“ im Bistum Essen: kein hörbares Sündenbekenntnis, aber sakramentale Lossprechung

7. März 2023 in Deutschland


Selbstgestrickte Beichtidee: Bochumer Propstei St. Peter und Paul praktiziert nun im dritten Jahr regelwidrig die sogenannte „Stille Beichte“


Essen (kath.net/pl) „Jede/r kann sich vorab zu Hause oder in der Kirche“ auf die Beichte „vorbereiten, tritt dann nach der Messe vor den anwesenden Priester, beginnt die Beichte mit einem Kreuzzeichen und trägt still ohne laute Worte seine Sünden vor Gott. Anschließend bittet sie/er um die Lossprechung, die der Priester ihr/ihm im Namen Gottes zuspricht. So muss keiner in den Beichtstuhl und kann dennoch seine Sünden vergeben bekommen. Gern können Sie aber auch ein persönliches Beichtgespräch vereinbaren.“ Diese Einladung zu völlig regelwidrigen Spendungen des Bußsakramentes finden sich im aktuellen Pfarrbrief der Propstei St. Peter und Paul in Bochum, Bistum Essen. Dieses Angebot gilt für den 4. Und 5. Fastensonntag 2023. Zuvor wird geschildert, dass man dieses „Angebot der stillen Beichte nach den hl. Messen in der Prostpeikirche“ schon „in den beiden Corona-Jahren gemacht“ habe. Quelle: Link zum Download des zitierten Pfarrbriefes

Die Corona-Pandemie mit ihren gesetzlichen Einschränkungen war keine Notlage im Sinn des Kirchenrechts, die ein Entfallen der Ohrenbeichte rechtfertigen könnte. Doch selbst falls man die gesetzlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie als Notlage im Sinne des katholischen Kirchenrechts akzeptieren würde , sind inzwischen alle derartigen Einschränkungen aufgehoben, so dass aus hygienischer Sicht ein persönliches, vor den Ohren eines Priesters hörbar vorgetragenes Sündenbekenntnis unverzichtbarer Bestandteil einer sakramentalen Buße ist. Der Pfarrbrief unterschlägt außerdem, dass selbst bei einer Generalabsolution in schwerer Notlage später die Ohrenbeichte nachzuholen ist.

kath.net dokumentiert die kirchenrechtlichen Vorschriften zur Ohrenbeichte und ihren Ausnahmen gemäß Codex der katholischen Kirche (CIC) in voller Länge (Quelle: siehe Link).

FEIER DES SAKRAMENTES

Can. 960 — Das persönliche und vollständige Bekenntnis und die Absolution bilden den einzigen ordentlichen Weg, auf dem ein Gläubiger, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, mit Gott und der Kirche versöhnt wird; allein physische oder moralische Unmöglichkeit entschuldigt von einem solchen Bekenntnis; in diesem Fall kann die Versöhnung auch auf andere Weisen erlangt werden.

Can. 961 — § 1. Mehreren Pönitenten gleichzeitig kann ohne vorangegangenes persönliches Bekenntnis die Absolution in allgemeiner Weise nur erteilt werden:

1° wenn Todesgefahr besteht und für den oder die Priester die Zeit, die Bekenntnisse der einzelnen Pönitenten zu hören, nicht ausreicht;

2° wenn eine schwere Notlage besteht, das heißt, wenn unter Berücksichtigung der Zahl der Pönitenten nicht genügend Beichtväter vorhanden sind, um die Bekenntnisse der einzelnen innerhalb einer angemessenen Zeit ordnungsgemäß zu hören, so daß die Pönitenten ohne eigene Schuld gezwungen wären, die sakramentale Gnade oder die heilige Kommunion längere Zeit zu entbehren; als ausreichend begründete Notlage gilt aber nicht, wenn allein aufgrund eines großen Andrangs von Pönitenten, wie er bei einem großen Fest oder einer Wallfahrt vorkommen kann, nicht genügend Beichtväter zur Verfügung stehen können.

§ 2. Das Urteil darüber, ob die gemäß § 1, n. 2 erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, steht dem Diözesanbischof zu; dieser kann unter Berücksichtigung der Kriterien, die mit den übrigen Mitgliedern der Bischofskonferenz abgestimmt sind, feststellen, wann solche Notfälle gegeben sind.

Can. 962 — § 1. Damit ein Gläubiger die sakramentale Absolution, die gleichzeitig mehreren erteilt wird, gültig empfängt, ist nicht nur erforderlich, daß er recht disponiert ist; er muß sich vielmehr gleichzeitig auch vornehmen, seine schweren Sünden, die er gegenwärtig nicht auf diese Weise bekennen kann, zu gebotener Zeit einzeln zu beichten.

§ 2. Die Gläubigen sind, soweit möglich auch beim Empfang der Generalabsolution, über die Erfordernisse gemäß § 1 zu belehren; der Generalabsolution ist, selbst bei Todesgefahr, wenn die Zeit dafür ausreicht, die Aufforderung voranzuschicken, daß sich jeder bemüht, einen Akt der Reue zu erwekken.

Can. 963 — Unbeschadet der Verpflichtung nach can. 989 hat der, dem durch Generalabsolution schwere Sünden vergeben werden, bei nächstmöglicher Gelegenheit, sofern nicht ein gerechter Grund dem entgegensteht, ein persönliches Bekenntnis abzulegen, bevor er eine weitere Generalabsolution empfängt.

Can. 964 — § 1. Der für die Entgegennahme sakramentaler Beichten eigene Ort ist eine Kirche oder eine Kapelle.

§ 2. Was den Beichtstuhl anbelangt, sind von der Bischofskonferenz Normen zu erlassen, dabei ist jedoch sicherzustellen, daß sich immer an offen zugänglichem Ort Beichtstühle befinden, die mit einem festen Gitter zwischen Pönitent und Beichtvater versehen sind, damit die Gläubigen, die dies wünschen, frei davon Gebrauch machen können.

§ 3. Außerhalb des Beichtstuhls dürfen Beichten nur aus gerechtem Grund entgegengenommen werden.

Archivfoto: Papst Franziskus legt vor laufender Kamera die Ohrenbeichte ab


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