Indien: Kritik an Behörden wegen anhaltender Gewalt gegen Christen

15. Jänner 2023 in Aktuelles


"Open Doors"-Partner: Vertriebene Adivasi werden trotz drohender Gewalt durch Hindu-Extremisten zur Rückkehr in ihre Dörfer gezwungen.


Neu-Delhi/Berlin (kath.net/ KAP)

Nach wiederholten gewalttätigen Angriffen von Hindu-Extremisten auf Christen und Kircheneinrichtungen im indischen Bundesstaat Chhattisgarh gibt es massive Kritik an den Behörden. Schon im Vorfeld der Attacken seien Kundgebungen christenfeindlicher Gruppen nicht unterbunden worden, obwohl die Bevölkerung dabei offen gegen Kirchenbesucher und Pastoren aufgehetzt worden sei, schilderte ein - anonym bleiben wollender - örtlicher Partner dem Hilfswerk "Open Doors Deutschland" (Donnerstag). Die Behörden hätten keine Schutzmaßnahmen ergriffen, obwohl bekannt gewesen sei, dass neue Angriffe drohten. Stattdessen seien Gemeinschaftsunterkünfte vertriebener Christen geschlossen worden. "Sie zwingen die Menschen, im Angesicht der Gewalt in ihre Dörfer zurückzukehren", so der "Open Doors"-Partner.

Mitte Dezember waren in den Bezirken Narayanpur und Kondagaon bei einer konzertierten Aktion radikaler Hindu-Nationalisten zahlreiche Dörfer angegriffen und die dort lebenden und zum Christentum konvertierten Adivasi - so werden die Ureinwohner der Region genannt - aus ihren Häusern vertrieben worden. Am 2. Jänner verwüsteten mit Stöcken und Steinen Bewaffnete eine katholische Pfarrei in Narayanpur. Auch andere christliche Einrichtungen und Wohnhäuser sollen beschädigt und örtliche Christen bedroht und zur Flucht aufgefordert worden sein.

In Medienberichten war von einem Mob aus 2.000 Menschen zu lesen, die auch Polizeikräfte attackierten, die eingreifen wollten. Mindestens elf der Angreifer wurden festgenommen. Der Menschenrechtsanwalt Bela Bhatia wies gegenüber dem Magazin "Frontline" freilich hin, dass es nur deshalb Festnahmen gegeben habe, weil Polizisten angegriffen wurden. Die Ereignisse seien "keine plötzliche Entwicklung", so Bhatia. Schon seit Jahren gebe es Angriffe auf die christlichen Adivasi. Anzeigen gehe die Polizei in der Regel aber nicht nach.

In Chhattisgarh gibt es nach Angaben von "Open Doors" wie in zehn weiteren indischen Bundesstaaten Anti-Bekehrungsgesetze; Konvertiten zum christlichen Glauben würden immer wieder zur "Rückbekehrung" zum Hinduismus gezwungen. "Auf Grundlage der Anti-Bekehrungsgesetze kann nahezu jede Aktivität religiöser Minderheiten als unlauterer Versuch einer Zwangsbekehrung interpretiert werden - selbst ein öffentliches Gebet oder karitative Hilfsangebote", so das Hilfswerk. Die Stigmatisierung von Christen wird auf diese Weise stark befeuert. In Chhattisgarh seien die Folgen monatelange soziale Boykotts und der Ausschluss vieler Christen aus der Dorfgemeinschaft, oft verbunden mit Gewalt und Vandalismus, gewesen.

Der indische Premierminister Narendra Modi und seine hindu-nationalistische BJP "treiben die Unterdrückung religiöser Minderheiten beständig voran", kritisiert "Open Doors". Das geschehe etwa durch die Anti-Bekehrungsgesetze und dadurch, dass Angriffe auf Christen und ihre Häuser sowie Kirchen in aller Regel ungestraft blieben. In dem von dem Hilfswerk jährlich erstellten Weltverfolgungsindex zählt Indien zu jenen zehn Ländern weltweit, in denen es für Christen am gefährlichsten ist, ihren Glauben zu bekennen und zu leben.

 

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