7. Oktober 1571: Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz

7. Oktober 2022 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: eine irrige Meinung ist es, dass die Freiheit, nein zu sagen, hinabzusteigen in die Dunkelheiten der Sünde und des Selber-machen-Wollens zum wahren Menschsein gehöre. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) 7. Oktober, Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz. Dieser Tag wurde 1572 von Papst Pius V. zum Gedenken an den Seesieg der christlichen Streitkräfte über die bedrohlichen Türken am 7. Oktober 1571 eingeführt, den der Papst der Fürsprache von Maria, der Helferin der Christen, zuschrieb.

Der Abschnitt aus dem Lukasevangelium, den die Liturgie für die heutige Gedenkfeier vorschlägt (Lk 1, 26-38), schildert Maria in dem unerwarteten und für die Menschen unbegreiflichen Augenblick, in dem der Engel Gabriel der Jungfrau von Nazareth ankündigt, dass sie die Mutter des menschgewordenen Gottes werden wird. Es ist der erhabene Moment der Größe Marias, „gebenedeit unter allen Frauen“. Es ist der Beginn einer endlosen Kette von „großen Dingen“, die der Allmächtige in ihr vollbracht hat, indem er sie ganz Christus, ihrem Sohn, assimiliert hat.

Der heutige Festtag wurde 1716 auf die Weltkirche ausgedehnt und 1913 vom Heiligen Pius X. endgültig auf den 7. Oktober festgelegt.

Papst Johannes Paul II. schenkte der Kirche am 16. Oktober 2002 seine Enzyklika mit dem Titel „Rosarium Virginis Mariae“. Der Papst stellte die „die Schule Mariens“ vor", damit sie auch in unserem geistlichen Leben einen wichtigen Platz einnimmt. Zu den bekannten fünf Geheimnissen der Freude, der Schmerzes und der Herrlichkeit wollte Johannes Paul II. die Geheimnisse des Lichts hinzufügen, ein fehlendes Glied in der Betrachtung des Lebens von Jesus.

Auf dem Rosenkranzgebet, dem „Kompendium des Evangeliums“, gründete sich die Spiritualität der katholischen Familien, die sich einst in der abendlichen Stille vor dem Bild der Jungfrau in tiefer Meditation versammelten.  Das Ergebnis des Fehlens dieser Tradition ist für alle sichtbar.

Benedikt XVI., aus der Predigt am 8. Dezember 2005 zum 40. Jahrestag des Abschlusses des II. Ökumenischen Vatikanischen Konzils:

(Lk 11, 14-26: Wenn ich die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen)

(...) Der Mensch vertraut nicht auf Gott. Von den Worten der Schlange verführt, hegt er den Verdacht, daß Gott letzten Endes ihm etwas von seinem Leben wegnehme, daß Gott ein Konkurrent sei, der unsere Freiheit einschränke, und daß wir erst dann im Vollsinn Menschen sein würden, wenn wir Gott zurückgesetzt haben; kurz, daß wir nur auf diese Weise unsere Freiheit voll verwirklichen können. Der Mensch lebt in dem Verdacht, die Liebe Gottes erzeuge eine Abhängigkeit und er müsse sich von dieser Abhängigkeit befreien, um vollkommen er selbst zu sein. Der Mensch will seine Existenz und die Fülle seines Lebens nicht von Gott empfangen. Er will selber vom Baum der Erkenntnis die Macht dazu erlangen, die Welt zu formen, Gott zu werden, indem er sich auf eine Stufe mit Ihm erhebt, und den Tod und die Finsternis mit eigener Kraft zu besiegen. Er will nicht auf die Liebe zählen, die ihm nicht zuverlässig erscheint; er zählt einzig und allein auf die Erkenntnis, da sie ihm die Macht verleiht. Anstatt auf die Liebe setzt er auf die Macht, mit der er sein Leben selbständig in die Hand nehmen möchte. Und indem er das tut, vertraut er der Lüge statt der Wahrheit und stürzt so mit seinem Leben ins Leere, in den Tod. Liebe ist nicht Abhängigkeit, sondern Geschenk, das uns leben läßt. Die Freiheit eines Menschen ist die Freiheit eines begrenzten Wesens und ist daher selbst begrenzt. Wir können sie nur als geteilte Freiheit, in der Gemeinschaft der Freiheiten, besitzen: Nur wenn wir in rechter Weise miteinander und füreinander leben, kann sich die Freiheit entfalten. Aber wir leben in rechter Weise, wenn wir gemäß der Wahrheit unseres Seins, das heißt nach dem Willen Gottes leben. Denn der Wille Gottes ist für den Menschen nicht ein ihm von außen auferlegtes Gesetz, das ihn einengt, sondern das seiner Natur wesenseigene Maß, ein Maß, das in ihn eingeschrieben ist und ihn zum Abbild Gottes und somit zum freien Geschöpf macht. Wenn wir gegen die Liebe und gegen die Wahrheit – also gegen Gott – leben, zerstören wir uns gegenseitig und zerstören die Welt. Dann finden wir nicht das Leben, sondern handeln im Interesse des Todes. Das alles wird mit den unvergänglichen Bildern in der Geschichte vom Sündenfall und von der Vertreibung des Menschen aus dem irdischen Paradies erzählt.

Liebe Brüder und Schwestern! Wenn wir über uns und über unsere Geschichte aufrichtig nachdenken, müssen wir sagen, daß mit diesem Bericht nicht nur die Geschichte des Anfangs, sondern die Geschichte aller Zeiten beschrieben wird und daß wir alle einen Tropfen des Giftes von jener Denkweise in uns tragen, wie sie in den Bildern aus dem Buch Genesis veranschaulicht wird. Diesen Gifttropfen nennen wir Erbsünde. Gerade am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis taucht in uns der Verdacht auf, daß eine Person, die gar nicht sündigt, im Grunde genommen langweilig sei; daß etwas in ihrem Leben fehle, nämlich die dramatische Dimension, autonom zu sein; daß die Freiheit, nein zu sagen, hinabzusteigen in die Dunkelheiten der Sünde und des Selber-machen-Wollens zum wahren Menschsein gehöre; daß man nur dann die ganze Weite und Tiefe unseres Menschseins, des wahren Wir-selbst-Seins bis zum Letzten ausnützen könne; daß wir diese Freiheit auch gegen Gott auf die Probe stellen müssen, um wirklich voll und ganz wir selbst zu werden. Mit einem Wort, wir meinen, daß das Böse im Grunde genommen gut sei, daß wir es, zumindest ein wenig, brauchen, um die Fülle des Seins zu erleben. Wir meinen, daß Mephistopheles – der Versucher – Recht habe, wenn er sagt, daß er die Kraft sei, die »stets das Böse will und stets das Gute schafft« (J. W. von Goethe, Faust I, 3). Wir meinen, ein wenig mit dem Bösen zu paktieren, sich ein wenig Freiheit gegen Gott vorzubehalten, sei im Grunde genommen gut, vielleicht sogar notwendig.

(...)

Je näher der Mensch Gott ist, desto näher ist er den Menschen. Das sehen wir an Maria. Der Umstand, daß sie ganz bei Gott ist, ist der Grund dafür, daß sie auch den Menschen so nahe ist. Deshalb kann sie die Mutter jeden Trostes und jeder Hilfe sein: Jeder kann es in seiner Schwachheit und Sünde wagen, sich in jeder Art von Not an diese Mutter zu wenden, denn sie hat Verständnis für alles und ist die für alle offene Kraft der schöpferischen Güte. Ihr hat Gott sein Bild aufgeprägt, das Bild dessen, der dem verlorenen Schaf bis in die Berge und bis in die Stacheln und Dornen der Sünden dieser Welt nachgeht, indem er sich von der Dornenkrone dieser Sünden verwunden läßt, um das Schaf auf seine Schultern zu nehmen und es nach Hause zu tragen. Als Mutter, die mitleidet, ist Maria die vorweggenommene Gestalt und das bleibende Bildnis des Sohnes. Und so sehen wir, daß auch das Bild der Schmerzensmutter, der Mutter, die das Leiden und die Liebe des Sohnes teilt, ein wahres Bild der Immaculata ist. Ihr Herz hat sich durch das Mit-Gott-Leben und Mit-Gott-Fühlen geweitet. In ihr ist uns Gottes Güte sehr nahe gekommen. So steht Maria vor uns als Zeichen des Trostes, der Ermutigung und der Hoffnung. Sie wendet sich an uns und sagt: »Hab’ Mut, es mit Gott zu wagen! Versuche es! Hab’ keine Angst vor Ihm! Hab’ Mut, das Wagnis des Glaubens einzugehen! Hab’ Mut, dich auf das Wagnis der Güte einzulassen! Laß dich für Gott gewinnen, dann wirst du sehen, daß gerade dadurch dein Leben weit und hell wird, nicht langweilig, sondern voll unendlicher Überraschungen, denn Gottes unendliche Güte erschöpft sich niemals!«

 


© 2022 www.kath.net