Der Gott des Gemetzels

4. Oktober 2022 in Kommentar


Otti's Optik: Deutschland,Deine Diözesen. Teil 1. Münster war eine sympathische Bischofsstadt, so ungefähr bis 1968. Heute rückt die stolze Schöne unter die begehrtesten "queer cities" Westdeutschlands auf - Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck


Kevelaer (kath.net)

Münster war eine sympathische Bischofsstadt, so ungefähr bis 1968. Heute rückt die stolze Schöne unter die begehrtesten "queer cities" Westdeutschlands auf. Der Klerus von Münster gilt als ausgeprägt schwul. Seit etwa 1980 wird auch nicht mehr viel dagegen unternommen. Selbstverständlich gibt es dort auch heterosexuelle Missbrauchstäter. Ein früherer Kaplan in Kevelaer fiel mir schon damals als "Merkwürden" auf, als ich dort für den BDKJ engagiert war. Aber zu analysieren vermochte es ein hoffnungsfroher, gläubiger junger Mensch nicht konkret, was da im deutschen Paradebistum (Tenhumberg regierte mit fünf Weihbischöfen!) schief lief; inzwischen so schief, dass es bald heißen wird: "Der Letzte macht das Licht aus!" Wenn der nächste Generalvikar das nächste Logo für das Bistum entwickeln lässt, könnte man die Devise wählen: "Bistum Münster. Alles platt."

Auch am Rande des Bistums kommt es zu merkwürdigen Begegnungen. Am 2. Juli richtete ich deshalb eine Beschwerde an "den Pastor" von Kevelaer: Denn dort "lief mir Ihr gewichtiger Cheforganisator über den Weg. Er setzte sein typisches Grinsegesicht auf und wollte sich souverän zeigen: „Wer schreibt, der bleibt, Herr Otterbeck“. Ich tat einige Schritte auf ihn zu, was ihn irritierte. Er drohte mir mit seinem Anwalt. Er wollte enteilen, aber ich sprach ihn an: „Herr Doktor…“ Antwort: „Für Sie bin ich nicht ansprechbar…“ Ich hatte ihn eingeholt. Er: „Sie sind sooo eine kleine Person, so klein mit Hut“. Dr. Rütten zeigte mit seinem rechten Daumen und Zeigefinger ungefähr 4 cm an. In meinem Personalausweis steht allerdings 1,84 m. Aber das nur nebenbei. Es schoss aus ihm heraus: „Für Sie muss ich beten, damit im Himmel nicht ramba-zamba ist.“ Das sollte wohl die Drohung mit der Höllenstrafe sein, aber in seiner Wut verhedderte sich der sonst so coole Bastian. Da ich immer noch wenig beeindruckt war von der Beschimpfung, setzte er noch einen drauf: „Jetzt sagt Ihnen der Laienprediger mal was, weil es niemand hört (Kunstpause): Arschloch“. Das lasse ich erstmal unkommentiert so stehen. Da ich zuvor nicht zu Wort kam, wiederholte ich mehrmals: „Sie brauchen eine Anspruchsgrundlage.“ Ganz einfach! Das bezog sich auf seine Androhung gerichtlicher Schritte gegen mich. (Wegen was?) Er entschwand, ebenfalls mehrfach antwortend: „Lassen Sie mich in Ruhe“. In der Nähe befanden sich [...] . Ich habe mich dort allerdings noch nicht erkundigt, ob sie jedes Wort mitbekommen haben. Sie werden mir trotz aller Parteilichkeit zugunsten des Pastoralreferenten gewiss zustimmen, dass in der Seelsorge das A.-Wort nicht ein einziges Mal fallen darf, egal wem gegenüber und egal in welcher Situation." (Zitat Ende.)

Weitere Beschwerden vom 4. Juli (Rütten) und 20. Juli (Kauling) beantwortete der Generalvikar abschließend so, im vollen Wortlaut: "Ihr Schreiben vom 12. September 2022 [Sachstandsanfrage] ist für mich weder dem Stil noch dem Inhalt nach beantwortbar. Weitere Schreiben Ihrerseits nehme ich nicht mehr zur Kenntnis." Immerhin habe ich den Hochwürdigen Herrn richtig eingeschätzt.  Aber wie ist dieser typische klerikale Zweizeiler zu deuten? Macht sich das Bistum die Beleidigung vom 2. Juli zu eigen? Freut man sich höheren Orts darüber, dass "es" endlich mal jemand ausgesprochen hat, was "alle" denken? Im Jahr 2017 richtete ich eine Denkschrift an Bischof Felix Genn, die Entwicklung in Kevelaer betreffend. Ich erntete eine ziemlich erhebliche Beleidung durch den Bischofskaplan. Im Hintergrund wurde vermutlich sogar verleumdet. Aber das Schweigekartell hält dicht. Trotzdem suchte ich 2018 noch eine Brücke zu Kauling/Rütten, ohne Erfolg. Da die priesterliche Gewissenserforschung "nachkonziliar" fast immer damit endet, dass man sich nichts vorzuwerfen hat, hat es auch keinen Sinn mehr, im Klerus auf Einsicht zu hoffen. Schade ist allerdings, dass die Domherren in Münster ihren eigenen Bischof nicht sonderlich ernst nehmen. Denn wohl kein anderer Bischof lässt sich so trefflich in eine Wortmarke fassen: Gähn. Die vielleicht noch 80.000 "Kirchgänger" in seinem Bistum sind übrigens fast alle älter als er (72) und deren Schnittmenge mit den diözesanen Beschäftigten tendiert längst gegen Null.

Ich bringe dieses Beispiel vielleicht aus Gründen verletzter Eitelkeit. Bin mir dabei aber sicher, dass es in den letzten Jahren tausenden Katholiken in diesem Bistum ähnlich ergangen ist. Beton. Der innere Zirkel hält beharrlich zusammen. Denn man hat etwas zu verlieren. Ansehen, Pfründen, Vorteile. Die "Akte Münster" zu den Missbrauchsfällen hat nur die Spitze des Eisbergs offenbart. Warum war man so blind im Umgang mit den Opfern? Weil auch der Umgang mit Noch-nicht-Opfern weit, sehr weit von der "Botschaft des Evangeliums" entfernt ist. Die Kirche geht nicht unter, weil sie Opfer des Missbrauchs produziert. Die wird es - in hoffentlich sehr geringer Zahl - auch in Zukunft geben, so wie es sie auch in kirchlichen und nichtkirchlichen Gemeinschaften gibt, für die keine Sexualmoral und kein Zölibat gilt. Die deutsche Kirche geht unter, weil sie die Liebe Christi nicht lebt, die sie predigt. Nach "Liebe" sah das Gemetzel in den Synodalversammlungen zu Frankfurt nämlich nicht so sehr aus.

Geld war in Münster immer ein starkes Argument. Für Großbauern, Großbürger, Großspender hat man ein offenes Ohr. Exakt definierte Gruppen von Außenseitern, solange nur devot und dankbar genug, bekommen vielleicht auch mal einen Fototermin mit lachenden Mitrenträgern. Warum auch nicht? In Münster war der Katholizismus stets noch edler, satter und wuchtiger als sonstwo. Kein Wunder, dass sich der "politische Theologe" J.B. Metz dort permanent provoziert fühlte. Bischof Bätzing, der auch schonmal einen "Nazi-Vergleich" wittert, wenn er 'von links' kritisiert wird, aus der Perspektive der 'Bekennden Kirche' nämlich, adelte ihn neulich abermals durch ein "Zitat". Religion sei Unterbrechung. Ja bitte, dann unterbrecht doch endlich einmal Euer verheerendes spiritualisiertes Deutschtum und blickt beispielsweise nach Rom! Der münsteraner Katholizismus wird noch tiefer fallen als anderswo. Ihm fehlt schon lange der innere Kompass. Er war immer vor allem Beiwerk zum Lebensgefühl wohlhabender Konservativer. Aber man will natürlich nicht mehr mit diesen Kreisen in Verbindung gebracht werden, in Zeiten von "F*ckForFuture". Also wird eifrig umdekoriert, ohne Besinnung auf die Substanz. Ein Absprung ohne Fallschirm.

"Der Gott des Gemetzels" heißt ein erfolgreiches Theaterstück, das die schiefen Ebenen "freundschaftlicher" Kommunikation entlarvt. Warum fiel mir dieser Titel ein, also ich das schicke Werbefoto des herzallerliebsten Bischofs Felix mit dem niedlichen "Synofanten" sah? Genn metzelt nicht, er flötet. Aber wer tanzt nach seiner Pfeife? Der Bischof zieht sich zum Gebet zurück? Wohnt er in unzugänglichem Licht? Der stille Gott über dem Gemetzel kann allerdings einer sein, der sich alles teilnahmslos ansieht, bereits abgeschieden, weil er gern Macht abgibt und Verantwortung sowieso. Vielleicht weiß er schon gar nicht mehr, wo Kevelaer liegt und was man da so macht?

Im Zwischenjubiläumsjahr 2017 erschien dort ein Eigenteil (St. Marien) zum "Gotteslob". Er enthält unter anderem neuartige, kurzweilige "Kurzmeditationen". Wörtliches Zitat: "Die Kerzen der Pilgergruppen. Ihre Botschaft: Das es Tröstung gibt und Hoffnung. Ihre Bitte: Das es Orientierung gibt, in den Dunkelheiten der Zeit. Ihr Zeugnis: Das dieser Trost zu aller Zeit stärkt und aufbaut." Ortografi ist bekanntlich Glückssache. Aber haben solche Meditationen einen Inhalt? Energiekrise, Inflation, Krieg? Kein Problem, Kerzchen an. Der namhafte Autor bemerkt allerdings nicht, dass er sich nahezu ausschließlich und fast permanent im 'Vorhof der Heiden' bewegt, mit seinen "Argumenten". Schweinskopfsülze bezog man früher im Münsterland beim gut sortierten Metzger. Heute wird sie in Gebetbüchern veröffentlicht oder auf Andachtszetteln. Liest denn da wirklich niemand mehr Korrektur? Es kann allerdings sein, dass ich (ungefähr vorgestern) überhaupt der erste Leser dieser Kurzmeditation war. Wo kein Leser, da kein Opfer.

Generationen von "münsteraner" Priestern haben bei spirituellen Titanen wie Johannes Bours den achtsamen, zärtlichen Umgang mit dem eigenen Selbstwertgefühl gelernt. Manchen könnte die intensive "self love" zu Kopfe gestiegen sein, andere hat sie vielleicht herzkrank gemacht. Ganz am Horizont taucht dann vielleicht doch einmal ein ferner Nächster auf, oder ein Mann, der unter die Räuber fiel. Macht nichts. Das ist ein Fall für den Arbeitersamariterbund. "Wir" klerikalen Edelgewächse, Laien inbegriffen, "wir" bleiben innig im inneren Monolog. Und wenn mal gepredigt werden muss? Dann lassen "wir" das halbe Dutzend Senioren da ein bisschen an unserer inneren Wärme teilhaben. Theologie? Wozu? In Münster: Schnee von gestern.

Deutschland, Deine Diözesen! Fortsetzung folgt.




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