Der Papst und sein Blick auf China. Dialog, Dialog und Geduld

19. September 2022 in Aktuelles


Franziskus: man braucht ein Jahrhundert, um China zu verstehen, und wir leben nicht ein Jahrhundert


Rom (kath.net/as) Während der „fliegenden Pressekonferenz“ beim Rückflug von Kasachstan nach Rom (15. September 2022) wurde Papst Franziskus auch eine Frage zu den Beziehungen mit China gestellt, dies auch im Hinblick auf die Religionsfreiheit und den aktuellen Prozess gegen Kardinal Zen. Nicht wenige Meldungen wurden daraus gestrickt. Schon immer stand diese besondere Form der päpstlichen Kommunikation in Form freier Interviews im Fokus eines auch aufgeregten Interesses. Daher lohnt es sich, jenseits von interpretierten Meldungen genau zu hören, was der Papst sagt (und wie er es tut, wie die Umstände sind). Dazu kann für den, der des Italienischen mächtig ist, auch der integrale Video dienen.

Wie dem auch sei: diese Art von Videos sind Teil eines Zeitzeugnisses, durch das Umstände besonders nahe gebracht werden können. Zudem werden Stimmungen vermittelt, allein dadurch, dass der Papst mit Geburtsglückwünschen für die italienische Journalistin Stefania Falasca beginnt, Vizepräsidentin der Vatikan-Stiftung Johannes Paul I., erste Frau, die die Heiligkeit eines Papstes „zertifzierte“.

Die Frage lautete:

„Gestern sprachen Sie auf dem Kongress über die Bedeutung der Religionsfreiheit. Wie Sie wissen, kam am selben Tag auch der chinesische Staatspräsident in die Stadt, wo dieses Thema seit langem große Besorgnis hervorruft, vor allem jetzt, wo der Prozess gegen Kardinal Zen läuft. Halten Sie den Prozess gegen ihn für eine Verletzung der Religionsfreiheit?“ (Elise Allen, CRUX)

Franziskus antwortete:

„Man braucht ein Jahrhundert, um China zu verstehen, und wir leben nicht ein Jahrhundert. Die chinesische Mentalität ist eine reiche Mentalität, und wenn sie ein wenig krank wird, ihren Reichtum verliert, ist sie in der Lage, Fehler zu machen. Um uns zu verstehen, haben wir den Weg des Dialogs gewählt und sind offen für den Dialog. Es gibt eine bilaterale vatikanisch-chinesische Kommission, die gut vorankommt, langsam, denn der chinesische Rhythmus ist langsam, sie haben eine Ewigkeit Zeit: sie sind ein Volk von unendlicher Geduld. Denken Sie an die italienischen Missionare, die dorthin gingen und als Wissenschaftler respektiert wurden; denken Sie auch an die vielen Priester oder gläubigen Menschen, die von der chinesischen Universität berufen wurden, weil dies der Kultur einen Wert verleiht. Es ist nicht leicht, die chinesische Mentalität zu verstehen, aber man muss sie respektieren, ich respektiere sie immer. Und hier im Vatikan gibt es eine gut funktionierende Dialogkommission, deren Vorsitz Kardinal Parolin innehat, der sich derzeit am besten mit China und dem chinesischen Dialog auskennt. Es geht langsam voran, aber es gibt immer wieder Fortschritte. Mir ist nicht danach, China als undemokratisch zu bezeichnen, weil es ein so komplexes Land ist... Ja, es ist wahr, dass es Dinge gibt, die uns undemokratisch erscheinen, das ist wahr. Ich glaube, Kardinal Zen steht in diesen Tagen vor Gericht. Und er sagt, was er fühlt, und man kann sehen, dass es da Grenzen gibt. Anstatt zu qualifizieren, denn das ist schwierig, und mir ist nicht danach zu qualifizieren, es sind Eindrücke, versuche ich, den Weg des Dialogs zu unterstützen. Im Dialog werden dann viele Dinge geklärt, und zwar nicht nur in der Kirche, sondern auch in anderen Bereichen, z. B. die Ausdehnung Chinas, die Gouverneure der Provinzen sind alle unterschiedlich, es gibt verschiedene Kulturen in China, es ist ein riesiges Land, China zu verstehen ist eine riesige Sache. Aber wir dürfen nicht die Geduld verlieren, es braucht eh, es braucht viel, aber wir müssen den Dialog führen, ich versuche, ihn nicht zu relativieren... aber machen wir weiter.

 


© 2022 www.kath.net