"Manege frei!" - Georg Bätzing im Zirkuszelt.

6. Juli 2022 in Kommentar


Ein Tag im Leben des bedeutenden Staatsphilosophen - Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck


Köln (kath.net)

Und kommt die Saure-Gurken-Zeit, die Journaille leuchtet weit und breit: Neun Minuten Lesedauer! Soviel Zeit will der hübsche und warmherzige Chr. P. Hartmann bei krawall.de von den Hardcore-Fans (etwa 30?) seines Online-Magazins in der Ferienzeit haben, um ihnen einen Tag im Leben des Bischofs Bätzing vorzustellen. Ein kühnes Unterfangen. Es geht um Hachenburg im Westerwald, eine Visitation, oder besser: eine "Heim"-suchung. Denn das ist es ein Heimspiel für den Vollsympathen, der in Limburg nur auswärtig ist. In dieser Gegend kennt er sich aus, hier spricht er "platt", von hier stammt seine Mentalität, die einen der bedeutendsten deutschen Staatsphilosophen seit Hegel geformt hat. Aus Berlin brandet immer wieder Beifall für Bätzing auf, von Scholz bis Steinmeier.

Aber lassen wir erst einmal das Bonner Nachwuchstalent im Originalton zu Wort kommen: "In einem Park steht ein Zirkuszelt, Schulkinder der Stadt werden dort am Abend ein selbst einstudiertes Programm in die Manege bringen. Bätzing ist sich für Fotos in der Manege nicht zu schade – trotz des potentiell kompromittierenden Umfelds: Bätzing als Kopf des Synodalen Wegs in der Rolle als Zirkusdirektor. Das spielt seinen Kritikern in die Hände, die den Reformprozess als großen Kirchenzirkus des Verbandskatholizismus, weg von der Weltkirche - hinein in eine schismatische Nationalkirche, sehen. Viele davon kann er mit seinen vermittelnden Worten nicht erreichen – da reicht schon ein Blick in die zahlreichen Hassmails, die jeden Tag im Bistum Limburg und [bei] der Deutschen Bischofskonferenz eingehen. Vertreter der Kirche nach außen, Erklärer und Verteidiger von Prozessen, auch in der großen Politik, daneben Visitation in Hachenburg – sehr ungleiche Pole. 'Bischof von Limburg zu sein ist meine erste Aufgabe. Das habe ich meinen Mitbrüdern auch bei der Wahl zum DBK-Vorsitzenden gesagt', sagt Bätzing. Das Bistum Limburg sei klein, da könne er nicht so viele Aufgaben delegieren. Er sei gefragt, auch nach der unrühmlichen Vergangenheit unter Franz-Peter Tebartz van Elst. Termine vor Ort und die Sitzungen von diözesanen Gremien seien für ihn zentral. 'Da lasse ich mich nicht vertreten. Dann muss auch mal jemand anderes die Aufgaben auf Ebene der Bischofskonferenz wahrnehmen.' Für die DBK-Geschäftsstelle in Bonn sei das eine Umstellung gewesen, aber die Beschäftigten dort arbeiteten mittlerweile sehr selbstständig. Leute vor Ort in die Pflicht zu nehmen, sei aber auch bei den vielen Strukturprozessen im Bistum Limburg notwendig, erklärt Bätzing. Er verbringe viel Zeit damit, den Menschen zu sagen: 'Die Kirche der Hauptamtlichen ist zu Ende. Es liegt an euch, ob Leben da ist.' Noch ist fraglich, ob dieser Verantwortungswechsel gelingt."

Ein langes Zitat! Aber dann folgt eine überraschende Zwischenüberschrift: "An neue Flasche erst gewöhnen." Die neue Flasche! Hartmann, Du Schelm!  Jetzt der Szenenwechsel: "Schon ein paar Minuten später steht Bätzing mit einem Pils in der Hand vor der Hachenburger Brauerei. (...)  – doch von den Anwesenden geben mehrere zu: An die neue Flasche musste man sich erst gewöhnen." Geschichten aus dem Westerwald! Hach, wie heiter ist doch dieses Hachenburg: "Hui Wäller!" "Allemol!" Das ist ganz schön platt, das Platt. Wir können hier nicht alle süßen Anekdoten und stimmungsvollen Details aus dem zu Herze gehenden Visitationsbericht wiedergeben. Bätzing mitten unter Altenheimern und "Pflegenden", mit dem Bürgermeister beim Stadtrundgang ... Blüh' im Glanze dieses Glückes, blühe deutscher Westerwald.

Die Aphorismen der Lebensweisheit, die Bätzing in jeder Lebenslage heraushaut, funkeln wieder brillant wie 'Schwarze Löcher' am Sternenzelt. Ein Meister des hintergründigen Humors: "Die Kirche der Hauptamtlichen ist zu Ende. Es liegt an euch, ob Leben da ist." Schön wär's, wäre damit die Weitergabe des Lebens in gutkatholischen Familien gemeint. Solange die Hauptamtlichen noch bezahlt werden, auch die Pensionäre, ist die tote Kirche keineswegs "zu Ende". Das Ehrenamt soll jetzt Leistung bringen, aber die anderen kriegen das Geld, solange Vorrat reicht.

Im Altenheim gab es noch eine kleine Andacht im Speisesaal des Hauses. Zitat: "Bei der unprätentiösen kleinen Feier spricht Bätzing über Freud und Leid des Lebens: Nicht jeder Tag könne immer ein Freudentag sein, im Alter gebe es körperliche Beschwerden und Einsamkeit. 'Doch es gibt immer Gründe, froh zu sein und Gott zu danken', so Bätzing in seiner Ansprache, die von wenigen Liedern und Gebeten umgeben ist. Nach einer Viertelstunde ist die Andacht zu Ende." Hui Wäller!

Später nickt Bätzing: "Es ist wichtig, dass wir uns bei der Stadtentwicklung sowohl mit der Kommune wie auch den evangelischen Einrichtungen absprechen." In der Brauerei hat er wieder was gelernt. "Bätzing schaut sich das alles geduldig an, liegt beim Bier-Blindtest allerdings daneben: Das Pils hält er zunächst für die alkoholfreie Variante." Das wäre dem 'alkoholfreien' Kardinal Marx nicht passiert, dem alten Boss der DBK'ler in Bonn. Nächstes Zitat: " 'Hui Wäller – Allemol' schallt es auch ein paar Augenblicke später in der Wirtschaft der Brauerei. Hier haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Pfarreigremien Hachenburgs zusammengefunden, um dem Bischof ihre Anliegen mitzugeben. Die haben es in sich: Eine Frau hätte sich durchaus vorstellen können, Priesterin zu werden, doch habe ihr die Diskriminierung der Frau in der Kirche einen Strich durch die Rechnung gemacht." Da hätte sich die einsame Interessentin doch am besten gleich selber die Weihe gespendet, bzw. simuliert.

Was ist das doch für ein toller Barsch im Goldfischteich, der lebenskluge, kritikfähige Bischof: "Der Pfarrgemeinderat soll keine Aktionen planen, sondern das große Ganze im Blick behalten." Kontemplativ. Der Bischof schließt mit dem Hinweis: "Tun Sie etwas für sich selbst, dann machen Sie auch etwas für die Pfarrei." Epochal. Selten war der Leser so bewegt, so ergriffen, so erschüttert. Wetten dass? Bätzing tut gern was für sich selber, dann macht er auch was für die Nation. Sie wird ihm Lorbeerkränze winden, wenn er das elende Römertum erst einmal aus den germanischen Wäldern verjagt haben wird. Der Arminius aus Niederfischbach!

Zum Abschluss feiert sich Bätzing "im Innenhof der Brauerei eine Andacht, auf einem Altar aus Bierkästen. Es geht um das Jesuswort: Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben (Joh 4,14). 'Das wäre für die Brauerei hier schlecht', sagt Bätzing dazu schmunzelnd. Noch einmal eine kurze, bodenständige Feier ohne viel Pomp." Das wäre doch vorbildlich für den 'Synodalen Weg': Kurze, bodenständige Feiern, ohne viel Pomp. Aber gebechert wird aus großen Flaschen.

Der Schmunzler mit wenig Pomp war in seinem Element, kurz bodenständig feiernd, durstig wie der Barsch in der Wüste oder auch wie der Bischof beim Schützenfest. Auch der kommunikationsfreudige Vermittler, Christoph Paul Hartmann, war mal wieder in seinem Element. Wasser, Erde, Luft? Von Hartmanns Feuer lernen heißt: schreiben lernen. Der elementare Bischof wird ihn gewiss noch zu einer kurzweiligen Nachhilfestunde bitten. Also: hoch die Tassen! Deutsche Treue, deutscher Sang sollen in der Welt behalten ihren guten alten Klang


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