Edmund Stoiber würdigt Papst Benedikt - "Ich bin ein Ratzinger-Fan"

21. Juni 2022 in Interview


Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber bezeichnet Papst Benedikt XVI. als allergrößte Persönlichkeit, die er in seinem Leben kennengelernt hat - Interview von Stefan Groß/Bistum Regensburg


München (kath.net/Bistum Regensburg) Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber bezeichnet Papst Benedikt XVI. als allergrößte Persönlichkeit, die er in seinem Leben kennengelernt hat. Der CSU-Politiker hat die Vorlesungen des damaligen Regensburger Professors oft besucht und hatte ihn in einem brisanten Fall um Hilfe gebeten. Damals sollte der Pfingstmontag abgeschafft werden – doch dann kam alles anders. - Das Interview führte Stefan Groß

Welche Rolle spielt für Sie Papst Benedikt im 21. Jahrhundert?

Stoiber: Eine außerordentliche. Ich habe in meinen Leben keinen Menschen mehr getroffen habe, und ich habe viele hochstehende Persönlichkeiten kennengelernt, der die Komplexität des Glaubens und die einfache Botschaft miteinander vermitteln konnte, wenn er über Glauben und Vernunft auf höchstem intellektuellem Niveau gesprochen hat. Die Art seiner Botschaft, seiner Körpersprache, war so, dass er alle Menschen erreicht hat. Er hat ein Leben so vorbildlich für Jesus Christus, für das Christentum und für die christlichen Werte gelebt wie man sich das eigentlich kaum vorstellen kann. Für mich ist er eine der allergrößten Persönlichkeiten, die ich erleben durfte. Ich habe eine lange Vergangenheit mit ihm. Das muss ich sagen, weil das nicht bekannt ist.

Das müssen Sie uns erklären

Stoiber: Ich hatte mein erstes juristisches Staatsexamen in München gemacht. Mein Doktorvater war der Privatdozent Friedrich Christian Schröder, der Assistent bei Professor Reinhart Maurach war – und der hatte seinen ersten Ruf an die neue Universität Regensburg als Juraprofessor. Nach meinem Examen und als Doktorand hat er mich gebeten, ob ich nicht einmal in der Woche nach Regensburg fahren könne, um seine Studenten in den Übungen zu begleiten. Und viele der Studenten haben damals gesagt: Sie müssen mal zu Ratzinger gehen. Dann bin ich als Assistent in die Vorlesungen gegangen, die ungeheuer interessant waren. Es war eine Zeit nach den Studentenunruhen. Aber Ratzinger hatte eine Autorität und eine Begeisterung ausgestrahlt – und der Hörsaal war regelrecht überfüllt. Es sind alle gekommen. Ich war mindestens fünf bis sechs Mal bei ihm.

Als er dann Erzbischof in München und Freising war, habe ich ihn oft mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Franz Joseph Strauß getroffen. Als ich dann Ministerpräsident 1993 wurde, hat mich der erste Besuch in den Vatikan geführt. Damals habe ich auch den Vorsitzenden der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger besucht. Und noch ein anderes kam hinzu, aber es passt.

Als neuer Ministerpräsident kam ich zur Ministerpräsidentenrunde, wo es um die Pflegeversicherung ging. Die Politik hatte damals zugesagt, einen Feiertag, den Pfingstmontag, für die Kosten der Pflegeversicherung zu opfern. Mein Vorgänger Max Streibl hatte mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, schon alles dafür in die Wege geleitet. Zum Thema hatte ich aber auf der ersten Sitzung gesagt: „das wird mit mir nicht zu machen sein“. Dies war dann ein großer Aufreger. In meiner Not habe ich dann den Vorsitzenden der Glaubenskongregation in Rom, eben Ratzinger, angerufen und habe ihn gefragt: „Ich höre dauernd, dass der Pfingstmontag nicht so liturgisch wertvoll wie der Pfingstsonntag oder der Ostermontag.“ Aber er hat mir dann gesagt. Er lebe in Italien und dort gibt es schon lange mehr keinen Pfingstmontag. Was in der Gesellschaft passiert, dies müssen Sie einfach bewerten, so sein Rat. Pfingsten, so die damalige Befürchtung von Ratzinger, wird ein normales Wochenende – es wird bald nicht mehr etwas Besonderes sein. Dies war für mich die wesentliche Argumentation. Dagegen musste ich was tun. Gegen Erwin Teufel habe ich mich dann durchgesetzt und er musste den Pfingstmontag wieder einführen.

Heide Simonis und Johannes Rau beispielsweise plädierten von evangelischer Seite dann für den Buß- und Bettag. Und ich habe gesagt: da könne man drüber reden.

Foto: Edmund Stoiber mit Ehefrau


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