Wird 'der Russe' das wirklich wieder aufbauen?

10. Juni 2022 in Kommentar


Es macht mich krank, wie man heute ein Land glorifizieren kann, das den brutalsten Angriffskrieg seit 1945 in Europa entfesselt hat, und dessen Soldaten in den besetzten Gebieten Kühlschränke und Kloschüsseln klauen Ein Gastkommentar von Klaus Kelle


Rom (kath.net/denken-erwuenscht.com/)

Pfingsten nennen wir heute das Fest, an dem Jesus Christus selbst sein Volk zu einer Kirche formierte, der heute konfessionsübergreifend sicherlich 2,5 Milliarden Menschen, wahrscheinlich mehr,  angehören und ihr folgen.

Gestern wurde die wunderschöne Holzkirche „Vsikhsviatskyi Skete“ in der Ukraine durch eine russische Rakete in Brand gesetzt und vollständig zerstört. Nirgendwo dort waren militärische Einrichtungen oder Truppen der Ukraine unterwegs, es gab dort nur das Holzhaus Gottes, einige Mönche und etwa 300 Zivilisten, darunter Kinder.

Jetzt können Sie sagen: Sowas passiert im Krieg, und das ist leider nur allzu wahr. Aber die Art und Weise, wie ein kremlfreundlicher Schwarm in den Netzwerken versucht, solche offenen Kriegsverbrechen kleinzureden oder es der Ukraine selbst in die Schuhe zu schieben, ist widerwärtig. Nun wissen wir alle, dass es Trolle gibt, die dafür bezahlt werden, Botschaften zwecks Manipulation unters Volk zu bringen. Machen die Ukrainer bestimmt auch und andere sowieso. Fotos und Videos sind ein allgemein verwendetes Mittel der Kriegsführung und nicht neu. Der kommunistische Vietcong brachte Fotos von Greueltaten amerikanischer Soldaten in US-Medien unter, was die Stimmung in den Vereinigten Staaten massiv veränderte und das Weiße Haus so unter Druck setzte, dass es übereilt abziehen ließ, um nicht den Krieg an der Heimatfront zu verlieren und dann abgewählt zu werden.

Sie alle erinnern sich an die beschämenden Filmaufnahmen vom letzten Huey-Hubschrauber, der vom Dach der US-Botschaft in Saigon Leute ausflog. Die amerikanische Militärmacht hätte den Krieg militärisch niemals verloren, wenn sie ihre ganze Feuerkraft auch atomar eingesetzt hätte. Aber das tun Demokratien nicht mehr, seit die Menschen die furchtbaren Bilder aus Hiroshima von 1945 gesehen haben. Wladimir Putin ist egal, was seine Leute sagen. Wenn er mit dem Einsatz atomarer Waffen droht, dann muss er nicht der russischen Anne Willskovskaja ein Interview gewähren und sich befragen lassen.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Sie und ich als Bürger die Medien bewusst und auch kritisch verfolgen. Besonders Politiker der AfD klagen zu Recht über den medialen Mainstream in Deutschland, und wie ihre Meinung einfach ausgeblendet wird vom Öffentlich-Rechtlichen System. Und die Kritik ist berechtigt, ich habe oft darüber geschrieben. Wie ARD, ZDF und viele Sender und Zeitungen vielfach mit der AfD umgehen, das ist nicht in Ordnung und einer Demokratie unwürdig.

Heißt das aber auf der anderen Seite, dass wir nicht mehr glauben können, wenn die ARD berichtet, dass in Garmisch-Patenkirchen ein Zug verunglückt ist oder dass Deutschland gegen Italien 1:1 gespielt hat? Teilweise dieselben Menschen, die sich über die Gehirnwäsche der deutschen Medien aufregen, sind vollkommen kritiklos, wenn es Verlautbarungen von RT, Compact, Sputnik und anderen Manipulierern gibt. Man hat manchmal den Eindruck, Russland führe gar keinen Vernichtungskrieg im Osten der Ukraine. Das müssen alles amerikanische Darsteller in russischen Uniformen sein, und Putin schickt bloß die russische Heilsarmee nach Mariupol, um dort Brot an die Hungernden zu verteilen. Wenn dieses Thema nicht so tragisch wäre, man müsste lauthals loslachen, aber die Leute meinen das wirklich ernst und glauben diesen ganzen Schrott.

Ich habe eine Facebook-Freundin aus Ostdeutschland, die ich sehr mag, weil sie scharfsinnig, politisch engagiert und oft unglaublich lustig ist. Und es geht hier nicht um Einzelne oder Namen, aber ich frage mich allen Ernstes, nein es bedrückt mich sogar, angesichts des Fotos oben zu lesen, es sei ja nicht klar, wer es gewesen ist – so kann man jedes Thema abräumen. Wenn einer mit „südländischem Teint“ in der Straßenbahn „Allahu Akbar“ schreit und mit einem Messer wahllos auf Fahrgäste einsticht, dann sagen ja auch bei uns Leute, man wisse noch gar nicht, was das Hintergrund dieser Tat sein. Und jeder weiß, wie absurd das ist.

Aber dann lese ich weiter: „Und wenn es der Russe war, dann baut er die Kirche wieder auf.“ Das macht mich fassungslos, da möchte ich eine Flasche Ouzo aufmachen, weil das kann die Frau doch nicht wirklich ernsthaft meinen. Als hätte Russland jemals nach einem Feldzug wieder aufgebaut. Oder die DDR zu einem Erfolgsmodell gemacht. Die Wahrheit ist: die Russen haben auch nach 1945 im Osten Deutschlands alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war, während die Westmächte mit Marshallplan, Care-Paketen und Marktwirtschaft begann, unseren Teil des Landes zu einem „Wirtschaftswunder“ zu machen im wahrsten Sinne des Wortes.

Und es macht mich krank, wie man heute ein Land glorifizieren kann, das den brutalsten Angriffskrieg seit 1945 in Europa entfesselt hat, und dessen Soldaten in den besetzten Gebieten Kühlschränke und Kloschüsseln klauen, weil ihre Familien sowas Modernes zu Hause in Russland wohl nicht haben.

Nein, ich war wie die meisten in Westdeutschland auch in eine Art Trance verfallen, nach Gorbatschov wollte ich unbedingt glauben, dass es jetzt normale Beziehungen, ja Freundschaft mit Russland geben wird. Über einen russischen EU-Beitritt wurde 1992/1993 verhandelt. Gut, all das ist vorbei jetzt. Putin hat uns die Augen geöffnet und den Westen so geeint wie es seit Jahrzehnten nicht mehr war. Der Krieg ist noch nicht vorbei, und es kann noch viel schlimmer werden auch für uns alle. Aber ich habe mich viel mit dem Münchner Abkommen 1938 beschäftigt, als junger Mann in Vorbereitung meiner Abiturarbeit in Geschichte (2+ übrigens). Und dann danach immer wieder auch bei den Kriegen der Neuzeit.

Ich bin absolut überzeugt, wer Kriegsverbrechern nachgibt, wer sich skrupellosen Diktatoren unterwirft, im Sinne von „Lieber Rot als Tot“, der verstärkt nur den Hunger des Angreifers auf weitere Eroberungen. Und mancher, der dann lieber rot sein wollte, war anschließend trotzdem tot. Niemand von uns will einen Krieg, ich ebensowenig wie sie. Aber wir erleben in dieser Zeit die hässliche Fratze einer Großmacht, die nach einem Nachbarland greift und weitere Ziele im Auge hat.

Da ist nichts zu deeskalieren, da ist nichts am grünen Tisch auszukungeln zwischen Russen und Amis über die Köpfe der Ukraine hinweg. Nur die Ukraine hat das Recht zu entscheiden, wie sie leben und mit wem sie Partner sein will. Putin hat dafür gesorgt, dass ihn Millionen Ukrainer fortan abgrundtief hassen werden. Die, die überleben.

Der Westen darf jetzt nicht nachlassen mit Sanktionen, mit militärischer Aufrüstung, denn Putin wird nicht aufhören, wenn er mit seinen Gewaltexzessen durchkommt. Dieser Mann muss gestoppt werden, sonst ist ganz Europa das nächste Ziel. „Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“, hieß vor einigen Jahren mal ein Claim der NATO. Wir sind heute wach, jeder, der seine Augen aufmacht, um zu sehen, kann erkennen, dass Wladimir Putin mit seinem Krieg keinen Erfolg haben darf.

Kommentare wie dieser machen bei einem konservativen Publikum nicht nur Freunde. Aber ich und wir sind nicht dafür da, Ihnen nach dem Munde zu reden, um gute Zugriffszahlen und Spenden zu bekommen. Ich habe zu vielen Themen eine klare Meinung, und die schreibe ich auch noch, wenn ich nur noch zehn Leser hier habe. Meine journalistische Arbeit können Sie auf PAYPAL hier oder durch eine Spende auf unser Konto bei der Berliner Sparkasse DE18 1005 0000 6015 8528 18 unterstützen.


© 2022 www.kath.net