Priester und Journalist de Souza: „Weihe Russlands durch Papst Franziskus ist kirchliches Erdbeben“

25. März 2022 in Aktuelles


Warum vollziehe der Papst diese Weihe ausgerechnet jetzt, „105 Jahre nach den Fatima-Erscheinungen, 93 Jahre, nachdem Sr. Lucia 1929 die Botschaft Unserer Lieben Frau bestätigte“ – „Kiew steht noch, aber Kirill von Moskau ist bereits gefallen“


Vatikan-Moskau (kath.net/pl) Als „ein kirchliches Erdbeben“ bezeichnete der US-amerikanische Priester und Journalist Raymond J. de Souza die Weihe Russlands an das Unbefleckte Herz Marien durch Papst Franziskus. In seinem Kommentar in der englischsprachigen Ausgabe der „Catholic News Agency“ fragte er zunächst, warum der Papst diese Weihe ausgerechnet jetzt vollziehe, „105 Jahre nach den Erscheinungen von Fatima und 93 Jahre nachdem Schwester Lucia 1929 die Botschaft Unserer Lieben Frau bestätigte“. Dann formulierte de Souza auf den Punkt: „Der Krieg ist der Grund, und nicht nur die Kämpfe in der Ukraine“, denn „Kiew steht noch, aber Kirill von Moskau ist bereits gefallen“.

Bisher habe der Vatikan gezögert, Russland in einer Weihe so deutlich zu erwähnen, nicht zuletzt wegen „russisch-orthodoxer Empfindlichkeiten“, so de Souza weiter. Denn „eine Handlung des Papstes, dessen Titel Patriarch des Westens ist (wobei Benedikt XVI. sich weigerte, diesen Titel zu verwenden), Russland zu weihen, ‚damit es sich bekehrt‘, leicht schlecht aufgenommen werden. Konvertieren von was? Zum Katholizismus?“ Zwar werde im Westen weithin angenommen, dass sich die Formel der „Bekehrung Russlands“ auf das Abstreifen des Kommunismus beziehe, doch sei es gleichzeitig „für die russische Orthodoxie nicht unangemessen, Bedenken zu haben“. De Souza konstruierte gedanklich den umgekehrten Fall: „Was wäre eigentlich, wenn ein orthodoxer Patriarch als Antwort auf eine Marienerscheinung Italien dem Herzen Marias weihen würde, damit es sich bekehren möge? Was würden Katholiken und der Bischof von Rom darüber denken?“ Deshalb sei Rom bisher mit Rücksicht auf verständliche „russisch-orthodoxen Empfindlichkeiten“ „mit Subtilität und Diskretion“ vorgegangen.

Doch nun bedeute die Weihe am Hochfest vom 25. März nicht nur einen bedeutsamen spirituellen Akt, „nicht nur bedeutsam in Bezug auf ihr unmittelbarstes Ziel, nämlich Frieden, sondern auch bedeutsam in dem, was darauf folgt, nämlich dem Fall Kirills“. Denn „der Patriarch von Moskau, ein Mann von großer Kultur, der sowohl von der sowjetischen als auch von der russischen Staatsmacht zutiefst kompromittiert worden war, hat innerhalb von wenigen Wochen aufgehört, eine respektable religiöse Autorität zu sein. Er gilt heute weithin als persönlich von der Macht korrumpiert, eher Putins Propagandist als ein Hirte, zu dessen Herde – nach seinem eigenen Selbstverständnis – auch Ukrainer gehören.“

Dann notierte de Souza nachdenklich: „Innerhalb von einem knappen Monat erhielt Papst Franziskus die Bitte um eine ausdrückliche Weihe, kam ihr nach, kündigte sie an und lud die gesamte Kirche ein, sich daran zu beteiligen. Ein solches kirchliches Erdbeben hat historische Ausmaße.“ Denn „die religiöse Landschaft des 21. Jahrhunderts“ habe „sich erheblich verändert. Dem Moskauer Patriarchat – das sich selbst als ‚Drittes Rom‘ bezeichnet – wird nicht mehr der Respekt, die Wertschätzung und der Einfluss zuteil, die früher üblich waren. Seit ihrer Säuberung durch den Putinismus und der allgemeinen staatlichen Vereinnahmung ist die russische Orthodoxie kein glaubwürdiger ökumenischer Partner mehr.“ Es seien Auswirkungen für die russische Orthodoxie sowie die Weltorthodoxie wahrscheinlich – und bereits jetzt zeigten sich die „Auswirkungen auf Rom, wo Kirills Bedenken derzeit einfach nicht als erwägenswert erachtet werden“.

Link zum Originalartikel: „Pope Francis’ Consecration of Russia Is an Ecclesial Earthquake“

 


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