Missbrauchsfälle waren gerade in den auf das Konzil folgenden Jahrzehnte zu verzeichnen.

18. Februar 2022 in Weltkirche


Schriftsteller Martin Mosebach kritisiert das "Reform-Desaster" in der katholischen Kirche seit dem 2. Vatikanum und die Erklärungsgründe für die Missbrauchsfälle - Es gibt keinen Klerikalismus, das Gegenteil ist der Fall


Zürich (kath.net)

"Wenn nicht alles täuscht, ist ein hoher Anteil der Missbrauchsfälle aber gerade in den auf das Konzil folgenden Jahrzehnten zu verzeichnen. Wer ernsthaft nach den Ursachen dieser damals anschwellenden Katastrophe fragt, wird auch ihr Wann berücksichtigen müssen – die Jahre, die auf das «neue Pfingsten» des Zweiten Vatikanums folgten." Büchnerpreisträger Martin Mosebach übt in einem Beitrag für die NZZ deutliche Kritik an den offiziellen innerkirchlichen Erklärunggründen von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche und  erinnerte  daran, dass diese nachkonziliare Zeit mit der 68er Revolte zusammengefallen und der sogenannten "sexuellen Befreiung" zusammengefallen sei. Nach dem 2. Vatikanum traf die Aushebelung jeder Autorität und die sexuelle Revolution auf eine Priesterschaft, der alle Elemente zur Wahrung ihrer Disziplin genommen wurden. Von einem auf den andern Tag wurde die Ordnung, die bis dahin das tägliche Leben eines Priesters geprägt hatte, laut Mosebach über den Haufen geworfen. Der Schriftsteller erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass Soutane und Priesterkragen verschwanden und der Priester in der Öffentlichkeit unsichtbar. Auch die Verpflichtung, täglich die heilige Messe zu zelebrieren, entfiel.

"Bis heute kann man in den Seminarien hören, der Zölibat werde demnächst fallen. Ein Theologe, der die Lehre auch der letzten Päpste vertritt, der Kirche sei die Weihe von Frauen unmöglich, hat heute keine Aussicht auf einen theologischen Lehrstuhl.", schreibt Mosebach und kritisiert die "Klerikalismus"-These von Papst Franziskus. "Da ist die römische Vermutung, pädophile Verbrechen seien eine Folge von «Klerikalismus», geradezu grotesk – das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein innerkirchlicher nachkonziliärer Antiklerikalismus, der die sakramentale Sonderposition des Priestertums verneint, welcher den Priestern wichtige Hilfestellungen weggeschlagen hat, ihren Gelübden treu zu bleiben."

Abschließend kritisierte der Schriftsteller, dass das "Reform-Desaster" in der katholischen Kirche noch immer kein Ende finde. "Nun, da das «Reform»-Desaster in sechzig nachkonziliären Jahren in seinem ganzen schändlichen Ausmass vor aller Augen dasteht, fällt dem Papst und vielen Bischöfen, vor allem den deutschen, nichts anderes ein, als dass man im radikalen Abbau des katholischen Propriums eben immer noch nicht weit genug gegangen sei – das erinnert an den kurzsichtigen Schneider, der eine missratene Hose betrachtet, den Kopf wiegt und sich wundert: «Dreimal abgeschnitten und immer noch zu kurz.»

 

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