Liebe oder Laster?

7. Jänner 2022 in Kommentar


Es ist absolut nicht falsch, Mann und Frau biologisch und schöpfungstheologisch zu denken, denn Gott selbst ist Fleisch geworden ist - Das ist keine Interpretation, sondern geschichtliche Tatsache - BeneDicta am Freitag von Dorothea Schmidt


Regensburg (kath.net)

Es sollte ein Weihnachtsrätsel sein: Wo der Fehler in einem Texte des Theologen Magnus Striet liege, fragte ein Bekannter. Man hätte nach Fehlern, also im Plural, fragen müssen. Denn der Text wirft gleich mehrere Fragen auf, die man aber in einer Frage zusammenfassen könnte: Haben wir es hier mit einer neuen Religion zu tun? Der Text fußt auf einer eigenen Anthropologie, in der selbst Gott hinterfragt werden muss.

Beispielsweise behauptet der Theologe, die christliche Feststellung, dass „es das biologische Geschlecht von Mann und Frau“ gebe und Gott dies so geschaffen habe, „auf der rein biologischen Ebene nicht zu halten, bestimmt aber nicht auf der Ebene ethischer Qualifikation“ sei.

Nun, biologisch betrachtet, genügt es, die Hose runterzulassen oder den Rock zu heben, um das zu überprüfen. Aber die Natur wird scheinbar als zehntrangig, wenn nicht als völlig unwichtig erachtet, wie auch auf dem Synodalen Weg mehrfach deutlich wurde. Zu dessen Beginn schon befand ein Kardinal, Aussagen über den Menschen könnten zur Disposition gestellt werden und seien veränderbar.

Im Grunde geht es darum, den Leib (der im Gegensatz zum Körper die Seele mit meint) von seiner Natur, seiner Biologie, seiner Physis zu trennen. Stattdessen soll der Mensch sich selber das eigene Ich schaffen oder Identitäten zusprechen, was man gemeinhin mit Gender meint; eine Ideologie übrigens, die auf Destruktivismus aufbaut (J. Derrida).

In diesem Sinne fordert Striet auch, Paarbeziehungen in einer modernen, durch das philosophische Freiheitsdenken orientierten Gesellschaft ethisch zu reflektieren. Reflexion ist in Ordnung, aber dafür braucht es einen Konsens für den Begriff „Freiheit“; um welches philosophische Freiheitsdenken geht es ihm? Für Striet hat Freiheit unter anderem mit dem Auszug aus dem Paradies begonnen. Und mit dem ersten Erwachen des Bewusstseins habe der Mensch angefangen, Natur zu kultivieren, sich selbst zu kultivieren.

Ist das so? Ist Freiheit erst mit und aus dem Sündenfall geboren? Oder haben Adam und Eva ihre Freiheit nicht gerade auch beim Sündenfall eingesetzt als sie sich gegen die Weisung Gottes entschieden? Adam und Eva waren frei, Gottes Vorgaben anzunehmen oder nicht. Sie haben sich dagegen entschieden. Für Striet ist die Schöpfungsgeschichte mit Mann und Frau allerdings nur eine Interpretationen der Menschen jener Zeit. Damit kann die Schrift aber nicht mehr als Wort Gottes gelten, sondern muss ein Konglomerat aus menschlichen Wörtern sein. Und dann kann man tatsächlich alles in Frage stellen und uminterpretieren und umbauen. Die Frage ist: Wollen wir das wirklich? Neue Bibel, neue Schöpfung, neue Welt? Ohne Gott? Oder Gott bestenfalls als vom Menschen geschaffener Untertan? Und wer ersetzt die göttliche Liebe?

Außerdem: Hat der Mensch mit dem Erwachen des Bewusstseins – wie Striet schreibt - nicht nur Kultur und Kultiviertheit gelernt und entwickelt, sondern diese auch zerstört - wie er auch Freiheit untergraben und in seiner Bedeutung verkehrt hat? Wenn der Mensch sich von moralischen Ansprüchen losreißt oder neue „Iche“ schafft; ist das kultiviert? Oder verbirgt sich hinter dem, was der Mensch so alles machen und entwickeln kann nicht auch das Risiko, das Geschaffene nach Belieben zu ändern, manipulieren oder zu zerstören? Hier sei nur einmal auf die Tausenden von Embryonen hingewiesen, die Jahre in Tiefkühltruhen darauf warten, zum Leben „erweckt“ zu werden.

Freiheit ohne moralische und ethische Ansprüche scheint also ihre Haken zu haben. Da fällt einem der Adel ein: Nicht ohne Grund hat adelig mit edel zu tun; was nobel und edel war und im Adel kultiviert und praktiziert wurde (mal ganz unabhängig von dessen Sünden und Marotten), hatte immer auch mit Tugend und Moral zu tun. Vielleicht sollte man Tugenden wieder aus verstaubten Kisten kramen, denn im Gegensatz zu Gesprächen über Ge- und Verbote, hat das, was nobel – also tugendhaft - macht, etwas Besonderes und Anziehendes an sich; da soll man nicht etwas nicht tun, sondern gerade tun und üben. Und damit ist nicht nur „Sei ein Gentleman“ gemeint.

Aber wie lernt man Tugenden? Indem man auf Vorbilder schaut. Und wenn es keine gibt, fängt man eben selber an, knöpft sich eine Tugend vor, die Dankbarkeit beispielsweise oder besser noch die Klugheit. Diese hat nichts mit Intelligenz zu tun, sondern Klugheit kann jeder lernen. Sie ist die Basis, auf der andere Tugenden aufbauen. Klugheit setzt zunächst einmal voraus, eigene Sichtweisen in Frage zu stellen, also dazulernen zu wollen.

Nun denkt man als Christ dabei durchaus an Heilige oder gleich an Jesus, die Tugend in Person gewissermaßen. Nur kommt man damit wieder in Streit mit Striet, nach dem die „Existenz Gottes“ erst einmal „diskursiv ausgehandelt“ gehört.

Man könnte dagegenhalten, dass die Existenz Gottes vielleicht gar nicht ausgehandelt werden kann, sondern im Herzen erfahren werden muss. Das wäre der beste Gottesbeweis. Striet denkt sich einen erhofften Gott (herbei?). Aber erhofft ist weder real noch erfahrbar. Nur wenn Gott real und gegenwärtig ist, ist er auch erfahrbar als echtes Gegenüber. Wenn er aber real ist und es Wirklichkeit ist, was er getan und geschaffen hat, dann ist es mit einer bloßen Interpretation des Geschehenen nicht getan. Ja, es führt sogar vom Realen weg und ins Utopische hinein.  Ein erhoffter Gott ist Utopie, er ist selbstgemacht. Wenn man sogar Gott neu erfindet, der tut, was der Mensch in seiner ungeordneten Freiheit wünscht, ist die neue Religion geboren, die Gott zum Untertanen der Menschheit macht. Damit hat der Mensch seine Gott gegebene Freiheit maximal ausgespielt – und damit selbst in Ketten gelegt.

Dasselbe gilt für die eigene Identität. Der Mensch kann sich nicht real träumen und seine Identität machen oder erfinden. Das Ich wird erst am Du, besonders am göttlichen Du, der den Menschen erschaffen hat und ihn besser kennt als er sich selbst und ihn lieben kann, wie kein Mensch es vermag. Der Mensch wird sein Ich schwerlich finden, wenn er oder von einer sexuellen "Identität" in die nächste schlüpft. Wer seine "Identität" ständig wechselt, weiß nicht, wer er wirklich ist, was Geschlecht überhaupt noch ist. Spätestens hier stellt sich die Frage: Was hat Gender eigentlich im Christentum zu suchen? Schöpfungsgeschichte und Gender widersprechen sich zutiefst.

Es ist absolut nicht falsch, Mann und Frau biologisch und schöpfungstheologisch zu denken, denn Gott selbst ist Fleisch geworden (vgl. Joh 1,14), kam als Mann und Jude in diese Welt, um uns zu erlösen und zu befreien. Das ist keine Interpretation, sondern geschichtliche Tatsache. Das Fleisch ist Dreh- und Angelpunkt der Menschheit. Am fleischgewordenen Wort Gottes scheidet sich die Menschheit. Und wer hat Jesus geboren? Eine waschechte Frau, in der sich Biologie (Natur) und göttliche Allmacht treffen, durch die scheinbar Unmögliches wahr und „natürlich“ wird. Und frei war sie auch.

 

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