Der heilige Josef, verfolgter und tapferer Migrant

29. Dezember 2021 in Aktuelles


Franziskus: Mut ist gleichbedeutend mit Tapferkeit, die zusammen mit der Gerechtigkeit, der Besonnenheit und der Mäßigung zur Gruppe der menschlichen Tugenden gehört, die als Kardinaltugenden bezeichnet werden. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Mt 2,13-15).

Letzte Generalaudienz des Jahres 2021 mit Pilgern und Besuchern in der Aula „Paolo VI“. Papst Franziskus setzte seine Katechesenreihe zum heiligen Josef fort. Die fünfte Katechese stellte er unter das Thema: „Der heilige Josef, verfolgter und tapferer Migrant“.

Bei ihrer Flucht nach Ägypten (vgl. Mt 2,13-23) habe die Heilige Familie Demütigung, Unsicherheit, Angst und Leid erlebt – ähnlich wie die vielen Flüchtlinge und Migranten unserer Tage. Die Ursache dafür liege damals wie heute zumeist in der Arroganz und Gewalt der Mächtigen. Herodes sei also das Symbol für viele Tyrannen von gestern und heut.

Josef sei das Gegenteil von Herodes. Letzterer fürchte um seine Macht und reagiere mit der Bekämpfung seiner vermeintlichen Konkurrenten. Josef hingegen reagiere auf seine Ängste mit Gottvertrauen. Er seo „gerecht“ (Mt 1,19) und er beweise Mut, als er auf Geheiß des Engels fliehe, aber auch als er trotz anfänglicher Furcht mit Jesus und Maria wieder nach Nazaret zurückkehre.

Mut sei nicht nur eine Tugend der großen Helden. Auch der ganz normale Lebensalltag erfordere vielfach Mut. Zu allen Zeiten und in allen Kulturen fänden wir tapfere Männer und Frauen, die für ihre Überzeugungen alle möglichen Schwierigkeiten auf sich genommen, und Ungerechtigkeit, Verurteilung und sogar den Tod ertragen hätten.

Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten rette Jesus, halte Herodes aber leider nicht davon ab, sein Massaker zu verüben. Wir hätten es also mit zwei gegensätzlichen Persönlichkeiten zu tun: auf der einen Seite Herodes mit seiner Grausamkeit und auf der anderen Josef mit seiner Fürsorge und seinem Mut.

König Herodes erfahre von den Heiligen Drei Königen von der Geburt des „Königs der Juden“ und sei schockiert über die Nachricht. Er fühle sich in seiner Macht bedroht. So rufe er alle Behörden Jerusalems zusammen, um den Ort der Geburt herauszufinden, und bitte die Heiligen Drei Könige, es ihm genau zu sagen, damit – wie er fälschlicherweise sage – auch er hingehen und ihn anbeten könne. Doch als er merke, dass die Heiligen Drei Könige in eine andere Richtung gegangen seien, fasse er einen bösen Plan: „er wollte alle Kinder unter zwei Jahren in Bethlehem töten“.

Herodes wolle seine Macht mit rücksichtsloser Grausamkeit verteidigen, wie die Hinrichtungen einer seiner Ehefrauen, einiger seiner Kinder und Hunderter von Gegnern bezeugten. Er sei somit in der Tat das Symbol für viele Tyrannen von gestern und heute. Er sei der Mann, der für andere Menschen zum „Wolf“ werde. Die Geschichte sei voll von Persönlichkeiten, die ihren Ängsten ausgeliefert seien und versuchten, sie zu besiegen, indem sie ihre Macht auf despotische Weise ausübten und unmenschliche Gewalttaten verübten. Aber wir dürften nicht denken, dass wir nur dann in der Perspektive des Herodes lebten, wenn wir zu Tyrannen würden. In der Tat „ist es eine Haltung, in die wir alle verfallen können, wenn wir versuchen, unsere Ängste mit Arroganz zu zerstreuen, selbst wenn diese nur verbal ist oder aus kleinen Beleidigungen besteht, um die Menschen um uns herum zu demütigen“.

Mut bedeute das Gleiche wie Tapferkeit, welche zusammen mit der Gerechtigkeit, der Klugheit und der Mäßigung zu den sogenannten „Kardinaltugenden“ gehöre.

Die Lektion, die Josef uns heute hinterlasse, sei somit folgende: „das Leben hält immer Widrigkeiten für uns bereit, und angesichts dieser Widrigkeiten können wir uns auch bedroht fühlen, uns fürchten, aber wir können bestimmte Momente nicht dadurch überwinden, dass wir das Schlimmste aus uns herausholen, wie es Herodes tut, sondern indem wir uns wie Josef verhalten, der auf Angst mit dem Mut reagiert, auf Gottes Vorsehung zu vertrauen. Beten wir heute für alle Migranten, alle Verfolgten und alle, die Opfer widriger Umstände sind und sich deshalb entmutigt und verlassen fühlen!.

Der Papst beendete seine Katechese mit einem Gebet zum heiligen Josef:

Heiliger Josef, der du das Leid derer erfahren hast, die fliehen müssen, um das Leben ihrer Angehörigen zu retten, beschütze alle, die vor Krieg, Hass und Hunger fliehen.

Unterstützen sie in ihren Schwierigkeiten, stärke sie in ihrer Hoffnung und lasse sie Akzeptanz und Solidarität finden. Leite ihre Schritte und öffne die Herzen derer, die ihnen helfen können. Amen“.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern deutscher Sprache, ich bitte euch um euer Gebet für die Migranten, für die Verfolgten und für alle, die sich alleingelassen fühlen und ihren Mut verloren haben. Der Herr schenke ihnen Hoffnung und helfe uns ihnen beizustehen. Gesegnete Feiertage!

 


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