Mehr Anbiederung wagen

13. Dezember 2021 in Kommentar


Ob der im Koalitionsvertrag enthaltenen Kröten, die Christen in dieser Legislaturperiode zu schlucken haben werden, ist man sprachlos. Einem kath. Bischof fällt dazu nicht mehr ein als ein lauwarmes Gesprächsangebot - Montagskick v. Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Es ist natürlich guter Brauch, dass der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz einem neuen Kanzler zur Wahl gratuliert. Unbedingte Kirchlichkeit steht nicht im Widerspruch zu bürgerlichen Umgangsformen. Insofern ist das Grußwort von Georg Bätzing an Olaf Scholz ein Akt der diplomatischen Höflichkeit und durchaus im Sinne katholischer Bürger in der Bundesrepublik Deutschland.

Weitaus interessanter wird es, liest man in der anlässlich des Grußes veröffentlichten Pressemeldung dort weiter, wo der Gruß inhaltlich und die Pressemeldung für die – insbesondere – katholische Öffentlichkeit inhaltlich relevant wird. Mit Interesse habe er, so Bätzing, die Wertschätzung im Koalitionsvertrag wahrgenommen, die die Ampelkoalition den Kirchen und Religionsgemeinschaften gegenüber ausdrückten. Man fragt sich, ob man in der Zentrale der DBK den Koalitionsvertrag wirklich gelesen hat. In der Tat drücken die Koalitionäre den sehr allgemein als Kirchen und Religionsgemeinschaften bezeichneten Gruppierungen ihre Wertschätzung aus. Dabei wird allerdings an einigen Stellen erkennbar, dass den Koalitionären der Islam weitaus nähersteht, als das Christentum. Doch auch darin ist man nicht konsequent. Man möchte eigentlich, darum legt man sich besonders auf liberale islamische Gruppierungen fest, einen Islam light mit Imaminnen stärken. Ob die Verfasser des Koalitionsvertrages diese Gedanken einem Realitätscheck unterzogen haben, ist nicht bekannt.

Im Hinblick auf die Kirche fällt als erstes auf, dass man endlich die Staatsleistungen ablösen und das dazu nötige Grundsätzegesetz auf den Weg bringen möchte. Der Verfassungsauftrag ist alt. Die konkrete Absicht allerdings in einem Koalitionsvertrag ins Wort zu bringen, ist neu. Frühere Regierungen hielten sich mit dem Auftrag der Ablösung, die aus der Weimarer Reichsverfassung unverändert ins Grundgesetz gewandert ist, sehr zurück. Wen man bezahlt, den kann man zumindest ein wenig domestizieren. Christen waren in der Tat über Jahrzehnte die tragenden Kräfte in der Bürgerschaft der Bundesrepublik. Inzwischen sind die Christen in Deutschland nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft. Tendenz: Weiter fallend. Mithin wird zweierlei geschehen. Zum einen wird es immer schwieriger zu rechtfertigen, warum die Gemeinschaft aller Steuerzahler die Spitzenbeamten einer umstrittenen Religionsgemeinschaft bezahlen soll. Zum anderen wird es für den Staat immer unattraktiver, Bischöfe üppig zu bezahlen, die gar nicht mehr die Mehrheit des Volkes moralisch lenken können.

Im Umkehrschluss wird es auch für die Kirche gut sein, aus dieser staatlichen Umklammerung herauszukommen. Die Gründe dafür liefert derselbe Koalitionsvertrag. Es geht dem sozioökoliberalen Bündnis um die völlige Dekonstruktion naturrechtlicher Grundsätze des Menschen. Diese sind schöpfungstheologisch wohlbegründet. Die von der neuen Regierung geplanten Modifikationen stellen exakt das Gegenteil davon dar. Anfangen kann man bei der Dekonstruktion der Geschlechtlichkeit in eine Transideologie, in der sich jeder selbst seine eigene geschlechtliche Ideologie basteln und staatlich dokumentieren lassen kann. Die Familie verliert ihre Funktion als Keimzelle der Gesellschaft. Sie wird in eine der Beliebigkeit anheim gegebene Verantwortungsgemeinschaft hinein dekonstruiert, in der sich auch eine Polygamie oder Polyamorie heimisch fühlen kann. Kinder sind nicht mehr Abkömmlinge ihrer biologischen Eltern, vielmehr sind sie Verfügungsmasse des Staates, der sie als Abkömmlinge bis zu vier Personen zuweisen kann, zu denen im Zweifel keine Verwandtschaft bestehen muss. Die vorgeburtliche Tötung von Menschen wird zum Bestandteil gewöhnlicher Gesundheitsvorsorge. Dass dies für die betroffenen Ungeborenen ziemlich ungesund ist, wird munter ignoriert. Das ist nur ein holzschnittartiger Überblick, der hier reichen mag.

Es gibt in diesem Koalitionsvertrag so einige Themenfelder, die ein Bischof öffentlich anzusprechen hätte. Der Sprecher der deutschen Bischöfe sieht das offensichtlich auch so und schreibt: „Sicherlich wird es viele gesellschaftlich relevante Themen geben, zu denen wir bald ins Gespräch kommen sollten.“ Es werde, fährt der Bischof fort, das gemeinsame Ziel sein, bei den anstehenden Herausforderungen die Menschen im Blick zu haben und die Lebensverhältnisse in unserem Land auf einem wertebasierten Fundament zukunftsweisend zu gestalten.

Ob der im Koalitionsvertrag enthaltenen Kröten, die Christen in dieser Legislaturperiode zu schlucken haben werden, ist man sprachlos. Einem katholischen Bischof fällt dazu nicht mehr ein als ein lauwarmes Gesprächsangebot? Die darauffolgende Formulierung eines ominösen gemeinsamen Zieles, macht sprachlos. Selbst mit allergrößter Mühe und maximalem Wohlwollen kann das in diesem Kontext nicht als eine Zielvorgabe identifiziert werden, die ein katholischer Bischof formuliert haben könnte. Wer nach richtig guten Gründen sucht, warum die Staatsleistungen so schnell wie nur eben möglich abgelöst werden sollten, wird im Gruß des Sprechers der deutschen Bischöfe an den neu gewählten Bundeskanzler mehrfach fündig.


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