Totus tuus aufgelöst – Was das für KFD oder Maria2.0 bedeuten könnte

8. November 2021 in Aktuelles


Der Montagskick von Peter Winnemöller


Köln (kath.net)

Die Kirche hat einen unglaublich langen Atem. Das war vor fast 40 Jahren die Erkenntnis einer Recherche über neue Orden und Gemeinschaften. Immer wieder in der Geschichte der Kirche haben sich Menschen zusammengefunden, um Christus auf einem besonderen Weg nachzufolgen. Das zweite Vatikanische Konzil wirkte wie ein Impulsgeber, der solche Gründungen nach sich zog. Auch das ist nicht ungewöhnlich. Schon immer waren es besondere Zeiten und Herausforderungen, die zu Neugründungen führten. Im Hochmittelalter waren die Bettelorden eine geistliche Antwort auf reich und dekadent gewordene Klöster und Bistümer. Charismatische Gemeinschaften in den 70er und 80er Jahren suchten nach Antworten auf erstarrte, zur Mission unfähige Pfarrgemeinden. Etwas holzschnittartig zeigt sich, wie die Kirche in ihrer Gesamtheit als dynamischer Organismus versucht, die Zeichen der Zeit zu deuten und dem Verkündigungsauftrag zu folgen.

Wie gut und richtig das sein kann, sieht man an Gemeinschaften wie Emmanuel oder der Loretto-Bewegung, um willkürlich zwei Gemeinschaften zu nennen, die im deutschsprachigen Raum bekannt sind. In anderen Gemeinschaften steht – so beim Opus Dei – mehr der gewöhnliche Alltag des Katholiken im Vordergrund. Die Fokolare suchen die Einheit. Es gibt eine große Zahl gelungener Gründungen aus den letzten Jahrzehnten.

Nichts, was Menschen tun, ist ohne Fehler. Ja, mehr noch, niemals ist auch die beste Absicht eines Menschen ganz rein. So kommt es, selbst wenn man den besten Willen der Gründer ansetzt, zu Gründungen, die geistlich nicht gesund sind. Schlagzeilen machte Anfang des Millenniums die Christusgemeinschaft im Bistum Osnabrück. Ein charismatischer Pfarrer und eine nicht weniger charismatische Ordensfrau zogen junge Menschen geradezu magnetisch an. Der Vorwurf des Sektiertums wurde laut. Geistlicher Missbrauch wurde vermutet, eine Kommission wurde eingesetzt. Nachdem dem Gründer sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde, wurde es still um die Gemeinschaft. Dabei hatte die Existenz dieser Gemeinschaft eine pikante Note, über mehr als ein Jahrzehnt kam ein großer Teil der Osnabrücker Neupriester aus dem Umfeld der Gemeinschaft. Ferner rekrutierte sich das Noviziat einer im Bistum Osnabrück ansässigen franziskanischen Frauenkongregation aus dem Umfeld dieser Gemeinschaft. Als es zum Krach kam, traten diese in großer Zahl aus der Gemeinschaft aus und brachten diese in große Schwierigkeiten.

Wer sich die Vorgänge um die Integrierte Gemeinde in München und Paderborn anschaut findet Ähnlichkeiten. Gleiches gilt für die jetzt in Münster aufgelöste Gemeinschaft Totus Tuus. Geradezu musterhaft findet sich dort ein Fehler, den gerade junge geistliche Gemeinschaften immer wieder machen. In seinem Schreiben an die Mitglieder der Gemeinschaft gewandt schrieb Bischof Genn, dass sich schwerwiegende Mängel insbesondere darin gezeigt hätten, dass Leitung und geistliche Begleitung in der Gemeinschaft nicht voneinander getrennt gewesen wären. Den Leitungsstil nennt der Bischof personenfixiert und unreflektiert. Geistliche Leitung der Gemeinschaft und geistliche Begleitung der Mitglieder nicht ganz sauber voneinander zu trennen, ist ein sehr häufiger Fehler in Gemeinschaften und führt, wenn man das so sagen darf, zu geistlicher Krankheit.

Hier zeigt sich die hohe Verantwortung, die ein Bischof gegenüber einer in seiner Diözese bestehenden Gemeinschaft wahrzunehmen hat. Da gilt es zum einen wahrzunehmen, was da heranwächst. Beispiel: Nightfever – Hier wächst etwas komplett an kirchlichen Strukturen vorbei. Das ist gut so, denn die Strukturen hätten das im Keim erstickt. Aber es wächst mit und in der Kirche. Es scheint geistlich gesund und es zeigt Wachstum. Hier kommt der Moment, an dem die Hirten gehalten sind, Wege der Integration zu suchen. Es gilt dann einen Platz in der Kirche zu finden, im Falle von Nightfever als geistliche Bewegung. Dann gilt es zu beobachten. Damit lässt sich die Kirche schon mal 30 Jahre Zeit. Der Heilige Geist muss auch wirken können. Und es ist sinnvoll zu sehen, ob eine Bewegung die Gründergeneration überlebt. Erst dann kommt der Schritt einer kirchlichen Anerkennung auf Zeit. Es folgen Beobachtung, Gespräche Visitationen und vieles andere mehr. Manches stirbt auf dem Weg durch die Zeit. Anderes wird groß. Der Geist weht, wo er will. Doch er weht in und mit der Kirche, das heißt er entbindet die Hirten nicht von der Verantwortung.

Denn auch das muss man sehen. In der Kirche wächst nicht nur gesundes heran. Auch destruktive Bewegungen, wie die sogenannten „Maria2.0“- Initiativen bilden sich innerhalb der Kirche. Auch hier sind die Bischöfe in der Verantwortung. Kritisch anzumerken ist, dass diese Verantwortung insbesondere gegenüber den einst katholischen Verbänden – darunter besonders die im BDKJ zusammengeschlossenen Jugendverbände als auch die KFD – nicht oder mindestens unzureichend wahrgenommen wurde. Hier wuchs ganz klar problematisches bis hin zu offen häretischem Gedankengut innerhalb der Verbände heran und wurde ganz offen vertreten und dem Nachwuchs gelehrt. Ein Entstehen von „Maria2.0“ aus dem Dunstkreis von BDKJ, KFD und anderen ist insofern konsequent. Erstaunlich ist, dass hier nicht erkennbar bischöfliche Verantwortung übernommen wird. Statt der bitter benötigten Visitationen der einst katholischen Verbände sieht man Erzbischöfe beim Kaffeekränzchen mit „Maria2.0“.

So gut und so richtig das konsequente Vorgehen der Kirche gegen Gemeinschaften und Bewegungen ist, die geistlich ungesund sind, so wichtig wäre es, konsequent gegen Gemeinschaften vorzugehen, die in der Lehre ungesund sind. So wichtig es ist, mit neu entstehenden Gemeinschaften und Bewegungen ins Gespräch zu kommen, so wichtig ist es, diesen deutlich zu erklären, dass Gemeinschaft mit der Kirche eben nur eine Gemeinschaft in der Wahrheit sein kann. Im Rahmen eines konsequenten Vorgehens gegen die KFD oder BDKJ und andere, sowie deren Derivate, wie Maria 2.0 im Sinne der Einheit und der Wahrheit wäre es auch notwendig, deren geistliches Verhalten zu prüfen. Womit müssen Frauen in den Verbänden der KFD rechnen, wenn sie sich für die Lehre der Kirche und gegen die M2.0- Linie aussprechen. Auch hier kann geistlicher Missbrauch vorliegen. Auch das ist zu untersuchen. Es ist lobenswert, wenn Bischöfe ihre Verantwortung konsequent wahrnehmen. Wo sie es nicht tun, ist das von den Gläubigen vehement einzufordern. 


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