Grenzen der individuellen Freiheit

18. September 2021 in Deutschland


„Großer technischer Aufwand, hohe Belastungen, geringe Baby-Take-Home-Rate“ -Hochkarätige Tagung des Bundesverband Lebensrecht zum Thema Reproduktionsmedizin.


Berlin (kath.net/ mg)

Die gerade zu Ende gegangene Fachtagung des Bundesverband Lebensrecht e.V. (BVL) im Rahmen des Marsches für das Leben am Samstag, dem 18. September, in Berlin beschäftigte sich aus theologischer, ethischer und gesetzlicher Perspektive detailliert mit der Reproduktionsmedizin. Dieser technische Begriff – so Alexandra Linder, BVL-Vorsitzende, in ihrer Begrüßung – verschleiere, was eigentlich dahintersteht: „Traurige Schicksale ungewollt kinderloser Paare, die künstliche Herstellung von gewünschten Kindern, die mögliche Degradierung von Menschen zu Produkten.“

Anhand vieler Beispiele und Zitate von Philosophen und Theologen verdeutlichte Prof. Dr. Peter Schallenberg zu Beginn in der von Mechthild Löhr moderierten Tagung, dass der Mensch viel mehr ist als seine Biologie. Unter anderem Kant habe dies eindeutig formuliert, gemäß dem der Mensch „kein Äquivalent verstatte“, nicht in Geld- oder sonstigen Werten ermessen werden könne, sondern Würde habe. Unter den Beispielen, was geschehen könne, wenn dieser unermessliche Wert jedes Menschen eben nicht respektiert werde, zitierte er aus einem Schreiben in einer Anstalt, die im Dritten Reich auch Kinder euthanasierte: „Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke.“

Frau Susanne Kummer, Geschäftsführerin des Wiener IMABE-Instituts, gab einen wissenschaftlichen Überblick über 50 Jahre Geschichte der künstlichen Befruchtung, die erstaunlich schnell Dinge wie Uterus-Spende, Eizellspende oder genetisch veränderte Embryonen entwickelt habe. Doch trotz aller Technik, Investitionen und Versuche sei es ein hoher Aufwand mit geringem Output, denn die Baby-Take-Home-Rate liege nach wie vor bei lediglich etwa 19 Prozent. Eine Mischung aus Forscherneugier, Freiheitspathos und der Utopie einer leidfreien Gesellschaft führe zu immer mehr Angeboten und Druck auf Frauen und Paare.

Die eigentliche klare Rechtsposition, nach der der Mensch ab der der Zeugung Mensch ist, wird vielfältig unterlaufen. Gerade entstandene Kinder werden mit Kaulquappen verglichen, in manchen Staaten kommen praktisch keine Kinder mit Down-Syndrom mehr zur Welt, was, so Prof. Dr. Paul Cullen in seinem Vortrag, eine Form der Neo-Eugenik sei. Ein vergessenes wichtiges Menschenrecht sei die Unverfügbarkeit jedes Menschen. Ein daraus notwendig folgender „strikter Embryonenschutz“ werde jedoch von verschiedener Seite abgelehnt, neue Begriffe wie „Prä-Embryo“ werden geschaffen, um die Freigabe der Reproduktion für jeden zu ermöglichen, inklusive Präimplantationsdiagnostik und „Leihmutterschaft“.

Als Fazit der Veranstaltung wurden die notwendigen Grenzen der individuellen Freiheit betont, sobald Leben und Freiheit anderer beginnen. Die Leidfreiheit der Menschheit durch Methoden der Reproduktionsmedizin bleibt eine Utopie, schon alleine deshalb, weil 96 Prozent aller Krankheiten und Behinderungen während oder nach der Geburt auftreten. Und jeder Versuch, bestimmten Menschen die Menschenwürde abzusprechen, hat gefährliche Konsequenzen.

Ein Mitschnitt der Fachtagung ist unter www.bundesverband-lebensrecht.de/fachtagung oder auf dem YouTube-Kanal „Bundesverband Lebensrecht e.V.“ verfügbar.


© 2021 www.kath.net