Jesus sitzt auf der „Kathedra“ des Mose als der größere Mose, der den Bund ausweitet

6. September 2021 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: eine seltsame Frage, durch die man zum Wesentlichen vordringt. Keiner kann ohne die Gegenwart des Sohnes Gottes lehren oder gar wirken noch zu den erkennbaren Wahrheiten vordringen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Montag der 23. Woche im „Jahreskreis“. Eine seltsame Frage: „Was ist am Sabbat erlaubt, Gutes zu tun oder Böses?“ Noch seltsamer: die offiziellen Vertreter der Religion (die Schriftgelehrten und Pharisäer) wissen auf diese Frage keine Antwort. Jesus gibt die Antwort durch seine Tat. Jesus unterscheidet göttliche Gebote und menschliche Vorschriften. „Gutes zu tun oder Böses“: darin ist das ganze Gesetz enthalten.

Sabbat, Heilung und Intrige:

„Es geschah an einem anderen Sabbat, dass er in die Synagoge ging und lehrte. Dort war ein Mann, dessen rechte Hand verdorrt war. Die Schriftgelehrten und die Pharisäer aber gaben Acht, ob er am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn. Er aber kannte ihre Gedanken und sagte zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte! Der Mann stand auf und stellte sich hin. Dann sagte Jesus zu ihnen: Ich frage euch: Ist es am Sabbat erlaubt, Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder zugrunde zu richten? Und er sah sie alle der Reihe nach an und sagte dann zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er tat es und seine Hand wurde wiederhergestellt. Sie aber in ihrem Unverstand berieten sich untereinander, was sie gegen Jesus unternehmen könnten“ (Lk 6,6-11).

Benedikt XVI., beim Angelus am 30. Oktober 2011:

Der Apostel Paulus lud ein, das Evangelium „nicht als Menschenwort, sondern – was es in Wahrheit ist – als Gottes Wort« anzunehmen (1 Thess 2,13). Auf diese Weise können wir gläubig die Mahnungen empfangen, die Jesus an unser Gewissen richtet, um ein ihnen gemäßes Verhalten einzunehmen.

Im Abschnitt aus dem Evangelium „tadelt Jesus die Schriftgelehrten und Pharisäer, die in der Gemeinde die Rolle von Lehrern einnahmen, da ihr Gebaren offen im Widerspruch zur Lehre stand, die sie den anderen mit Strenge vortrugen. Jesus hebt hervor: »Sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen« (Mt 23,3); mehr noch: »Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren« (Mt 23,4). Die gute Lehre muß angenommen werden, doch sie läuft Gefahr, durch eine inkonsequente Lebensführung verleugnet zu werden. Daher sagt Jesus: »Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun« (Mt 23,3).

Die Haltung Jesu ist das genaue Gegenteil: Er verwirklicht als erster das Gebot der Liebe, das er alle lehrt, und kann sagen, daß es gerade deshalb eine leichte und milde Last ist, weil er uns hilft, sie gemeinsam mit ihm zu tragen (vgl. Mt 11,29–30).

Eingedenk der Lehrer, die die Freiheit der anderen im Namen der eigenen Autorität unterdrücken, verweist der hl. Bonaventura darauf, wer der echte Meister ist, und erklärt: »Keiner kann ohne die Gegenwart des Sohnes Gottes lehren oder gar wirken noch zu den erkennbaren Wahrheiten vordringen« (Sermo I de Tempore, Dom. XXII post Pentecosten, Opera omnia, IX, aracchi, 1901, S. 442). »Jesus sitzt auf der ›Kathedra‹ des Mose […] als der größere Mose, der den Bund ausweitet auf alle Völker hin« (Jesus von Nazareth, Freiburg-Basel-Wien 2007, S. 96).

Er ist unser wahrer und einziger Lehrer! Daher sind wir aufgerufen, dem Sohn Gottes zu folgen, dem menschgewordenen Wort, der die Wahrheit seiner Lehre durch die Treue zum Willen des Vaters, durch die Hingabe seiner selbst zum Ausdruck bringt. Der sel. Antonio Rosmini schreibt: »Der erste Lehrer formt alle anderen Lehrer, wie er auch die Schüler formt, da es [sowohl die einen als auch die anderen] allein kraft jenes ersten, stillschweigenden, doch so mächtigen Lehramtes gibt« (Idea della Sapienza, 82, in: Introduzione alla filosofia, Band II, Rom 1934, S. 143). Jesus verurteilt auch entschieden die Prahlerei und merkt an, daß sich ein Handeln, »damit die Menschen es sehen« (Mt 23,5), der Willkür der menschlichen Billigung aussetzt und so die Werte untergräbt, die das Eigentliche der Person ausmachen.

Liebe Freunde, Jesus, der Herr, ist als Diener vor die Welt getreten, er hat sich gänzlich seiner selbst entäußert und soweit erniedrigt, daß er am Kreuz die beredsamste Lehre an Demut und Liebe erteilte. Seinem Vorbild entspringt der Lebensvorsatz: »Der Größte von euch soll euer Diener sein« (Mt 23,11). Bitten wir um die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria und beten wir besonders für all jene, die in der christlichen Gemeinschaft zum Dienst der Lehre berufen sind, damit sie stets mit den Werken die Wahrheiten bezeugen können, die sie mit dem Wort vermitteln.

 


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