Prioritäten der DBK: Biodiversität vor Lebensschutz

28. Juni 2021 in Kommentar


Diejenigen, denen sie jetzt im Mainstream von Gender, Klima, Bio, Migration und anderen Aspekten devot zu Diensten sind, sind ganz sicher nicht die Freunde der Kirche und nicht die Freunde des Glauben - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Bonn (kath.net)

Es ist wohl keine Frage, dass der Matić-Bericht einen Dammbruch darstellt. In Europa machen wir uns politisch auf den Weg, dass Küken mehr zählen als ungeborene Menschen. Was nun in einem Bericht im EU- Parlament verabschiedet wurde, wird sich nach und nach schleichend in nationale Gesetzgebung einnisten. Ein erfundenes Recht auf Abtreibung steht in Verbindung mit einem ethisch höchst fragwürdigen Anschlag auf die Gewissenfreiheit. Ärzte, Krankenschwestern und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollen sich nicht mehr weigern dürfen an Abtreibungen mitzuwirken. Bezahlen soll die vorgeburtliche Kindstötung die Allgemeinheit.

So weit, so schlecht. Die vor Verabschiedung des Berichts abgegebene Erklärung der DBK war so butterweich und von Disclaimern in der Aussage negiert, dass man sie fast als Nullum, wenn nicht sogar als heimliche Zustimmung zum Matić- Bericht betrachten kann. Die Einleitung des Statements, für das Bischof Franz-Josef Overbeck verantwortlich zeichnet, mit einer Lobrede auf den angeblich beabsichtigten Schutz der Gesundheit und der Rechte von Frauen, wirkt unangenehm devot. Es folgt eine Aufzählung von angeblichen Übereinstimmungen der Kirche mit den Anliegen des Berichts, die in ein lauwarmes Bekenntnis zum Schutz des Lebens gipfelt. Wenn das das Bekenntnis der Kirche zum Schutz des Lebens ist, muss man sagen: Wenn der Lebensschutz solche Freunde hat, dann braucht er keine Feinde mehr.

Geradezu peinlich ist mir der Disclaimer, der sich gegen den Versuch verwahrt, von Extremisten und Populisten vereinnahmt zu werden, die sich erdreisten, sich auch für den Schutz des Lebens auszusprechen. Man ist geneigt, sich als Christ bei der EU für diese peinlich laue Stellungnahme zu entschuldigen und vollstes Verständnis dafür zu äußern, dass deutsche EU-Parlamentarier, von der Kirche moralisch im Stich gelassen, für den Bericht gestimmt haben. Die Kirche ist ja gar nicht so richtig dagegen. Natürlich gibt es kein Verständnis für Abgeordnete, die für den Bericht gestimmt haben und man kann nur jedem raten, vor der nächsten Wahl hinzuschauen, ob man einem Abgeordneten des EU- Parlaments, der für den Bericht gestimmt hat, noch einmal seine Stimme gibt.

Was nun die Stellungnahme der DBK angeht, könnte man denken, dass es nun einmal der diplomatischen Sprache geschuldet ist, nicht mit Verve und voller Elan klar zu sagen, dass ein Katholik, der an Abtreibungen mitwirkt exkommuniziert ist. Die Frage, wie es bei der politischen Mitwirkung der Ermöglichung von Abtreibungen aussieht, wird ganz aktuell in der US-amerikanischen Bischofskonferenz diskutiert. Es wird zu prüfen sein, ob sich die Ergebnisse der Beratungen auf das Abstimmungsverhalten von EU- Politikern übertragen lässt.

Erschreckend ist allerdings, dass sich die DBK in anderen zeitgeistig viel positiver konnotierten politischen Zusammenhängen sehr wohl noch mit – vermeintlicher – Klarheit zu äußern versteht. In einer ebenfalls von Bischof Overbeck verantworteten Erklärung zur Biodiversität heißt es im Vorwort und in der Pressemeldung von Overbeck: „Der Rückgang der Biodiversität ist neben dem Klimawandel die zweite große ökologische Krise unserer Zeit.“ Der Bischof fährt fort, es sei um ein Vielfaches besser und einfacher, Arten zu schützen und Ökosysteme zu bewahren, als einmal aus dem Gleichgewicht geratene Ökosysteme zu ‚reparieren‘ – falls das überhaupt noch möglich sei.

Sowohl der Rückgang der Biodiversität als auch der (menschengemachte) Klimawandel sind wissenschaftliche Arbeitshypothesen, die vor allem in einem bestimmten Kontext, politisch eine große Rolle spielen. Relevanz oder Irrelevanz sind an dieser Stelle ebenso wenig zu diskutieren, wie die Frage, ob die Thesen zutreffen oder nicht. Wichtig ist hier: die Kirche – in Gestalt der DBK – geht davon aus, dass sich das Klima wandelt und die Biodiversität zurück geht. Mit klaren Worten und einer unmissverständlichen Sprache setzt sich die DBK für den Erhalt von Biodiversität ein.

In einer anderen Welt hätte die DBK zum Matić- Bericht folgende Erklärung veröffentlicht: „Der Zunahme der Abtreibungen ist neben der schleichend eingeführten Euthanasie die zweite große humanitäre und demografische Krise unserer Zeit. Es ist leichter, Familien zu helfen, sich für ihre Kinder und für ihre Alten zu entscheiden, als die schlimmen traumatisierenden Folgen der Beteiligten zu behandeln.“ Und selbst das wäre bei aller Klarheit immer noch eine sanfte Sprache. Es bleibt wohl das Geheimnis der beteiligten Bischöfe oder deren Berater, der DBK- Kommissionen und Arbeitsgruppen, warum man in devoter Menschenfurcht auf den säkularen Mainstream aufspringt, statt klare christliche Positionen zu vertreten.

Bei aller gebotenen Kirchlichkeit des Glaubens und bei allem gebotenen Gehorsam gegenüber seinem Hirten, als Lehrer im Glauben und in den Sitten sollte man um solche Bischöfe besser einen großen Bogen machen. Eines sollten alle Bischöfe bedenken: Diejenigen, denen sie jetzt im Mainstream von Gender, Klima, Bio, Migration und anderen Aspekten devot zu Diensten sind, sind ganz sicher nicht die Freunde der Kirche und nicht die Freunde des Glaubens. Wenn die Hirten ihre Schafe beim Mainstream abgeliefert haben, sind die Hirten über.


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