24. Juni 2021 in Aktuelles
Franziskus: das Profil der Diakone von Rom und der ganzen Welt. Bescheidenheit, gute Ehemänner und Väter, Wächter der Christlichen Gemeinschaft, um die Menschen Jesus finden zu lassen. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Am 19. Juni 2021 empfing Papst Franziskus in der Benediktions-Aula im Apostolischen Palast die ständigen Diakone des Bistums Rom mit ihren Familien. In seiner Ansprache umriss der Papst die Eigenheit des Amtes des Diakons, der kein „verhinderter Priester“ und auch kein besserer Ministrant sei. Die „Logik der Erniedrigung“ betone das Wesen des Dienens. Sein Dienst führe hinein in das Wesen des Geheimnisses der Kirche.
Ansprache von Papst Franziskus an die ständigen Diakone des Bistums Rom zusammen mit ihren Familien, 19. Juni 2021:
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Da ihr mich gefragt habt, was ich von den Diakonen Roms erwarte, werde ich euch ein paar Dinge erzählen, wie ich es oft tue, wenn ich euch begegne und mit einigen von euch ins Gespräch komme.
Lasset uns damit beginnen, ein wenig über den Dienst des Diakons nachzudenken. Der wichtigste Weg, den es zu beschreiten gilt, ist der vom Zweiten Vatikanischen Konzil aufgezeigte, das den Diakonat als einen „eigenen und ständigen Grad der Hierarchie“ verstand. Nachdem Lumen Gentium die Funktion der Presbyter als Teilhabe an der priesterlichen Funktion Christi beschrieben hat, veranschaulicht es den Dienst der Diakone, „welche“, so heißt es, „welche die Handauflegung „nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen“ (Nr. 29). Dieser Unterschied ist nicht unbedeutend. Der Diakonat, der in der früheren Konzeption auf eine Durchgangsstufe zum Priestertum reduziert war, erhält so seinen Platz und seine Besonderheit zurück.
Die bloße Tatsache, diesen Unterschied zu betonen, hilft, die Geißel des Klerikalismus zu überwinden, der eine Priesterkaste „über“ das Volk Gottes stellt. Dies ist der Kern des Klerikalismus: eine priesterliche Kaste „über“" dem Volk Gottes. Und wenn dies nicht gelöst wird, wird der Klerikalismus in der Kirche fortbestehen. Die Diakone, gerade weil sie sich dem Dienst an diesem Volk verschrieben haben, rufen in Erinnerung, dass sich im kirchlichen Leib niemand über andere erheben kann.
In der Kirche muss die entgegengesetzte Logik gelten, die Logik der Erniedrigung. Wir alle sind aufgerufen, uns herabzulassen, denn Jesus hat sich herabgelassen, er hat sich zum Diener aller gemacht. Wenn es eine große Person in der Kirche gibt, dann ist es der, der sich zum Kleinsten und zum Diener aller gemacht hat. Und alles beginnt hier, wie uns die Tatsache in Erinnerung ruft, dass der Diakonat die Pforte zum Weiheordo ist. Und Diakon bleibt man für immer. Erinnern wir uns bitte daran, dass für die Jünger Jesu Lieben immer Dienen heißt und Dienen heißt Herrschen. Die Macht liegt im Dienst, nicht in etwas anderem. Und da du euch daran erinnert hast, was ich gesagt habe, dass die Diakone die Hüter des Dienstes in der Kirche sind, können wir folglich sagen, dass sie die Hüter der wahren „Macht“ in der Kirche sind, damit niemand über die Macht des Dienstes hinausgeht. Denkt hierüber nach.
Der Diakonat führt uns also, dem Königsweg des Konzils folgend, in die Mitte des Geheimnisses der Kirche. So wie ich von einer „konstitutiv missionarischen Kirche“ und einer „konstitutiv synodalen Kirche“ gesprochen habe, so sage ich, dass wir von einer „konstitutiv diakonischen Kirche“ sprechen sollten. Wenn diese Dimension des Dienstes nicht gelebt wird, ist in der Tat jeder Dienst von innen heraus leer, er wird steril, er bringt keine Frucht. Und nach und nach wird es weltlich.
Die Diakone erinnern die Kirche daran, dass wahr ist, was die heilige Therese entdeckt hat: die Kirche hat ein Herz, das von der Liebe brennt. Ja, ein demütiges Herz, das für den Dienst schlägt. Daran erinnern uns die Diakone, wenn sie, wie der Diakon Franziskus, anderen die Nähe Gottes bringen, ohne sich aufzudrängen, und mit Demut und Freude dienen. Die Großzügigkeit eines Diakons, der von sich selbst gibt, ohne die vordersten Reihen zu suchen, riecht nach dem Evangelium und erzählt von der Größe der Demut Gottes, der den ersten Schritt macht – immer, Gott macht immer den ersten Schritt –, um hinauszugehen und sogar denen zu begegnen, die sich von ihm abgewandt haben.
Heute müssen wir auch auf einen anderen Aspekt achten. Der Rückgang der Priesterzahl hat zu einer überwiegenden Verpflichtung der Diakone zu Aufgaben der Stellvertretung geführt, die, so wichtig sie auch sein mögen, nicht das Spezifikum des Diakonats ausmachen. Sie sind Vertretungsaufgaben. Nachdem das Konzil vom Dienst am Volk Gottes „ in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit“ gesprochen hat, betont es, dass die Diakone vor allem – vor allem – „“ Pflichten der Liebestätigkeit und der Verwaltung hingegeben“ sind (Lumen Gentium, 29). Der Ausdruck geht auf die frühen Jahrhunderte zurück, als Diakone sich im Namen und im Auftrag des Bischofs um die Bedürfnisse der Gläubigen kümmerten, besonders um die Armen und Kranken.
Wir können auch auf die Wurzeln der Kirche von Rom zurückgreifen. Ich denke dabei nicht nur an den heiligen Laurentius, sondern auch an die Entscheidung, den Diakonen Leben einzuhauchen. In der großen kaiserlichen Metropole wurden sieben von den Pfarreien getrennte und über die Stadtbezirke verteilte Stellen eingerichtet, in denen Diakone für die gesamte christliche Gemeinde, vor allem für die „Geringsten unter ihnen“, Kapillararbeit leisteten, damit, wie es in der Apostelgeschichte heißt, keiner von ihnen in Not geriet (vgl. 4,34).
Deshalb haben wir in Rom versucht, diese alte Tradition mit der Diakonie in der Kirche San Stanislao wiederzubeleben. Ich weiß, dass ihr auch in der Caritas und in anderen Realitäten, die den Armen nahe steht, sehr präsent seid. Dabei werdet ihr nie die Orientierung verlieren: die Diakone werden keine „Halbpriester“ oder zweitklassige Priester sein, auch keine „schicken Ministranten“, nein, auf diesem Weg könnt ihr nicht gehen. Sie werden fürsorgliche Diener sein, die sich dafür einsetzen, dass niemand ausgeschlossen wird und die Liebe des Herrn das Leben der Menschen konkret berührt. Letztlich könnte man die diakonische Spiritualität in wenigen Worten zusammenfassen, nämlich als Spiritualität des Dienens: Verfügbarkeit nach innen und Offenheit nach außen. Nach innen verfügbar, von Herzen, bereit, Ja zu sagen, fügsam, ohne das Leben um die eigene Agenda kreisen zu lassen; und nach außen offen, mit Blick auf alle, vor allem auf die, die ausgegrenzt sind, die sich ausgeschlossen fühlen.
Ich habe gestern eine Passage von Don Orione gelesen, der über die Aufnahme von Bedürftigen sprach, und er sagte: „In unseren Häusern – er sprach zu den Ordensleuten seiner Kongregation – in unseren Häusern muss jeder aufgenommen werden, der eine Not hat, jede Art von Not, irgendetwas, sogar diejenigen, die einen Schmerz haben“. Und das gefällt mir. Um nicht nur den Bedürftigen zu empfangen, sondern auch den, der einen Schmerz hat. Diesen Menschen zu helfen ist wichtig. Ich empfehle euch dies.
Zu dem, was ich von den Diakonen Roms erwarte, füge ich noch drei kurze Ideen hinzu – aber keine Angst: Ich bin schon am Ende –, die nicht in die Richtung von „Dingen, die zu tun sind“ gehen, sondern von Dimensionen, die zu kultivieren sind.
In erster Linie erwarte ich von euch, dass ihr bescheiden sind. Es ist traurig, einen Bischof und einen Priester zu sehen, die mit ihren Sachen herumstolzieren, aber es ist noch trauriger, einen Diakon zu sehen, der sich selbst in den Mittelpunkt der Welt stellen will, oder in den Mittelpunkt der Liturgie, oder in den Mittelpunkt der Kirche. Bescheiden. Alles Gute, das ihr tut, soll ein Geheimnis zwischen euch und Gott sein. Und so wird es Früchte tragen.
Zweitens erwarte ich von euch, dass ihr gute Ehepartner und gute Väter seid. Und gute Großeltern. Dies wird Paaren Hoffnung und Trost geben, die Momente der Erschöpfung erleben und in Ihrer echten Einfachheit eine ausgestreckte Hand finden. Sie werden denken können: „Seht euch unseren Diakon an! Er ist gerne mit den Armen zusammen, aber auch mit dem Pfarrer und sogar mit seinen Kindern und seiner Frau!“. Auch bei der Schwiegermutter ist das sehr wichtig! Alles mit Freude zu tun, ohne zu klagen: das ist ein Zeugnis, das mehr wert ist als viele Predigten. Und die Beschwerden, aus. Ohne sich zu beschweren. „Ich habe so viel Arbeit gehabt, so viel...“. Nichts. Schluckt das einfach runter. Draußen. Das Lächeln, die Familie, offen für Familie, die Großzügigkeit....
Und schließlich, drittens, erwarte ich von euch, dass ihr Wächter seid: nicht nur, dass ihr wisst, wie man die Fernen und die Armen sieht – das ist nicht so schwierig –, sondern dass ihr der christlichen Gemeinschaft helft, Jesus in den Armen und den Fernen zu sehen, wenn er durch sie an unsere Türen klopft. Es ist auch eine katechetische und prophetische Dimension des Wächter-Propheten-Katechisten, der es versteht, darüber hinaus zu sehen und anderen zu helfen, darüber hinaus zu sehen, und die Armen zu sehen, die weit weg sind. Ihr könnt dieses schöne Bild am Ende der Evangelien zu eigen machen, wenn Jesus seine Jünger von weitem fragt: „Habt ihr nichts zu essen?“. Und der geliebte Jünger erkennt ihn und sagt: „Es ist der Herr!“ (vgl. Joh 21,5, 7). Wenn ihr etwas braucht, wendet euch an den Herrn. So seht auch ihr den Herrn, wenn er in so vielen seiner kleineren Brüder darum bittet, genährt, aufgenommen und geliebt zu werden. Ich möchte, dass dies hier das Profil der Diakone von Rom und der ganzen Welt ist. Arbeitet daran. Ihr seid großherzig und geht damit voran.
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