Du bleibst!

14. Juni 2021 in Aktuelles


Wenn Kardinal Marx da ist, wo die Kirche tot ist, hat er sich sehr weit von Ostern entfernt. Christus, der da in der Mitte steht, wo die Kirche lebt, hat nämlich den Tod überwunden - Der Montagskick von Peter Winnemöller


München (kath.net) Der Papst gibt Kardinal Marx eine politische Antwort auf den Versuch einer politischen Volte. Dabei gibt der Papst dem Grunde nach ein Lehrstück, was geistlicher Gehorsam bedeuten kann.

Der Papst nimmt den Rücktritt von Kardinal Marx nicht an. Das erinnert ein wenig an den alten katholischen Witz, dass es angeblich drei Dinge gäbe, die selbst Gott Vater nicht wüsste: 1. Wie viele weibliche Kongregationen es wirklich gibt. 2. Wie viel Geld die katholische Kirche wirklich hat. 3. Was die Jesuiten wirklich vorhaben. Der Papst ist Jesuit und entstammt zudem nicht der europäischen Tradition. Mit der Anordnung des Papstes an Marx, den Brief zu veröffentlichen, konnte man davon ausgehen, dass das Gesuch angenommen werden wird, denn der Erzbischof von München wurde mit dem öffentlich gewordenen Rücktrittsgesuch – politisch – zur Lame Duck. Alle Fachleute waren sich einig und der Erzbischof von München ging wohl selber auch davon aus, des Amtes bald ledig zu sein. Er war diesen Weg schon gegangen, als er der sicheren Wiederwahl zum Vorsitzenden der DBK aus dem Weg ging. Nun hat er signalisiert, dass er das Amt welches er nach der Antwort des Papstes weiter ausüben muss, gar nicht mehr haben will. Entsprechend groß war wohl auch die Überraschung.

Damit wird die politische Antwort des Papstes, die in der Tat durchaus die Gestalt eines geistlichen Briefes hat, im innersten Kern zu einer geistlichen Beauftragung. Im Grunde ist der Erzbischof von München erst jetzt wirklich Bischof seiner Diözese, da er ihr gar nicht mehr vorstehen mag. Was er einst mit aller Kraft angestrebt hat, das muss er nun im wider Willen im Gehorsam tun.

An dem von ihm selbst festgestellten Totpunkt muss der Erzbischof nun ausharren. Das luxuriöse Palais Holnstein wird damit zum Edelgefängnis und kann ein Ort der Buße werden. Ein Dienstwagen der Oberklasse wird ihm zum Gefangenentransport, wenn er an die Orte muss, die ihm den toten Glauben in den verkrusteten Strukturen der Kirche zeigen. Wer würde da nicht gerne ausbrechen? Denn in vielem mag Reinhard Marx falsch liegen, in einem hat er sehr Recht: die Kirchenwelt, die ihn umgibt, ist tot. Es ist die Kirche der Angestellten, der Beamten, der Funktionäre, die Kirche der pastoralen und synodalen Wege, der Pläne und Sitzungen, diese Kirche ist wirklich so maustot, wie eine Zoomkonferenz ohne Teilnehmer. In dieser Kirche stehen die verbindlichen Glaubenssätze zur Diskussion und gelten diskussionswürdige Ideologien als feststehende Dogmen. Diese Kirche hat in der Bedrohung durch eine Epidemie die Türen verschlossen, statt den Menschen ein Trost zu sein. Noch immer knebeln kirchliche Stellen Liturgie und Gläubige in einem staatlichen Stellen nur zu oft weit vorauseilenden Gehorsam. Wäre der Gehorsam der Pfarrer gegen liturgische Vorschriften nur näherungsweise so hoch, wie der Gehorsam gegenüber den verschiedenen Coronaverordnungen, so feierte die Kirche überall zur Erhebung der Seelen würdige, festliche Liturgie.

Stattdessen wurden die Menschen aus der Kirche vertrieben. Sie werden, da sie nur zu oft gerade noch von Tradition und Brauchtum, doch längst nicht mehr von Glauben gehalten wurden, nicht wieder zurückkommen. Die Kirche hat in dem Maß Relevanz verloren, in dem sie dem wahren Glauben die Verbindlichkeit genommen hat. An diesem Prozess hat Erzbischof Reinhard Kardinal Marx seinen lebendigen Anteil gehabt. Das zeigt nicht zuletzt der vollkommen aus dem Ruder gelaufene synodale Weg von DBK und „ZdK“, den im Amt des Vorsitzenden der DBK zu verantworte hat.

Entgegen allen öffentlichen Verlautbarungen sind die Verbrechen es sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und Laien im kirchlichen Kontext gerade nicht auf die Lehre der Kirche in Fragen des Glaubens und der Sitten zurückzuführen. Diese Verbrechen sind begangen worden von Menschen, denen offensichtlich der Glaube fehlt, dereinst vor dem Richterstuhl Christi zu stehen. Es sind Menschen, die offensichtlich nicht glauben (wollen), dass ihr Schicksal weitaus schlimmer sein wird, als man es sich denken kann. Der Herr sagt, für einen der den Kleinen ein Ärgernis wird, wäre es besser mit einem Mühlstein um den Hals in einen tiefen Brunnen versenkt zu werden. Es wäre besser für sie. Das Schlimmere, welches sie erwartet, entzieht sich unserer Vorstellung. Und das ist auch besser so. Jeder von uns wird vor dem Richterstuhl des Herrn auf seine Barmherzigkeit angewiesen sein. Aus sich heraus bestehen kann keiner. Wenn das so schon für die Täter gilt, was gilt dann erst für die Hirten, die wie Mietlinge geflohen sind und die Opfer verraten haben? Auch das will man gar nicht wissen.

Sollte tatsächlich, wir können es nicht wissen, der Wunsch bestehen, Orte aufzusuchen, wo die Kirche nicht an einem Toten Punkt ist, dann kann dem Erzbischof von München geholfen werden: Es sind die geistlichen Gemeinschaften. Es sind die Orte, an denen der Rosenkranz gebetet wird. Es sind die Orte, an denen die Anbetung gepflegt wird. Da glänzt nicht so viel, höchstens die Monstranz. Da sind keine großen Budgets für elegante Bauten vorhanden. Da legt man selber Hand an. Wenn es gilt, Orte zu finden, an denen die Kirche nicht tot ist, dann sind es Orte, an denen Christus in der Mitte steht. Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. An Orten, an denen die Menschen so leben, ist die Kirche sicher nicht tot. Denn die Kirche ist Christus. Übersetzt man den Satz von Reinhard Marx, die Kirche sei an einem toten Punkt, dann hat er, ein Bischof und Kardinal der römischen Kirche konstatiert, Christus sei an einem toten Punkt.

Der Papst hat den Erzbischof von München in seinem Brief an den österlichen Glauben erinnert. Ostern ist da, wo der Tod verloren hat. Wenn Kardinal Marx da ist, wo die Kirche tot ist, hat er sich sehr weit von Ostern entfernt. Christus, der da in der Mitte steht, wo die Kirche lebt, hat nämlich den Tod überwunden.

Es wird viel über die kirchenpolitische Bedeutung gesprochen, die es hat, dass Kardinal Marx im Amt bleibt. An vielen Stellen wird darüber diskutiert werden, ob nicht mehr Bischöfe zurücktreten müssen. Der Papst hat hier eine Entscheidung getroffen, die zeigt, dass er sehr wohl einen Bischof auch als Büßer im Amt sehen kann. Einer Vogel-Strauß-Politik erteilt er eine Absage. Sollte der Erzbischof von München so, wie es sein Mitbruder in Köln getan hat, eine Visitation seines Bistums erbitten, um Hilfe zu erhalten, wird sich der Papst sicher nicht verschließen. Eine Apostolische Visitation aller deutscher Diözesen wäre bei weitem nicht die schlechteste Idee.

Mit „Oremus pro invicem“ unterschrieb Kardinal Marx vor Jahren einen Brief an den Verfasser dieser Zeilen. Das soll nicht aufhören. Auch bei aller notwendigen kritischen Beobachtung, was letztlich journalistische Pflicht ist, steht das Gebet füreinander dem nicht entgegen. Gerade als katholischer Journalist in einer immer säkularer werdenden Welt hätte man es dem Grunde nach unbedingt nötig, die Bischöfe als starke Lehrer und mutige Hirten – und nicht zuletzt als engagierte Gesprächspartner – bei Bericht, hintergründiger Einordnung und nötiger Kommentierung - an seiner Seite zu wissen. Stattdessen sind es nun die Bischöfe selber, die im Fokus kritischer Beobachtung, Einordnung und Kommentierung stehen. Das Klima ist rau geworden. Doch in der Kirche gibt es ein verbindendes Element: Das Gebet. Folglich möge sich für Katholiken – auch in Medien und sozialen Netzwerken – die notwendige Kritik (und bisweilen Schelte), die nicht unterbleiben soll, immer mit dem Gebet verbinden. Also für jeden bissigen Post auf Facebook, für jeden scharfen Tweet, für jeden Kommentar wo auch immer, bitte mindestens ein Vater unser für den Kritisierten beten. Schaden wird das nicht.

 

Foto: (c) kath.net


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