#SegenFürAlle: Pfarreien erklären Ungehorsam

12. April 2021 in Kommentar


Die österreichweite Initiative „#Segen für alle“ und ein gemeinsamer Protest der deutschsprachigen katholischen Frauenverbände sind bekannt wortgewaltig, in ihrer Argumentation aber nicht glaubwürdig. Eine Analyse von Michael Koder


Wien (kath.net/mk) Der offene Protest gegen die Klarstellung der Glaubenskongregation zur Segnung von Partnerschaften außerhalb der Ehe zieht immer weitere Kreise. In Österreich hat sich die Initiative „#Segen für alle“ formiert: Sie möchte „die zahlreichen und vielfältigen Positionen zur ‚Segnung von homosexuellen Paaren‘ von Vertreter:innen [sic!] der Katholischen Kirche“ abbilden. Die Homepage lässt Meinungsvielfalt aber vermissen: Sie macht nur wortgewaltig und emotional Stimmung gegen das Segnungsverbot durch zahlreiche ähnlich lautende Stellungnahmen von Theologen, Priestern und Pfarrgemeinderäten. Ein Pfarrgemeinderatsmitglied will in der umstrittenen Frage einen Konflikt zwischen Kurie und Papst sehen, übersieht dabei aber, dass der Papst die Note der Glaubenskongregation ausdrücklich gebilligt hat. Eine Theologin aus Graz stößt sich daran, dass es Segensfeiern für wiederverheiratete geschiedene und unverheiratete Paare gebe, nicht aber für homosexuelle. Doch gerade die Stellungnahme aus Rom klärt den scheinbaren Widerspruch: auch für erstere Paare sind nämlich keine Segensfeiern zulässig, selbst wenn das die letzten Jahre vielerorts anders gehandhabt wurde.

Die Verantwortlichen der neuen Initiative sind keine unbeschriebenen Blätter: Constanze Huber und Steffie Sandhofer kommen aus der Katholischen Jugend Wien bzw. der Jugendkirche Wien und haben bereits die Plattform "weilmaglaubn.at" ins Leben gerufen, wo sie auch kirchenpolitisch Flagge zeigen, etwa durch Sympathisierung mit der deutschen Maria-2.0-Bewegung und dem „Thesenanschlag“ für mehr Frauenrechte auf zahlreichen Kirchen. Dass sie im Umgang mit Internet und sozialen Medien versiert sind, wird auch bei ihrer Segenskampagne deutlich, die mit Hashtags wie #LoveIsNoSin oder #WirSegnenWeiter beworben werden soll. Gott wird dabei ein Gendersternchen umgehängt („Gottes* Segen“) und damit dessen Geschlecht (männlich, weiblich, „nichtbinär“?) ausdrücklich offengelassen.

Auf der Homepage von „#Segen für alle“ kann man Pfarren finden, die ausdrücklich erklären, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Derzeit haben sich nur zwei Pfarren deklariert (Schwechat und Wien Breitenfeld). Einige mehr haben aber Bilder geschickt, auf denen Regenbogenfahnen als Beflaggungen der Pfarrkirchen zu sehen sind. Dass solche Aktionen wohl meistens auch nicht anders als ein ausdrücklicher Aufruf zum Ungehorsam zu verstehen sind, zeigt die Linzer Pfarre St. Konrad, die ganz oben in der Liste zu finden ist: Deren „leitende Seelsorgerin“ Monika Weilguni und die PGR-Obfrau Doris Nagl haben vor der Pfarrkirche eine Regenbogenfahne und daneben eine (weiß-gelbe) Vatikan-Fahne aufhängen lassen, offensichtlich eine Provokation. Der Pfarrgemeinderat habe sich „einstimmig und ausdrücklich für die Segnung von Menschen und deren Beziehungen  - unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung - ausgesprochen“.

Gemeinsam protestierend haben sich nun auch die katholischen Frauenverbände von Deutschland, Österreich und der Schweiz in einem offenen Brief an Rom zu Wort gemeldet: Sie fordern einen offenen Dialog über eine umfassende Reform der katholischen Sexual- und Beziehungsethik. Flankiert von den bekannten schwammigen Schlagworten wie „Homophobie“ und „Grundlage der Humanwissenschaften“ wollen sie eine Kirche, die nicht verurteile und auch nicht urteile. Hier tritt ein regelmäßiger Widerspruch zutage: die Kirche soll nicht bewerten und sich aus dem Leben der Menschen heraushalten. Was aber ist mit Klimasündern und „abschiebefreudigen“ Politikern? Ohne dieses Engagement gering zu schätzen, sind es regelmäßig genau die jetzt für „freie Liebe“ kämpfenden Gruppen und Pfarren, die mit Zeltlagern für Moria die Asylpolitik an den Pranger stellen und bei „Fridays for Future“-Demos eifrig mitmarschieren. Auf der einen Seite mit hocherhobenem Zeigefinger zu agitieren und andererseits Indifferenz einzufordern, ist nicht glaubwürdig.


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